SPD Bayern: Rentner fordert Florian Pronold heraus
Der eine ist 42 und seit 26 Jahren Mitglied der SPD. Der andere ist 71 und seit 46 Jahren bei den Sozialdemokraten. Am Samstag werden die beiden gegeneinander antreten. Es geht um den Vorsitz der bayerischen SPD.
Der eine, das ist Florian Pronold: Bundestagsabgeordneter, Staatssekretär im Bundes-Umwelt- und -Bauministerium und seit 2009 Vorsitzender der SPD in Bayern. Der andere ist Walter Adam: pensionierter Realschullehrer, „Gstanzl“-Sänger und Pronolds Herausforderer beim bevorstehenden Landesparteitag.
Eigentlich wäre die Kandidatur des Rentners Adam gegen den Polit-Profi Pronold keine große Nachricht – eigentlich. Denn zum einen muss man lange zurückdenken, wann es zuletzt eine Kampfkandidatur um den SPD-Landesvorsitz im Freistaat gegeben hat (es war 1995). Zum anderen verbindet Walter Adam seine Kandidatur mit fundamentaler Kritik am Kurs seiner Partei – konzentriert in einem neunzigsekündigen YouTube-Video.
Adam: „Wir spielen den sozialen Flügel der Union“
„Ich bin ein bayerischer Sozialdemokrat“, sagt Adam darin unter dem Kirschbaum in seinem Garten sitzend. Die Sonne bricht durchs Blätterdach, ein Bierkrug und eine Vase mit roten Nelken stehen auf dem Tisch. „Ich bin seit 46 Jahren stolzes Mitglied dieser Partei“, setzt Adam fort. Danach geht er ans Eingemachte: „Wir waren eine Partei der Mutigen. Heute spielen wir den sozialen Flügel der Union“, wettert er, der einst eingetreten sei, weil er „für soziale Gerechtigkeit und Frieden kämpfen wollte“.
Die SPD opfere ihre Werte für den Machterhalt und „bloßes Mitmachen“. Das ist Adams Botschaft. Er habe sich „maßlos geärgert“, als Florian Pronold sich vor einigen Wochen für eine mögliche Koalition mit der CSU aussprach, erzählt Walter Adam am Telefon. „Ich erwarte von einem Landesvorsitzenden, dass er den Führungsanspruch in Bayern aufrecht erhält.“ Auch während des Gesprächs sitzt Adam unter seinem Kirschbaum im Garten, ganz entspannt als sei nichts geschehen. „Dabei war in den letzten vier Tagen bei mir die Hölle los.“
Pronold nimmt die Konkurrenz ernst
Seit dem 21. Juni nämlich steht Adams Facebook-Seite im Internet. „Es gibt immer eine Alternative“ ist dort zu lesen. Einen Tag später folgte das Video, das bislang fast 14 000 Mal aufgerufen wurde. „Wir haben in der SPD unseren Stolz“, sagt Adam am Telefon, doch gehe der Partei die Empathie verloren. „Die bayerische SPD hat bereits resigniert.“ Mit seiner Bewerbung wolle er sie „emotional aufrütteln“.
„Ich nehme diese Gegenkandidatur ernst“, sagt der herausgeforderte Florian Pronold. Er hoffe, „dass sie dazu dient, über Ideen und Konzepte für die Zukunft zu reden“. Die Kandidatur Adams habe ihn „überrascht“. Seine Haltung zu eine möglichen Koalition mit der CSU nach der nächsten Landtagswahl verteidigt Pronold aber. „Es darf keine Denkverbote geben. Entscheidend ist, mit wem wir am meisten durchsetzen können.“ Eine Partei müsse regieren wollen.
Unterstützung für Adam vom Ortsverein
„Die SPD muss wieder für diejenigen Politik machen, die uns wirklich brauchen“, sagt dagegen Walter Adam. „Mir san für Eich da“, lautet sein Credo. Unterstützung erhält der 71-Jährige dabei von seinem Ortsverein Abensberg in Niederbayern. „Wir stehen geschlossen hinter ihm“, sagt der OV-Vorsitzende Thomas Schug. Es herrsche „schon längere Zeit Unmut im Ortsverein“ über die Politik der SPD in Berlin. „Wir können das Wort Alternativlosigkeit nicht mehr hören.“
Er bewundere deshalb Adams Mut, die Partei aufrütteln zu wollen. „Das gibt eine neue Dynamik von der Basis aus“, ist sich Schug sicher. Dass er am Samstag wirklich Vorsitzender der SPD in Bayern wird, glaubt allerdings nicht mal Walter Adam selbst. Er habe „null Chancen“, sagt er – „schließlich kenne ich die Partei“. Doch habe er es schon jetzt geschafft, „den Harmonieparteitag zu stören“.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.