SPD Schwalbach: Per Rallye durchs rote Nest im Taunus
Nancy Faeser war noch Jura-Studentin, als sie den Vorsitz des SPD-Ortsvereins in Schwalbach am Taunus übernahm. Das war vor 25 Jahren. Inzwischen ist Faeser Landes- und Fraktionsvorsitzende der hessischen SPD. Trotzdem denkt sie nicht daran, in ihrem Ortsverein kürzerzutreten. „Das ist der letzte Posten, den ich aufgeben werde, weil es mir einfach wahnsinnig viel Spaß macht“, sagt sie.
Mit Ehepaar an der Spitze zum Erfolg
Auch weil die Sozialdemokratie in Schwalbach wie eine große Familie ist. Und das durchaus im wörtlichen Sinne. Denn Faesers Ehemann Eyke Grüning war bei der Kommunalwahl am 14. März Spitzenkandidat der Schwalbacher SPD. Auf Platz zwei folgte die Landes- und Ortsvereinsvorsitzende. Ein Ehepaar als Spitzenduo – das ist einmalig innerhalb der hessischen SPD und äußerst erfolgreich. Angeführt vom Ehepaar Grüning/ Faeser wurde die Schwalbacher SPD mit 35,8 Prozent erneut stärkste Kraft.
Damit erreichten die Sozialdemokraten eben jenes Ziel, das Alexander Immisch vor der Wahl im Gespräch mit dem „vorwärts“ ausgegeben hatte. Immisch ist seit dem vergangenen Jahr Bürgermeister der gut 15.000 Einwohner*innen zählenden Stadt im Taunus. „Aus Schwalbach. Für Schwalbach.“ war das Motto, mit dem er in den Wahlkampf zog und trotz massiver Bemühungen der Konservativen das Rathaus für die Sozialdemokratie verteidigte. Der Jubel innerhalb der Schwalbacher SPD-Familie war groß, die Stimmung ausgelassen. Denn Immisch gehört neben der früheren Fraktionsvorsitzenden Aylin Fischer zum Kernteam um Grüning und Faeser. Die vier kennen sich seit der Schulzeit.
Als Parteilose gekommen, als tragende Säulen geblieben
Alexandra Scherer und Claudia Ludwig stießen erst später zur Schwalbacher SPD, zunächst als parteilose Kandidatinnen, inzwischen als tragende Säulen des 110 Mitglieder starken Ortsvereins. „Die Genossen haben fünf Jahre lang nicht locker gelassen, bis ich beigetreten bin“, berichtet Ludwig schmunzelnd. Die langjährige hr-Moderatorin war in diesem Jahr verantwortlich für eines der Kernelemente des Schwalbacher Kommunalwahlkampfs. Bei verschiedenen Stadtrallyes konnten die Bürger*innen ihre SPD besser kennenlernen und den Kandidat*innen auf den Zahn fühlen. „Eine gute Aktion, um mit minimalen Kontakten mit Bürgern ins Gespräch zu kommen“, lobt Spitzenkandidat Grüning.
Eine ursprünglich geplante Altstadtrallye musste allerdings aufgrund der Corona-Bestimmungen ausfallen. Doch auch dafür hatte Claudia Ludwig eine Lösung. Sie verlegte diese kurzerhand ins Internet. Es galt, zehn Fragen zu verschiedenen Videos zu beantworten.
Täglich ein Video auf Facebook, Instagram und Yotube
Denn gemeinsam mit ihrer Tochter, der führenden Schwalbacher Jungsozialistin Amelie Ludwig-Dinkel, stellte sie den „Winterkalender“ der Schwalbacher SPD auf die Beine. Die Genossinnen sorgten dafür, dass ab dem 1. Dezember bis zur Kommunalwahl am 14. März täglich ein Video auf Facebook, Youtube und Instagram online ging.
„Es ist schon sehr viel Arbeit, täglich Videos zu bearbeiten und hochzuladen“, berichtet Amelie Ludwig-Dinkel. Claudia Ludwig ergänzt mit einer Anekdote. „Einmal sagte Amelie: Für heute habe ich kein Video. Da habe ich gesagt: Waaas? Dann habe ich mich aufs Fahrrad gesetzt, bin zu einer Straße gerast, die wir letztes Jahr umbenannt haben, und habe noch ein Video gedreht.“ Zum Rosenmontag gab es ein besonderes Schmankerl: Spitzenkandidat Grüning hielt eine knapp achtminütige Büttenrede in feinstem Hessisch und begrüßte die Närr*innen standesgemäß mit „Ei Gude Schwalbacher!“
In allen Vereinen vertreten
Diese vielfältigen Aktionen waren möglich durch ein engagiertes Kernteam, aber auch viele motivierte Helfer*innen im Hintergrund. „Wir haben einen extrem engagierten Ortsverein und das große Glück, ungefähr 50 Genossen zu haben, die helfen, wenn man sie anspricht“, berichtet Grüning. Dafür wurden die Schwalbacher Sozialdemokrat*innen mit einem starken Kommunalwahlergebnis belohnt.
Auch weil die Genoss*innen quasi in allen Vereinen vor Ort prominent vertreten sind. „Wir haben uns immer sehr stark in die Stadtgesellschaft geöffnet“, sagt Faeser und erzählt weiter: „Alex Scherer und ich sind ganz stark engagiert bei den Kindertalern.“ Den Verein hat sie vor ein paar Jahren gegründet, um einen Ausgleich zwischen den Familien in Schwalbach zu schaffen. „Es kann nicht sein, dass es Familien gibt, die unheimlich reich sind, und andere, die nicht wissen, wie sie den Tag überstehen sollen. Das schaffen wir es jetzt sehr unbürokratisch mit vielen Aktionen“, sagt die SPD-Vorsitzende.
Faeser berichtet außerdem davon, wie sie gemeinsam mit ihrem langjährigen Stellvertreter Hartmut Hudel einmal alle Vereine in der Stadt abgeklappert hat. Seitdem ist dieser als Beisitzer oder Revisor in zahlreichen Vereinen vertreten. Hudel selbst sagt zum Erfolgsrezept der Schwalbacher SPD: „Das Schöne ist: Es macht wirklich Spaß, weil wir uns alle verstehen und es eine Grund-Harmonie gibt. Wir können uns auch mal in einer Sitzung heftig streiten, aber es wird deswegen kein Riss durch den Ortsverein gehen.“
Eine integrative Vorsitzende
Für ihre Arbeit als Landesvorsitzende der hessischen SPD mit ihren rund 50.000 Mitgliedern ist die Führung der Schwalbacher Sozialdemokratie als Basiserfahrung eine grundlegende Voraussetzung „Es ist irre wichtig, zu wissen, was eigentlich unten ankommt“, sagt sie. Auch deswegen hat Faeser „noch ganz viel“ mit ihrem Ortsverein vor. Auch nach 25 Jahren an der Spitze der Schwalbacher SPD ist für sie noch lange nicht Schluss. Wie harmonisch es dabei zugeht, zeigt das Lob von ihrem Stellvertreter und Ehemann Eyke Grüning: „Nancy ist eine sehr integrative Vorsitzende, die auf jeden sympathisch wirkt und viel in die Partei hineinwirkt.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo