SPD-Kandidat Martin Kröber: Ein Gewerkschafter für den Bundestag
Was es für Menschen bedeutet, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren, weiß Martin Kröber schon seit er ein Kind ist. Der Vater des 29-jährigen Halberstädters ist Betriebsrat genau wie es dessen Vater zuvor schon war. „Es kam öfter vor, dass jemand zu uns nach Hause kam, wenn er gerade seinen Job verloren hatte“, erzählt Martin Kröber. „So bin ich aufgewachsen.“
Inzwischen kommen die Menschen zu ihm, wenn sie ein Problem haben. Als Gewerkschaftssekretär organisierte Kröber 2019 den bisher größten Streik der Gebäudereiniger*innen in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen. Mit Erfolg: Am 1. November 2019 trat in der Branche wieder ein Rahmentarifvertrag in Kraft. „Wir konnten den Menschen Mut und Hoffnung geben“, sagt Kröber rückblickend.
Letzte Anlaufstelle für Arbeitnehmer*innenrechte
Im Mai 2020 wechselte er zur Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und ist seitdem in Magdeburg als Geschäftsstellenleiter tätig. Zudem ist er Mitglied im Landesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). „Wir sind oft die letzte Anlaufstelle, wenn es darum geht, Arbeitnehmerrechte durchzusetzen“, erzählt Martin Kröber. Deshalb wisse er auch, an welchen „politischen Stellschrauben gedreht werden muss, damit sich die Arbeits- und Lebensbedingungen verbessern“.
Um dieses Wissen in die parlamentarische Arbeit einzubringen, kandidiert Martin Kröber am 25. September in Magdeburg und benachbarten Teilen des Salzlandkreises für den Bundestag. Der Parteitag der SPD Sachsen-Anhalt wählte ihn in der vergangenen Woche auf Platz drei der Landesliste. „Ich möchte, dass wir das Bündnis mit den Gewerkschaften neu mit Leben erfüllen“, sagt er. Auch wenn es immer noch viele Arbeitnehmer*innen gibt, die sowohl Gewerkschafts- als auch SPD-Mitglied sind, habe das Vertrauen in die Sozialdemokratie immer weiter abgenommen, hat Kröber beobachtet. „Das möchte ich mit meiner Kandidatur ändern.“
Gewerkschaften und SPD Hand in Hand
Als er im Herbst vergangenen Jahres seine Kandidatur erklärte, gab es neben viel Zustimmung durchaus auch skeptische Stimmen. Letztlich konnte Martin Kröber aber nicht nur die Genoss*innen der Magdeburger SPD überzeugen, die ihn Mitte November mit großer Mehrheit zum Direktkandidaten im Wahlkreis 69 wählten. Auch viele Genoss*innen aus anderen Regionen Sachsen-Anhalts und seine Gewerkschaftskolleg*innen unterstützten seine Kandidatur. „Mich kennen viele und wissen, dass die mir vertrauen können“, sagt Kröber.
Dieses Vertrauen möchte der 29-Jährige in den kommenden Monaten nutzen. „Ich will, dass mich möglichst viele Menschen kennenlernen“, sagt er. Deshalb will Kröber zum Beispiel auf Betriebsversammlungen sprechen und vor den Werkstoren stehen, Corona zum Trotz. „Wir sind als SPD zu unpersönlich geworden“, findet er. Parteimitglieder wüssten heute viel zu wenig, was in den Betrieben los sei und umgekehrt. „Dabei ist es unfassbar wichtig, dass SPD und Gewerkschaften wieder Hand in Hand gehen“, meint Kröber.
Neues Vertrauen in die Rente schaffen
Gemeinsame Themen gebe es schließlich genug. So fordert Martin Kröber eine gerechtere öffentliche Auftragsvergabe: Allzu oft würden Unternehmen, die ihre Beschäftigten nach Tariflohn bezahlen, benachteiligt, weil der Auftrag an den günstigsten Anbieter gehe. „Wir sollten keine Unternehmen mit Steuergeldern unterstützen, die betriebliche Mitbestimmung verhindern“, fordert Kröber.
Ein zweites wichtiges Thema sei die Rente. „Gerade ostdeutsche Frauen können von ihrer Rente schon heute nicht leben. Und dieses Problem wird sich in den nächsten Jahren noch verschärfen“, sagt Kröber. Die im vergangenen Jahr von der großen Koalition auf den Weg gebrachte Grundrente sei zwar ein wichtiger Schritt. „Sie reicht aber in Ostdeutschland längst nicht aus.“ Zudem verlören die Jungen mehr und mehr den Glauben an eine existenzsichernde Rente im Alter. „Das müssen wir ändern!“
Keine Angst vor Beschimpfungen
Sorge macht Martin Kröber dabei die AfD. Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren lagen die Rechtspopulisten in Magdeburg mit 16,2 Prozent nur 0,9 Punkte hinter der SPD. Die jüngste Umfrage zur Landtagswahl, die am 6. Juni stattfinden wird, sieht die Partei bei 23 Prozent. „Die AfD wird von vielen aus dem Gefühl heraus gewählt, schlecht behandelt zu werden“, hat Martin Kröber beobachtet. „Kaum jemand glaubt, dass sie wirklich etwas verbessert.“
Darin sieht Kröber eine große Chance. „Als SPD wollen wir klarmachen, dass wir es sind, die sich um gute Arbeitsbedingungen und Lösungen für die Probleme der Menschen kümmern“, sagt er. „Genau das will ich im Wahlkampf machen.“ Und deshalb hat er auch keine Scheu vor kontroversen Diskussionen am Wahlkampfstand. „Wer uns am Stand beschimpft, den können wir noch von uns überzeugen.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.