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SPD in Görlitz: Nach dem Schock ist vor der Wahl

Bei der Kommunalwahl Ende Mai fuhr die SPD in Görlitz mit 2,32 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit der Wiedervereinigung ein. Auch wenn die Genossen künftig nur noch mit einem Abgeordneten im Stadtparlament vertreten sind, gibt sich der Vorsitzende Fabian Lindner kämpferisch. Er sieht gar einen politischen Aufbruch in Görlitz.
von Jonas Jordan · 30. August 2019
Bei der Kommunalwahl im Mai erreichte die SPD in Görlitz ein historisch schlechtes Ergebnis. Dennoch sieht der Vorsitzende Fabian Lindner auch positive Entwicklungen.
Bei der Kommunalwahl im Mai erreichte die SPD in Görlitz ein historisch schlechtes Ergebnis. Dennoch sieht der Vorsitzende Fabian Lindner auch positive Entwicklungen.

„Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Fabian Lindner, seit März kommissarischer Vorsitzender der SPD in Görlitz. Seine Aussage zum Kommunalwahlergebnis vom 26. Mai, bei der die SPD mit 2,32 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit der Wiedervereinigung erreichte, überrascht auf den ersten Blick. Doch Lindner erklärt: „Wir hatten Glück, dass wir noch einen Stadtrat reinbekommen haben. Die nächste Liste, die kein Mandat bekommen hat, war nur 70 Stimmen hinter uns.“

Weltoffenheit gezeigt

Noch bei der Kommunalwahl 1994 holten die Sozialdemokraten 21,7 Prozent und waren mit neun Mandaten hinter der CDU zweitstärkste Kraft. Jetzt ist gerade mal noch ein Vertreter im Stadtparlament. Gleichzeitig erreichte die AfD 30,8 Prozent und wurde mit 13 Mandaten auf Anhieb stärkste Kraft.

Dennoch sieht Lindner ein positives Signal für Görlitz. Denn durch gemeinsame Anstrengungen von SPD, Grünen, Linken und CDU gelang es, einen AfD-Oberbürgermeister zu verhindern: „Wir haben Weltoffenheit gezeigt.“ Viele Görlitzer, die bisher nicht öffentlich bei Demos in Erscheinung getreten waren, seien nun aktiver geworden. „Sie haben gemerkt: Es ist so knapp. Wir können jetzt nicht einfach nur zu Hause sitzen, sondern müssen auf die Straße gehen und der AfD etwas Positives entgegensetzen“, sagt Lindner, der seit 2012 in der Stadt an der Neiße wohnt und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Zittau/Görlitz arbeitet.

Dynamische Entwicklung in Görlitz

Auch durch die Landtagsabgeordnete und Oberbürgermeisterkandidatin der Grünen Franziska Schubert habe sich viel in der Stadt getan. Schubert trat als gemeinsame Kandidatin von „Bürger für Görlitz“, Grünen und „Motor Görlitz“ an. Im ersten Wahlgang fuhr sie mit 27,9 Prozent ein respektables Ergebnis ein. „Ich habe das Gefühl, es ist allgemein ein bisschen politischer geworden in der Stadt“, sagt Lindner. Er kandidierte Ende Mai für den Stadtrat und den Kreistag. Beides hat nicht geklappt. Trotzdem ist es für ihn kein Grund aufzugeben.

„Man merkt, dass man hier etwas bewegen kann“, sagt der SPD-Vorsitzende. Durch viele junge Menschen und die wachsende kreative Szene nehme Görlitz eine dynamische Entwicklung. Auch in der SPD sei das spürbar. „Wir haben einige jüngere Leute im Vorstand, die Lust haben, etwas zu bewegen.“ Natürlich sei das Wahlergebnis frustrierend gewesen. Zugleich sieht Lindner es als Ansporn: „Wir schauen jetzt, dass wir für die nächsten fünf Jahre unsere Themen stärker besetzen können. Da sehe ich viel Potenzial für uns. Deswegen werfe ich jetzt nicht hin.“

Die Aufgabe, die SPD als einziger Abgeordneter im Stadtparlament zu vertreten, kommt nun auf Mike Thomas zu. Zugleich kandidiert der 50-Jährige am 1. September im Wahlkreis Görlitz 2 für den sächsischen Landtag. Und das mit prominenter Unterstützung. Mitte August kam SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zum gemeinsamen Haustürwahlkampf vorbei. Am Dienstag machte der Kieler SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Stein mit einer Fahrradtour in der Stadt an der Neiße Halt. Thomas organisierte eine gemeinsame kritische Stadtrundfahrt mit dem ADFC. Denn für die 60 Görlitzer SPD-Mitglieder ist klar: Nach dem Schock ist vor der Wahl. Auch Fabian Lindner sagt: „Wir haben gute Themen und ein gutes Team, das aktiv ist. So wollen wir weiter arbeiten.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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