SPD International: Aus Erfahrung für die Doppelspitze
Etwa 5.000 SPD-Mitglieder leben aktuell schätzungsweise im Ausland. Ob Peking, New York, Genf, Jerusalem oder London – in mehr als einem Dutzend Städten weltweit ist die SPD mit Auslandsfreundeskreisen vertreten. Dort können Parteimitglieder und Sympathisanten die SPD vom Ausland aus unterstützen und Gleichgesinnte finden. Das Besondere: Was auf Bundesebene zurzeit für den künftigen SPD-Vorsitz diskutiert wird, ist in den Auslandsfreundeskreisen der SPD längst bewährt – eine Doppelspitze.
Paritätische Doppelspitze vorgeschrieben
Martin Nissen lebt seit circa 15 Jahren als Diplomat im Ausland, zurzeit arbeitet er für die deutsche Botschaft in Mexiko-Stadt. Da er auch im Ausland nicht auf sein sozialdemokratisches Engagement verzichten will, kümmert er sich um die Koordination der Auslandsarbeit der SPD-Freundeskreise, seit 2011 als Doppelspitze. Seit knapp drei Jahren füllt Nissen dieses Amt gemeinsam mit Tara Hadviger aus, die in Brüssel als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Europaparlament arbeitet.
Seit einem Beschluss im November 2018 ist die SPD International offiziell als Arbeitskreis anerkannt. Als kommissarische Sprecher wurden damals Nissen und Hadviger ernannt. Dass die Doppelspitze geschlechterparitätisch besetzt sein muss, ist bei den internationalen Sozis sogar in der Satzung festgeschrieben. „Das ist ein unheimlich hilfreiches Konstrukt. Dadurch werden Probleme nicht mehr personalisiert“, sagt Nissen anlässlich eines Redaktionsgesprächs beim „vorwärts“ Mitte Juni.
„Ein absolutes Erfolgsmodell“
Vor seinem Besuch in Berlin bat Nissen um Rückmeldungen seitens der Auslandsfreundeskreise, wie diese einer Doppelspitze gegenüber eingestellt seien. Das Meinungsbild war eindeutig: Die Mehrzahl sprach von einem „absoluten Erfolgsmodell“. Kein Wunder, denn mehr als die Hälfte der Auslandsfreundeskreise wird von zwei oder mehr Personen geführt. „Wir haben in unseren Reihen eine bunte Mischung von Menschen: Jusos, Personen mit Migrationshintergrund, Leute mit mehr als 40 Jahren Parteimitgliedschaft. Da gibt uns die Doppelspitze das Gefühl einer gegenseitigen Bereicherung“, berichtet Nissen.
Er empfiehlt dem SPD-Parteivorstand daher, künftig auch auf Bundesebene einer Doppelspitze zu vertrauen. Auch weil er einen Trend erkennt, dass sich in der medialen Berichterstattung zunehmend an einzelnen Personen abgearbeitet werde. In einem Tandem könne zudem die jeweils andere Person als Korrektiv dienen. Außerdem gäbe es kein direktes Konkurrenzdenken, da beide Personen gleichberechtigt agieren könnten. „Das ist ein wichtiges vertrauensbildendes Element“, sagt Nissen, der zudem „keinen Mangel an klugen Köpfen“ in der SPD sieht, die diese Führungspositionen ausfüllen könnten.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo