Parteileben

SPD im Wahlkampf: 100 Haustüren in einer Stunde

Drei Monate vor der Bundestagswahl ist die SPD schon voll im Wahlkampf-Modus. In Berlin-Schöneberg klingeln die Genoss*innen fast jeden Tag an den Haustüren. Wir haben sie einen Abend lang begleitet.
von Kai Doering · 25. Juni 2021
Das wichtigste Wahlkampf-Instrument: Abgeordnetenhaus-Kandidatin Wiebke Neumann im Tür-zu-Tür-Wahlkampf in Berlin-Schöneberg
Das wichtigste Wahlkampf-Instrument: Abgeordnetenhaus-Kandidatin Wiebke Neumann im Tür-zu-Tür-Wahlkampf in Berlin-Schöneberg

Der kleine weiße Hund ist das erste, was man sieht als sich die Tür öffnet. Freudig mit dem Schwanz wedelnd stürzt er aus der Wohnung und schnüffelt an den Hosenbeinen der unerwarteten Besucher. Die sind nur kurz verdutzt. „Guten Tag. Wir kommen von der SPD Schönberg und würden Ihnen gerne ein paar Informationen zur Wahl im September dalassen“, sagt einer von ihnen. Die Besitzerin des Hundes greift gerne zu und wünscht den beiden Männern vor ihrer Tür noch einen schönen Abend. Das Gespräch dauert nur wenige Sekunden.

„Wir sind in diesem Wahlkampf deutlicher aktiver als in den Jahren zuvor“, erzählt später Sven Steinbach. Er ist einer der Männer, dessen Hosenbein beschnüffelt wurde, und Vorsitzender der SPD-Abteilung Schöneberg-City. Abteilungen, so heißen in Berlin die Ortsvereine.

Von Tür zu Tür mit Maske und Flyern

Die Schöneberger Genoss*innen sind an diesem Abend mit vier Teams rund um den Bayerischen Platz unterwegs. In einem anderen Haus klingelt Wiebke Neumann an einer braun lackierten Tür im zweiten Stock. Sie will ins Berliner Abgeordnetenhaus. Die Wahl findet zusammen mit der Bundestagswahl am 26. September statt.

„Hallo. Mein Name ist Wiebke Neumann und ich kandidiere hier“, sagt sie als sich die Tür öffnet. Der junge Mann auf der anderen Seite freut sich. „Schön, dass Sie vorbeikommen. Das ist ja sehr bürgernah“, sagt er. Von der SPD gefällt ihm Kevin Kühnert am besten. „Der positioniert sich immer klar gegen die AfD.“ Dass Kühnert nur ein paar hundert Meter weiter ebenfalls von Tür zur Tür zieht, ahnt der Mann nicht.

Als Wiebke Neumann das Haus wieder verlässt, setzt sie kurz die rote FFP2-Maske ab. Wenn sie und ihre Mitstreiter*innen in den Hausfluren und Treppenhäusern unterwegs sind, gehört sie zur Standardausstattung wie die Flyer, die sie verteilen. „Bei den Gesprächen ist Corona aber nie ein Thema“, erzählt Neumann. Stattdessen gehe es vor allem um die Mieten in Berlin.

Das wichtigstes Wahlkampf-Instrument

Bereits Anfang Juni hat die SPD Schöneberg-City mit dem Tür-zu-Tür-Wahlkampf angefangen. „Wir wollten mal die Stimmung testen und waren begeistert, wie offen die Menschen für Besuche an der Haustür waren“, erzählt Sven Steinbach, der Vorsitzende. Das hat die Genoss*innen derart motiviert, dass sie nun einen festen Plan bis zur Wahl Ende September haben: Montag bis Donnerstag ziehen sie für jeweils zwei Stunden von Tür zu Tür, freitags gibt es einen Abend- und samstags einen Vormittags- Infostand. Beide werden bei den Haustür-Besuchen mit angekündigt.

Zum Training gab es am vergangenen Wochenende ein Webinar, bei dem digital die Grundlagen vermittelt wurden: Wie verhält man sich vor der Tür? Wer spricht? Was macht man, wenn einen das Gegenüber in die Wohnung bittet? „Das heute ist so etwas wie der Praxisteil“, sagt Wiebke Neumann und lacht. Die Abgeordnetenhaus-Kandidatin ist fast an jedem Abend dabei. „Für mich ist das die direkteste Form des Kontakts und das spontane Feedback ist einfach tolll“, sagt sie. „Aus meiner Sicht ist der Tür-zu-Tür-Wahlkampf das wichtigstes Wahlkampf-Instrument.

Das eigene Ziel nach oben korrigieren

Am Ende haben die Schöneberger Genoss*innen an diesem Abend an mehr als 100 Türen geklingelt. Mehr als ein Drittel wurde geöffnet. Keine schlechte Quote nach einer Stunde, finden sie. Normalerweise sind sie die doppelte Zeit unterwegs. Per App können sie nachvollziehen, an wie vielen Türen sie seit Beginn ihrer Aktion vor drei Wochen bereits geklingelt haben. Nach diesem Abend zeigt sie 1.207 an. „Bei dem Tempo werden wir unser Ziel für die Wochen bis zur Wahl wohl nach oben korrigieren müssen“, sagt Sven Steinbach. Bisher liegt es bei 10.000 Türen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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