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SPD Berlin: Warum sich Franziska Giffey für die CDU entschied

Der Vorstand der Berliner SPD hat sich mehrheitlich für Koalitionsverhandlungen mit der CDU entschieden. In einem Schreiben an die Mitglieder begründen die Vorsitzenden Franziska Giffey und Raed Saleh den Schritt – und kündigen Aufarbeitung an.
von Kai Doering · 1. März 2023
SPD-Landeschefin Franziska Giffey: Für einen echten Neubeginn darf es aber kein einfaches „Weiter so“ geben.
SPD-Landeschefin Franziska Giffey: Für einen echten Neubeginn darf es aber kein einfaches „Weiter so“ geben.

Gut zwei Wochen nach der Wiederholung der Berliner Abgeordnetenhauswahl ist klar: Die SPD in der Hauptstadt setzt künftig auf ein Bündnis als Juniorpartnerin der CDU. Am Mittwochabend entschied sich der Landesvorstand der Sozialdemokrat*innen mit großer Mehrheit, Koalitionsverhandlungen mit der Union aufzunehmen. Kurz darauf begründeten die Landesvorsitzenden Fraziska Giffey und Raed Saleh den Schritt in einer E-Mail an die Miglieder. Sie schrieben

zum bisherigen Bündnis mit Grünen und Linkspartei:

„Die erste Priorität des Sondierungsteams war immer, die Chancen für die Fortführung der bisherigen Koalition prioritär auszuloten. Aber im Laufe der Sondierungsgespräche musste das Team leider erkennen, dass der Wille für einen Neuanfang und zu Veränderungen nach sieben Jahren Koalition im Lichte des Wahlergebnisses bei unseren Partnern nicht ausreichend vorhanden ist für eine weitere Zusammenarbeit in den kommenden dreieinhalb Jahren dieser Legislaturperiode.“

zur Rolle der SPD:

„Als Berliner SPD haben wir auch eine Verantwortung für unsere Stadt. Wir wollen Berlin langfristig besser machen. Für einen echten Neubeginn darf es aber kein einfaches „Weiter so“ geben. Ohne entscheidende Veränderungen im politischen Kurs und in der Zusammenarbeit wird es nicht die Verbesserungen geben, die notwendig sind, um Berlin voranzubringen.

Dafür sind wir als Sondierungsteam bereit, auch wenn es derzeit den Verlust des Roten Rathauses bedeutet. Diese Verantwortung haben wir auch für die Berliner Sozialdemokratie, die sich wieder Vertrauen zurückerarbeiten muss und wird, damit wir bei der nächsten Wahl als SPD wieder geschlossen und gestärkt hervorgehen, um die SPD so zu neuer Stärke zu führen.“

zu den gemeinsamen Zielen mit der CDU:

„Es ist uns in intensiven und ergebnisoffenen Gesprächen gelungen, mit der CDU eine Basis für eine gute Zusammenarbeit in den kommenden drei Jahren zu finden, die Berlin in den entscheidenden Bereichen voranbringt und indem wir Kernthemen der SPD durchsetzen können. Es geht darum, eine echte Verkehrswende zu gestalten, die unterschiedliche Interessen der Berlinerinnen und Berliner stärker berücksichtigt und Menschen nicht ausschließt. Es geht auch darum, die Wohnungsfrage mit dem Neubau von sozialem Wohnraum entscheidend voranzubringen, um mehr Angebote zu schaffen und gleichzeitig verstärkte Anstrengungen beim Mieterschutz durchzusetzen. Und es geht schlussendlich um eine funktionierende Stadt, die sicher und sauber ist, mit einer funktionierenden Verwaltung als Dienstleisterin für die Berlinerinnen und Berliner. (…)

Wir ermöglichen damit einen echten Neubeginn für unsere Stadt und sorgen zugleich dafür, dass die Sozialdemokratie weiterhin als Anker der sozialen Gerechtigkeit Berlin entscheidend mitgestalten kann und sich weiter für eine soziale, bezahlbare und gerechte Stadt einsetzt. Die Berlinerinnen und Berliner wünschen sich ein Bündnis, das die Themen funktionierende Stadt, Wohnungsbau, Verkehr und innere Sicherheit zur Priorität macht und mit aller Kraft voranbringt. Ein Bündnis, das pragmatisch und lösungsorientiert arbeitet und dringend notwendige Reformen und Vorhaben beschleunigt.“

zum weiteren Vorgehen in der SPD:

„In den kommenden Wochen wollen wir intensiv einen Koalitionsvertrag verhandeln, um ein bestmögliches Ergebnis für die Stadt und die SPD zu erreichen und möglichst viele sozialdemokratische Vorhaben umzusetzen. Wir werden während des Verhandlungsprozesses in den kommenden Wochen berichten und die Partei über die Ergebnisse transparent informieren. Genauso über den Ablauf des Mitgliedervotums. Auch werden wir zu Mitgliederforen einladen. (…) Über das Ergebnis sollen dann alle Mitglieder der SPD Berlin abstimmen. Denn der Landesvorstand hat einstimmig beschlossen, dass alle Mitglieder die Möglichkeit erhalten, mittels eines Mitgliedervotums über den ausgehandelten Koalitionsvertrag abzustimmen. Gegenstand des Votums ist die Frage, ob die SPD den ausgehandelten Koalitionsvertrag abschließen soll.“

über Konsequenzen aus dem Wahlergebnis:

„Am Montag soll (..) eine Kommission des Landesvorstands zur Aufarbeitung des Wahlergebnisses und zur organisatorischen Erneuerung der Partei einberufen werden. Denn wir wollen wieder Wahlen gewinnen. Die nächsten Herausforderungen warten schon: die Europawahl 2024, die Bundestagswahl 2025 und die wahrscheinliche Wiederholung dazu davor sowie die nächsten regulären Berliner Wahlen 2026.“

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