vorwärts.de: Nach knapp fünf Monaten endet euer Projekt " Das ist sozialdemokratisch". Wie groß war die Beteiligung?
Mathias Richel: Über 700 Menschen haben sich bei uns registriert und über 450 eigene Beiträge geschrieben. Auch auf unserer Facebook-Seite ist mit fast 1300 Mitgliedern viel los.
Seid ihr zufrieden mit der Resonanz?
Das muss man differenziert betrachten. Wir hatten keinerlei Mittel, um Öffentlichkeitsarbeit zu machen, geschweige denn Werbung für die Seite. Wir mussten also alles mit Bordmitteln und mit Hilfe der sozialen Netzwerke organisieren. Unter diesen Umständen finden wir die Quantität der Beiträge und des Feedbacks enorm. Aber natürlich brauchen solche Projekte eine sehr viel breitere Basis. Um diese zu schaffen, müssen zukünftig noch viel mehr Menschen an solchen Plattformen, aber auch an ihrer Verbreitung mitwirken. Für dieses Bewusstsein müssen wir noch länger arbeiten.
Die Seite habt ihr privat auf die Beine gestellt. Welche Reaktion seitens der Partei habt ihr erhalten?
Von Anfang an waren die Reaktionen sehr positiv. Zumindest die, die uns zugetragen wurden. Hier und da entzündete sich auch an unserem Portal die Debatte, in wie weit Einfluss von außen die Politik der SPD bestimmen sollte. Aber diese Auseinandersetzung haben wir bewusst gewollt und uns als Werkzeug der Öffnung verstanden. Ein bisschen wie ein Brecheisen aus dem Internet. Zu den prominenten Unterstützern gehören Andrea Nahles und Sigmar Gabriel, aber auch viele andere Mitglieder des Bundestags haben uns unterstützt. Ob nun durch eigene Beiträge oder durch Öffentlichkeitsarbeit - dafür sind wir sehr dankbar.
Wann und wie seid ihr auf die Idee für ein solches Portal gekommen?
Das war während einer der typischen Deutschlandtrends. Da wurden die Menschen gefragt, ob sie wüssten, wofür die SPD steht und über die Hälfte haben das verneint. Das hat mich stutzig
gemacht. Eine Partei ist ja kein statisches Gebilde, das man nicht beeinflussen kann, auch wenn das manchmal einen langen Atem und gute Nerven braucht. Deshalb habe ich mich gefragt: Wofür soll
die SPD denn stehen? Was erwarten die Menschen von der Partei? Um das herauszufinden, muss man die Menschen da draußen fragen. Und wo kann man das besser als im Internet? Also habe ich gleich
Dennis Morhardt angerufen, den ich schon von verschiedenen Netzaktivitäten kannte, und habe ihm von der Idee zu dieser Plattform erzählt. Er hat sofort zugesagt, bei der Umsetzung zu helfen.
Die Beteiligung von Bürgern bzw. Parteimitgliedern über Internetforen scheint immer beliebter zu werden. Nur eine Modeerscheinung? Oder wird sich diese Form demokratischer Beteiligung auch auf Dauer durchsetzen?
Das Internet ist eines der besten Mittel, um sich permanent demokratisch zu organisieren und an politischen Prozessen zu partizipieren. Vorraussetzung ist allerdings die Transparenz dieser Prozesse. Auf kommunaler Ebene funktioniert das schon an vielen Stellen ganz selbstverständlich, wenn man nur an die vielen Bürgerhaushalte denkt, die es schon gibt und die man auch online beeinflussen kann. Das Internet und seine Möglichkeiten geben den Bürgern ein größeres Selbstbewusstsein, aber auch ein größeres Verständnis für ihre Einflussmöglichkeiten. Für die gegebenen und die, die es noch zu erkämpfen gibt. Das ist großartig und ein nicht mehr umkehrbarer Prozess, der die Politik ordentlich unter Druck setzt. Dieser Druck ist gut und eine Stärkung unserer Demokratie.
Die Antworten auszuwerten ist ein zeitaufwendiger Prozess. Wie geht ihr da vor? Und welche Möglichkeiten gibt es, diesen Prozess zu vereinfachen?
Wir haben von Anfang an versucht, die Auswertung so leicht wie möglich zu gestalten. Deshalb haben wir einen Abstimmungsprozess integriert, der die besten Beiträge der Nutzer nach oben stellt und andere hinten anfügt. Wir nutzen also für die Auswertung die Beiträge, die am meisten positive Resonanz erfahren haben.
Ihr habt bereits angedeutet, dass die Seite auch nach Redaktionsschluss online bleiben wird. Was habt ihr damit vor?
Zunächst werden wir ein Projektblog auf der Seiteschreiben, in dem wir über unsere Pläne und deren Umsetzung berichten werden. Ja, es geht weiter, wenn auch in einer anderen Form. Wir möchten in Zukunft allen Mitgliedern der SPD, allen Nutzern der Seite und allen Interessierten die Möglichkeit bieten, sich online zu unterschiedlichsten sozialdemokratischen Themen miteinander zu vernetzen und eine große Öffentlichkeit dafür zu erzeugen. Wir brauchen eine stärkere Mobilisierung im Internet - dafür werden wir Werkzeuge zur Verfügung stellen. Mehr verraten wir aber noch nicht.
Vielen Dank für das Interview!
Wir bedanken uns bei allen unseren Nutzern und Unterstützern! Ohne euch wäre das Projekt nicht möglich gewesen.