Parteileben

So will sich die SPD-Zentrale für die Zukunft wappnen

Transparent, projektorientiert, agil und immer am Puls der Zeit: SPD-Bundesgeschäftsführer Thorben Albrecht erklärt im Gespräch, wie das Willy-Brandt-Haus zu einer neuen, besseren Parteizentrale wird - und warum dafür auch Wände eingerissen werden sollen. Die Pläne waren auch Thema in der Sitzung des Präsidiums am Montag.
von Kai Doering · 16. September 2019

Seit Jahren wird darüber gesprochen, dass sich die SPD erneuern muss, erneuern soll. Können sie das Wort „erneuern“ überhaupt noch hören?

Ich kann es noch hören, es darf aber kein leeres Schlagwort sein. Es muss mit Leben gefüllt sein. Das gilt für die inhaltliche Ebene, auf der die SPD schon einiges auf den Weg gebracht hat. Aber das gilt eben auch für die Art und Weise wie wir als Partei arbeiten. Und da gehört neben der organisationspolitischen Aufstellung der SPD auch das Willy-Brandt-Haus dazu. Das Haus hat dank seiner tollen Mitarbeiter in schwierigen Zeiten immer gute Arbeit geleistet. Aber gleichzeitig sind die Anforderungen an die Politik komplexer geworden – und diesen Anforderungen müssen wir gerecht werden.

In welchen Arbeitsbereichen läuft es denn derzeit nicht mehr zeitgemäß?

Es geht nicht um einzelne Bereiche, es geht um das große Ganze. In der Vergangenheit waren oft die Prioritäten nicht klar. Manchmal wurden nicht alle Kompetenzen im Haus genutzt, weil zu strikt in Abteilungslogik gedacht wurde. Es ist jetzt Zeit, Wände einzureißen und neue Wege zu beschreiten, moderner und projektorientierter zu denken. Mehr eigenverantwortliche, kooperative und agile Arbeit zu ermöglichen. An dem Gesamtkonzept arbeiten wir seit eineinhalb Jahren gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und dem Betriebsrat.

Und was soll konkret mit dem neuen Konzept erreicht werden?

Wir wollen das Willy-Brandt-Haus zu einer modernen Parteizentrale weiterentwickeln, die am Puls der Zeit arbeitet, die in die Gesellschaft vernetzt ist und die nicht nur in Wahlkampfhochzeiten kampagnenfähig ist. Deswegen wollen wir die Arbeitsbereiche stärken, in denen wir Themen vordenken und entwickeln und so die inhaltliche Erneuerung unterstützen. Wir wollen Beteiligung zu einem dauerhaften Prozess und zum Teil der Willensbildung in der SPD machen. Und drittens wollen wir die strategische Kommunikation aus einer Hand gewährleisten: Es macht doch keinen Sinn, die verschiedenen Kanäle getrennt voneinander zu denken.

Aktuelle Mitgliederbefragung als Projekt-Blaupause

Gibt es denn schon erste Erfahrungen, mit dieser neuen Arbeitsweise?

Wir machen sie gerade jeden Tag. Für die Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz, unser aktuelles Großprojekt „#unsereSPD“, arbeiten wir projektorientiert und abteilungsübergreifend. Und das wird sehr positiv aufgenommen, weil diese Projektstruktur Freiräume schafft und Kreativität freisetzt.

Arbeiten künftig nur noch Projektmanager im Willy-Brandt-Haus?

Wir wollen einfach, dass alle im Haus bei unseren zentralen Projekten stärker miteinander arbeiten, über Abteilungen hinaus. Dafür wird es eine unterstützende Projekteinheit geben, die die Kompetenz und Qualifikation hat, Projektleitungen zu übernehmen und die Zusammenarbeit in agilen und klassischen Projekten zu koordinieren. Eine weitere Neuerung ist, dass wir bereits ein „strategisches Zentrum“ eingerichtet haben, in dem alle Erkenntnisse aus dem Haus zusammenfließen und auf dieser Basis über prioritäre Projekte entschieden wird. Aktuell sind das die Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz, die Landtagswahlkämpfe in Ostdeutschland und deranstehende Bundesparteitag zur inhaltlichen und organisatorischen Erneuerung. Die Entscheidungen, die im „strategischen Zentrum“getroffen werden, sollen auf Basis der Kompetenz von allen Abteilungen im Haus gefällt werden, für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter transparent sein und so Orientierung geben. 

Wie hilft das der Parteibasis, den Mitgliedern, den Ortsvereinen?

Wir haben mit der Neuaufstellung die Chance, besser zu verstehen, was in der Partei passiert, was die Genossinnen und Genossen vor Ort umtreibt und wo sie unsere Unterstützung brauchen. Dazu wollen wir eine Dienstleistungszentrale aufbauen, als erste Anlaufstelle für Gliederungen, damit wir Dienstleistungen passgenauer auf ihre Bedürfnisse ausrichten können. Konzepte sollen nicht in einer kleinen Gruppe am grünen Tisch entwickelt werden, sondern immer im Austausch mit den Bezirken und Landesverbänden, damit sie den Lebens- und Parteirealitäten unserer Mitglieder vor Ort entsprechen.

„Habe den Eindruck, dass die Motivation da ist“

Während „#unsereSPD – die Tour“ kam die Idee auf, das Willy-Brandt-Haus zu verkaufen. Spielt diese Überlegung für die Änderung der Strukturen eine Rolle?

Ich gebe zu, das Willy-Brandt-Haus ist von den räumlichen Gegebenheiten manchmal für modernes Arbeiten ein bisschen schwierig. Deswegen werden wir im Haus umbauen und haben schon einige Räume geschaffen, in denen wir besser an Projektenarbeiten können. 

Was bedeutet der Umbau eigentlich konkret für die Mitarbeiter im Willy-Brandt-Haus?

Wir haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unsere Pläne eng eingebunden. Sie wissen ja am besten, wo es hakt und was besser gemacht werden kann. Wir wollen uns gemeinsam weiterentwickeln und ich habe den Eindruck, dass die Motivation dafür da ist. Auch wenn es natürlich auch Bedenken gibt, wie immer bei Veränderungen. Damit alle in die neuen Strukturen reinwachsen können, werden wir natürlich Schulungen und Weiterbildungen anbieten, wenn sich Aufgaben verändern oder neue Aufgaben übernommen werden. 

Nach dem Beschluss heute im Präsidium: Wann soll es denn losgehen mit dem Umbau?

Wir haben heute die Struktur zunächst den Mitarbeitern vorgestellt. Jetzt werden weitere Details erarbeitet und eine Umsetzungsplanung erstellt. Im kommenden Jahr werden wir die neuen Strukturen in Kraft setzen und innerhalb der nächsten drei Jahre soll dann jede Person im Haus an der richtigen Stelle sitzen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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