SPD Pankow: Wie man sich im Wahlkampf abhebt
Wer zurzeit durch Berlin läuft, verliert schnell die Übersicht. Viele Laternenmasten sind mit Wahlplakaten übersät. Dazu kommen diverse Großflächenplakate. Die Kandidat*innen unterscheiden sich nicht nur nach der Partei. Neben den Spitzenkandidaten für Bundestag und Abgeordnetenhaus sind auch noch diverse Wahlkreiskandidat*innen zu sehen. Der Grund ist einfach: In Berlin finden am Sonntag drei Wahlen gleichzeitig statt: auf der Bundes- der Landes- und der kommunalen Ebene.
„Die Ebene der BVV wird von den Menschen wenig wahrgenommen“, sagt Katja Ahrens. BVV steht für Bezirksverordnetenversammlung und ist so etwas wie der Stadtrat in den zwölf Berliner Bezirken. Ahrens koordiniert den BVV-Wahlkampf der SPD Pankow. „Unser Ziel ist es, aufzufallen“, sagt sie. Und das ist gar nicht leicht, wenn die öffentliche Berichterstattung sich darauf konzentriert, wer nächste*r Bundeskanzler*in und Regierende*r Bürgermeister*in wird.
Den Kandidierenden ein Gesicht geben
Die Pankower Genoss*innen haben deshalb früh angefangen, eigene Formate zu entwickeln, die sie dann zum richtigen Zeitpunkt ausrollen konnten. In kurzen Videos etwa stellen sie die Kandidat*innen von Platz eins bis 20 auf der BVV-Liste vor. Sie werden auf YouTube und in den sozialen Medien verbreitet. „Wir wollen unseren Kandidierenden ein Gesicht geben“, erklärt Ahrens, die selbst auf Listenplatz drei kandidiert. Diese Art der Präsentation schaffe auch „ein Identifikationsmoment“. Außerdem hat die SPD Pankow auch eigene Plakate ihres „Team BVV“ drucken lassen und aufgehängt. „So erkennen die Leute die Kandidierenden auch auf der Straße wieder.“
Früh angefangen haben sie auch mit der „Nah bei dir“-Tour: Die Kandidatin für das Amt der Bezirksbürgermeisterin, Rona Tietje, traf sich über die letzten Monate hinweg mit Menschen aus dem Bezirk, um zu erfahren, was die Pankower*innen bewegt, welche Wünsche sie an die Politik haben. 26 Termine haben seit dem Sommer stattgefunden. Auch hier war immer mindestens ein*e Kandidatin von den ersten 20 BVV-Listenplätzen mit dabei – und ein Fotograf, um Bilder für Sharepics in den sozialen Medien zu machen.
„Wir wollen zeigen: Die SPD kümmert sich und spricht mit den Menschen“, erklärt Katja Ahrens die Idee. „Dabei treten wir immer als Team auf.“ Die Anregungen und die Kritik, die bei den Besuchen geäußert wurden, sollen in die Arbeit der künftigen Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung einfließen.
Wahlkampf per Beamer und mit „Tatort“
Ein echter Hingucker ist ein Format, dass die Pankower Genoss*innen erst in den letzten Wochen des Wahlkampf ausprobiert haben: Mit einem mobilen Beamer stellten sie sich abends in die Nähe des belebten S-Bahn-Hofs „Schönhauser Allee“ und projizierten Bilder ihrer Bezirksbürgermeisterkandidatin und den Slogan „Das nächste Kapitel Pankow“ an eine Hauswand. „So hatten die Leute, die auf den Zug warten, etwas zu gucken“, berichtet Katja Ahrens. Sogar andere Parteien hätten die Aktion gelobt.
Zuspruch gab es auch für „Tietjes Tatort“. „Rona ist ein großer Tatort-Fan“, erzählt Ahrens. Was habe da näher gelegen als sich gemeinsam mit Interessierten an einem Abend eine Folge anzusehen. „Damit wollten wir gezielt auch Menschen ansprechen, die sonst eher einen großen Bogen um einen Wahlkampf-Stand machen“, verrät Katja Ahrens. Bei Currywurst und Popcorn seien die Berührungsängste deutlich kleiner. „Am Ende kamen die Leute von sich aus, um sich Info-Material zu holen.“
Die SPD als Ansprechpartnerin etablieren
Den Anbieter der Currywurst hatte Katja Ahrend kurz zuvor bei einer eigenen Wahlkampf-Aktion kennengelernt. Noch während des Corona-Lockdowns im Frühjahr startete sie die Reihe „Wie schmeckt Niederschönhausen?“. So heißt ein im Vergleich zum Prenzlauer Berg weniger bekannter Teil von Pankow. Die Idee: Die Gaststätten sollten sich auch in der Zeit, in der sie schließen mussten, präsentieren können um nicht in Vergessenheit zu geraten. „Wir wollten die Geschichten der Betreiber*innen erzählen“, sagt Ahrens.
Gemeinsam mit den jeweiligen Betreiber*innen kochte sie typische Gerichte von der Karte. Hinterher aßen sie gemeinsam. Dabei entstand immer ein zwölf- bis 15-minütiger Film, den Ahrens auf YouTube veröffentlichte. „Die Restaurants haben ihn danach auf ihren Seiten eingebunden, ein Betreiber hat sogar einen QR-Code in seine Karte gedruckt“, berichtet Ahrens. „Nach der Wahl würde ich die Reihe gerne fortführen und erweitern.“
Und noch zwei andere Formate sollen den Wahltag überdauern: zum einen das „Kiezgetuschel“, bei dem Ahrens während des Wahlkampfes alle 14 Tage eine Art offene Bürgersprechstunde im Park angeboten hat und bei der sie den Kaffee mitbringt. Zum anderen das Kiezmagazin „die KIEZGESTALTERin“, das die SPD in Niederschönhausen-Blankenfelde im Wahlkampf konzipiert und gestaltet hat. „Wir halten dabei die SPD bewusst im Hintergrund“, erklärt Katja Ahrens. Es gehe eher um Identifikation mit dem Ortsteil.
Jeweils 2.000 Exemplare wurden im Wahlkampf zweimal an die Haushalte in Pankow verteilt. Nach der Wahl soll das Kiezmagazin regelmäßig erscheinen. Das Ziel ist klar: „Wir wollen die SPD Niederschönhausen als die Ansprechpartnerin der Bürgerinnen und Bürger etablieren.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.