SPD-AG: Warum die Schwusos ihren Namen ändern wollen
Wenn sich die Schwusos, die Arbeitsgemeinschaft der Lesben und Schwulen in der SPD, an diesem Wochenende in Schwerin zu ihrem Bundeskongress treffen, geht eine Ära zuende. Nach acht Jahren im Amt wird der Vorsitzende Ansgar Dittmar nicht wieder kandidieren. „Es ist der richtige Zeitpunkt, um aufzuhören“, ist der 45-Jährige überzeugt. „Ich habe alles erreicht, was man in dieser Position erreichen kann.“
Anerkennung der Schwusos als SPD-AG erst 2011
Das wichtigste Ereignis in Dittmars Amtszeit war die Anerkennung der Schwusos als reguläre Arbeitsgemeinschaft der SPD auf dem Bundesparteitag im Dezember 2011. „Vorher standen wir als Arbeitskreis etwas außerhalb der Partei“, erinnert sich Dittmar. Trotzdem habe bereits 2010 ein Umdenken in der SPD eingesetzt. „Wir haben es geschafft, mehr Aufmerksamkeit für unsere Themen zu bekommen. Wir werden bei innerparteilichen Diskussionen immer mitgedacht.“ Stellvertretend dafür stehe das Bekenntnis der SPD zur „Ehe für alle“, mit dem sie auch 2013 in den Bundestagswahlkampf gezogen ist.
In der großen Koalition wurde das allerdings zu einem Problem. CDU und CSU sind strikt gegen eine vollständige Gleichstellung, ebenso gegen die Aufhebung des Adoptionsverbots für gleichgeschechtliche Paare. „In der Queer-Community gilt die SPD zwar als progressiv, aber auch als Bettvorleger der Union, weil sie sich in diesen Punkten nicht durchsetzen kann“, klagt Ansgar Dittmar. Er ist überzeugt: „Die Bundestagsfraktion sollte die linke Mehrheit im Bundestag nutzen und den Mut haben, hier noch in dieser Legislatur eine Änderung herbeizuführen.“
Nowacki: Das Fahrwasser wird rauer
Auch Ansgar Dittmars designierte Nachfolgerin Petra Nowacki sieht die SPD bei der „Ehe für alle“ in der Pflicht. Die 50-jährige Juristin lebt selbst seit 2010 in einer eingetragenen Partnerschaft. Der Koalitionsvertrag lässt aus ihrer Sicht gemessen an den Forderungen der Schwusos „zu wünschen übrig“. Zudem werde die Situation vor dem Hintergrund „eines deutlichen Rechtsrucks innerhalb der Gesellschaft“ nicht leichter. Es gelte „Kommunikations- und Handlungsstrategien in einem deutlich raueren Fahrwasser zu entwickeln“.
Dafür sei es auch wichtig, dass die Schwusos ihren Namen ändern. „Die Community ist im Laufe der Jahre bunter geworden und umfasst deutlich mehr Orientierungen als nur ‚schwule Jusos‘ wie es in unseren Anfängen der Fall war“, begründet Nowacki den Vorstoß. „Das Thema ist keine Selbstbeschäftigung, sondern eine Frage der sozialen Inklusion.“ Über die Umbenennung dürfte in Schwerin heiß diskutiert werden.
Die Schwusos hätten gern eine Doppelspitze
Nowackis Kandidatur ist auch ein Ergebnis der SPD-internen Diskussion über die Doppelspitze. Der Bundesparteitag hat sich im vergangenen Jahr gegen eine solche Möglichkeit für ihre Gliederungen ausgesprochen – neben der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen hatten sich auch die Schwusos dafür stark gemacht.
„Wir hätten gerne eine Doppelspitze eingeführt, um die Sichtbarkei von Frauen auch bei uns zu erhöhen“, sagt der Noch-Vorsitzende Ansgar Dittmar. Mit Petra Nowacki wird nun wahrscheinlich eine Frau allein an der Spitze stehen. „Ich will mit meiner Kandidatur auch einen Beitrag dazu leisten, dass die Schwusos wahrnehmbare weibliche Gesichter haben“, sagt sie. Als Vorsitzende will sie „die Vernetzung mit anderen sozialen Bewegungen in der Queer-Community weiter vorantreiben“ und auch die Bedeutung der Schwusos innerhalb der SPD stärken. „Das Parteileben ist mir nicht fremd“, sagt sie.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.