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SPD Berlin Mitte diskutiert Netzpolitik

von Carl-Friedrich Höck · 25. September 2012

Die SPD Berlin-Mitte hat am Montagabend Interessierte zu einem Dialog über die Richtlinien der sozialdemokratischen Netzpolitik eingeladen. Gestritten wurde unter anderem über die Vorratsdatenspeicherung.

Der netzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Lars Klingbeil kleidete seine Sorge am Montagabend in drastische Worte. Eine ganze Generation drohe den etablierten Parteien verloren zu gehen, wenn sie sich nicht stärker mit netzpolitischen Themen befasse. Mit Verweis auf die umstrittenen (und mittlerweile gekippten) ACTA-Gesetze sagte er: „Vor 20 Jahren wäre es nicht möglich gewesen, dass ein Thema Massen von jungen Menschen bewegt und 98 Prozent der Bundestagsabgeordneten gar nicht wissen, worum es geht.“

Dem entgegenwirken wollte die SPD Berlin-Mitte am Montagabend auf dem „Dialogforum Netzpolitik: Digitale Teilhabe in der sozialen Stadt“. Rund 20 Berliner SPD-Mitglieder waren gekommen, um sich die netzpolitischen Positionen ihrer Partei erklären zu lassen und kritisch nachzuhaken.

Der netzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Lars Klingbeil riet seiner Partei, sich beim Thema Urheberrecht klar zu profilieren. „Union und FDP kümmern sich um die Verwerter, die Grünen und Piraten um die Nutzer. Da bleibt der SPD, sich um die Urheber zu kümmern.“ Nicht immer seien die Interessen der Urheber mit denen der Verwerter identisch – etwa, wenn eine Band ihre Lieder zum kostenlosen Hören ins Internet stellen wolle, ihr Label es ihr aber verbiete.

Umstrittener Kompromiss zur Vorratsdatenspeicherung

Am intensivsten diskutiert wurde an diesem Abend jedoch ein anderes Thema: Die Vorratsdatenspeicherung. Besonders in den netzpolitischen Gruppen der SPD trifft sie auf starke Ablehnung. Die Bundestagsabgeordnete Eva Högl verteidigte den Kompromiss, auf den sich die SPD-Fraktion verständigt hat: Die Daten sollen – anders als in der entsprechenden EU-Richtlinie vorgesehen – deutlich weniger als sechs Monate gespeichert werden. Ermittler sollen zudem nur bei schwersten Straftaten auf die gespeicherten Daten zugreifen können. Und dies auch nur dann, wenn ein Richter es zuvor genehmigt hat.

Mehrere Teilnehmer sprachen sich dagegen aus, persönliche Daten wie Telefonverbindungen flächendeckend speichern zu lassen. Dies sei ein großer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Bürger, sagte etwa Yannick Haan, Sprecher des Forums Netzpolitik der Berliner SPD. „In den Augen dieses Gesetzes wird jeder zu einem potentiellen Verbrecher“. Andere argumentierten, dass selbst mit der Vorratsdatenspeicherung kaum zusätzliche Fahndungserfolge zu erwarten seien. Einer der Besucher rief aber auch dazu auf, datenschutzrechtliche Fragen gelassener zu betrachten. „In der Lebenswirklichkeit hat die sogenannte Privatsphäre nie Bestand gehabt“, gab er zu bedenken. Oft wüssten zum Beispiel Nachbarn in einem Dorf mehr über einen, als Google je wissen werde.

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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