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SPD Oldenfelde: Und plötzlich wollten alle nach Hamburg reisen

Eine fehlgeleitete Einladung macht die SPD Hamburg-Oldenfelde über Nacht in sozialen Medien. Der Distriktsvorsitzende Ole Thorben Buschhüter nimmt es mit Humor – und bekommt nach der Bundestagswahl tatsächlich Besuch aus ganz Deutschland.
von Benedikt Dittrich · 15. November 2021
Bei der SPD in Oldenfelde kamen Genoss*innen aus ganz Deutschland zusammen.
Bei der SPD in Oldenfelde kamen Genoss*innen aus ganz Deutschland zusammen.

Es ist dieser eine technische Fehler, diese eine E-Mail, die in die falsche Richtung geschickt wird – und die Oldenfelde binnen weniger Minuten innerhalb der SPD und sogar deutschlandweit berühmt macht: Eine Einladung zu einer Versammlung des Hamburger SPD-Distrikts landet wenige Tage vor der Bundestagswahl im digitalen Briefkasten von allen Mitgliedern der SPD, bundesweit. Die Ursache ist ein technischer Fehler im E-Mail-System der Partei, der zwar noch am selben Tag behoben wird. Doch da ist die Einladung der SPD Oldenfelde bereits verschickt – und der Ortsteil des Hamburger Stadtteils Rahlstedt wird zum Internet-Hit.

Dabei ist es eigentlich keine besondere Veranstaltung: Um eine Wahlnachlese soll es gehen, wer wann die Wahlplakate abhängt und andere Dinge. Doch nachdem die Einladung an fast 400.000 Parteimitglieder rausgeht, entspinnt sich daraus in der digitalen Welt binnen weniger Stunden ein riesiges Event, Genoss*innen aus dem ganzen Bundesgebiet planen – halb aus Spaß, halb ernst – die Anreise zum AWO-Seniorentreff in Oldenfelde, wo das Treffen stattfinden soll. Kommuniziert wird vorrangig über Twitter, wer denn nun am 28. September alles da sein wird oder ob Fahrgemeinschaften gebildet werden können. Während sich die wissenden SPD-Mitglieder in den letzten Tagen des Wahlkampfs amüsieren, runzeln Außenstehende die Stirn über das Phänomen Oldenfelde.

Ole Thorben Buschhüter, Vorsitzender des Distrikts und auch der ursprüngliche Absender der Einladung, nimmt es mit Humor: „Wir überlegen, das Volksparkstadion anzumieten“, sagt er noch am selben Tag gegenüber dem „vorwärts“. Doch selbst in Hamburgs größtem Stadion wäre natürlich nicht genug Platz, über einen Livestream auf den Vorplatz werde nachgedacht, ergänzt der Hamburger Genosse deswegen ganz nüchtern.

Die Partei zu Gast in Oldenfelde

Am Ende sind tatsächlich Sozialdemokrat*innen aus ganz Deutschland angereist, kann Buschhüter im Anschluss berichten. „Wir waren rund 60 Menschen, haben nett diskutiert und unter 2G-Regelung war es fast ein bisschen wie früher“, freut sich Buschhüter über die gelungene Veranstaltung und den netten Austausch im Seniorentreff. Mit dabei waren unter anderem auch die frisch gewählte SPD-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Hamburg-Wandsbek-Jenfeld-Rahlstedt Aydan Özoğuz. Es ist nicht nur ihr Wahlkreis, die neue Bundestagsvizepräsidentin wohnt auch direkt in Oldenfelde.

Neben der kurzzeitigen, nationalen Berühmtheit der SPD Oldenfelde war für Buschhüter die Versammlung aber auch für die parteipolitische Arbeit vor Ort nützlich. „Es war ein gutes Anzeichen dafür, dass die Menschen sich auch wieder treffen wollen“, meint er. Denn einerseits will der Ortsverein schon länger wieder Treffen und Veranstaltungen vor Ort organisieren. Andererseits war man laut Buschhüter aber unsicher, wie solche Präsenz-Termine angenommen würden, während die Corona-Pandemie ja noch nicht vorüber ist.

Wie viele zu solchen Treffen kommen würden, konnten die Hamburger*innen bis dato eher nur schätzen. Erlaubt sind solche Veranstaltungen auch in der Hansestadt natürlich schon länger, bisher war man laut Buschhüter aber noch zurückhaltend – frei nach dem Motto: Es muss nicht direkt wieder alles gemacht werden, was erlaubt ist und nicht alle fühlen sich automatisch wieder wohl damit, sich in größeren Gruppen zu treffen.

Treffen als Stimmungsbarometer

Das größte regelmäßige Event, das die rund 140 SPD-Mitglieder des Distrikts Oldenfelde vor Corona veranstaltet haben, war der Oldenfelder Frühschoppen. „Wenn andere in der Kirche sind, haben wir unseren Frühschoppen“, sagt Buschhüter. Zunächst als Treffen im kleinen Kreis gestartet, wurde aus dem Frühschoppen schnell ein Markenzeichen. Denn die Genoss*innen luden dazu nicht nur Bürger*innen ein, sondern kamen auch mit Referente*innen und Expert*innen aus der Partei zu verschiedensten Themen ins Gespräch. „Damit wollen wir im neuen Jahr wieder anfangen“, so Buschhüter.

Denn Themen gibt es in dem Ortsteil genug: Oldenfelde hat im Westen einen U-Bahn-Anschluss, im Osten wird am S-Bahn-Anschluss gerade gebaut. Außerdem spielt Naturschutz in Oldenfelde eine große Rolle: Rund 20 Prozent des Stadtteils sind grün, schätzt Buschhüter, im Osten grenzt ein Naturschutzgebiet an. Rund 93.000 Einwohner*innen zählt Rahlstedt, circa 22.000 davon wohnen in Oldenfelde. Vielleicht kann sich Oldenfelde bald damit schmücken, dass ein Bundeskanzler der SPD hier zur Schule gegangen ist. Genauer: zur Grundschule – und zwar für ein Jahr. „Das hat Olaf Scholz erzählt, als er vor einigen Jahren hier zu Besuch war“, erklärt Buschhüter.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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