SPD Hannover: Warum Gerhard Schröder in der Partei bleiben darf
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Im Parteiordnungsverfahren der SPD gegen Ex-Kanzler Gerhard Schröder liegt nun die Entscheidung vor. Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover hat festgestellt, dass Gerhard Schröder nicht gegen die Statuten, Grundsätze oder die Ordnung der SPD verstoßen hat. Ein solcher Verstoß sei ihm nicht nachzuweisen.
SPD-Parteichef Lars Klingbeil betonte nach dem Beschluss, die Schiedskommission in Hannover habe „eine juristische Entscheidung“ gefällt. Klingbeil stellte klar: „Für uns steht fest: Politisch ist Gerhard Schröder mit seinen Positionen in der SPD isoliert.“
Schröder-Kritik: mangelnde Distanzierung vom Krieg
Das Parteiordnungsverfahren war von 17 verschiedenen Kreis- und Ortsverbänden der SPD beantragt worden. Ihr Ziel war der Parteiausschluss Schröders. Die antragstellenden Gliederungen warfen ihm im Verfahren konkret vor, er habe sich „nach dem völkerrechtswidrigen Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine nicht hinreichend von dem Angriffskrieg distanziert“. Im Gegenteil: Er habe sogar versucht, diesen Krieg zu rechtfertigen.
Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover hat dazu nun einen neunseitigen, sehr detaillierten Beschluss gefasst. Darin stellt sie klar, dass Grundlage jeder Ordnungsmaßnahme – wie eines Parteiausschlusses – ein Verstoß gegen die Statuten, die Grundsätze oder die Ordnung der SPD sein müsse. Ein Verstoß gegen die Grundsätze liege zum Beispiel dann vor, wenn gegen das Gebot der innerparteilichen Solidarität verstoßen werde oder wenn das Mitglied ehrlos handele. Gegen die Ordnung der Partei verstoße, wer immer wieder gegen Beschlüsse des Parteitages agiere oder wer der Partei und ihrer Satzung zuwiderhandele.
Schiedskommission: Keine Rechtfertigung des Krieges
„Hinsichtlich der Äußerungen des Antragsgegners (Gerhard Schröder) zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine kommt es daher wesentlich darauf an, ob er damit gegen die Grundsätze der SPD verstoßen hat“, so die Schiedskommision. „Mit der Mitgliedschaft in der SPD ist es unvereinbar, einen Angriffskrieg zu fordern oder den kriegerischen Überfall eines Staates auf einen anderen zu rechtfertigen.“ Die Kommission urteilt dann: „Das hat der Antragsgegner aber nicht getan.“ Vielmehr habe Schröder bereits am Tag des russischen Einmarsches in die Ukraine erklärt, die „Sicherheitsinteressen Russlands rechtfertig(t)en nicht den Einsatz militärischer Mittel“.
Auch mit seiner Freundschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin verstoße Schröder nicht gegen die Grundsätze der SPD. „Der Bereich der persönlichen Freundschaftsbeziehungen gehört nach Auffassung der Schiedskommission zum höchstpersönlichen Bereich der Lebensgestaltung, so unverständlich oder wenig nachvollziehbar diese aus sozialdemokratischer Sicht auch sind“, heißt es im Beschluss. Auch sei „nicht hinreichend sicher erkennbar“, dass Schröder Putin „in seiner Handlungsweise bestärken würde“.
Kein Verstoß festzustellen bzw. nachzuweisen
Ebenso stelle die Mitgliedschaft des Ex-Kanzlers in verschiedenen Gremien russischer Energiewirtschaftsunternehmen keinen Verstoß gegen die Parteiordnung oder die Grundsätze der SPD dar. Die Schiedskommission kommt zu dem Fazit. „So sehr eine deutliche Distanzierung von der Russischen Föderation und ihrem Präsidenten und ein Ausscheiden aus den Gremien der Erdgasunternehmen politisch wünschenswert wäre, lässt sich zusammenfassend nach alledem ein Verstoß gegen die Parteiordnung nicht feststellen bzw. nicht nachweisen.“
Die antragstellenden Gliederungen hatten zuvor betont, Schröder trage aufgund seiner herausgehobenen Stellung als früherer Bundeskanzler und SPD-Vorsitzender eine besondere Verantwortung. Dazu gehöre auch, „dass er sich aus den Gremien der Gasunternehmen hätte zurückziehen müssen“. Seinen Rückzug aus dem Verwaltungsrat des Öl-Unternehmens Rosneft habe Schröder aber erst dann angekündigt, als in der EU Sanktionen gegen ihn diskutiert wurden. Für die SPD-Gliederungen ist es darüber hinaus „nicht akzeptabel zu implizieren, die Schuld für den Angriffskrieg liege nicht allein bei der Russischen Föderation“.
Berufung wird erwartet
In der mündlichen Verhandlung hatten bereits mehrere antragstellende SPD-Gliederungen angekündigt, im Falle einer Ablehnung ihres Antrags auf Parteiausschluss Schröders in Berufung gehen zu wollen. Ihre Berufung können sie gegenüber der Bezirksschiedskommission des SPD-Bezirks Hannover einlegen. Diese muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung schriftlich eingelegt und innerhalb von zwei weiteren Wochen schriftlich begründet werden.