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SPD-Hype: Warum der #Schulzzug aktuell kaum zu stoppen ist

Zugegeben, der Rummel um Martin Schulz kann einen schon skeptisch werden lassen. Das Besondere daran: Die Begeisterung um seine Person ist echt und nicht gespielt.
von Robert Kiesel · 2. März 2017

Jetzt also auch noch das Bierzelt. Nach dem Auftritt von Martin Schulz beim Politischen Aschermittwoch der Bayern-SPD in Vilshofen ist klar: Der 61-Jährige beherrscht jedes Parkett. Daran nämlich, dass der welt- und wortgewandte Rheinländer auch ein bajuwarisches Bierzelt zum Beben bringen würde, hatte so mancher Beobachter im Vorfeld seine Zweifel geäußert.

Martin Schulz - ein Kandidat, der begeistert

Und dennoch dauerte es nicht lang, bis in Vilshofen die ersten „Martin, Martin“-Sprechchöre angestimmt wurden. Die teilweise in Tracht und mit Lederhose angereisten Zuhörer schwenkten Fahnen, wirbelten Pappen mit der Aufschrift „Jetzt ist Martin“ durch die Luft oder klemmten sich gleich Anstecknadeln mit dessen Konterfei an die Brust. Das Besondere daran: Die Begeisterung war nicht etwa Teil einer orchestrierten und von der Öffentlichkeit als solche erwarteten Inszenierung. Sie war echt, kam aus dem Innersten der 5000 am längsten Stammtisch Bayerns vereinten meist männlichen Zuhörer und wurde ausgelöst durch Sätze wie: „Die SPD tritt an, um stärkste politische Kraft in der Bundesrepublik zu werden. Ich trete an, um Bundeskanzler zu werden.“

Klar ist: Schulz weiß, welchen Ton er anschlagen muss, um das gewünschte Klangbild zu erzeugen. Richtig ist aber auch: Vor wenigen Wochen wäre die SPD für solche Aussagen müde belächelt statt euphorisch bejubelt worden. Damals nämlich hätte kaum jemand daran zu denken gewagt, dass auch nur eine der beiden Ankündigungen – stärkste Partei und/oder Kanzleramt - tatsächlich Realität werden könnte.

Die SPD hat wieder eine Perspektive

Seit Schulz Nominierung aber hat sich viel geändert. In Umfragen kletterte die SPD binnen Wochen von 20 auf knapp über 30 Prozent der Stimmen und hat sich dort zuletzt stabilisiert. Gleichzeitig geht eine Aufbruchsstimmung durch die Partei, die zumindest jüngere Anhänger so höchstens aus Erzählungen kennen. Ohnehin ist der mit 40 Prozent auffallend hohe Anteil junger Menschen an den mittlerweile mehr als 10.000 Neumitgliedern Signal dafür, dass die SPD wieder gewinnt, was zuvor verloren schien: Eine echte Perspektive, die über die Bundestagswahl im September 2017 hinaus reicht. 

Jetzt muss die „hohe Energie“ der vergangenen Wochen genutzt und gespeichert werden, die begeisterten Neumitglieder von der gesamten Partei mitgenommen werden. Denn ihr Enthusiasmus und ihre Motivation stecken an und so könnte das avisierte Ziel von Martin Schulz, das Kanzleramt zu übernehmen, tatsächlich Realität werden.

Verbalattacken, die ins Nichts führen

Die verbalen Attacken der politischen Konkurrenz dürften auf dem Weg dahin noch an Schärfe zunehmen. Aber läuft es weiter wie bisher, brauchen sich davor jedoch weder Martin Schulz noch die SPD ernsthaft zu fürchten.

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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