So kommt die SPD-Basis direkt mit der Parteiführung ins Gespräch
Katarina Barley wirkt entspannt, obwohl die Luft in dem kleinen Raum im Willy-Brandt-Haus an diesem späten Juni-Nachmittag zum Schneiden ist. Die SPD-Generalsekretärin sitzt vor einem Laptop am Tisch. Links und rechts haben einige Mitarbeiter Platz genommen. Sie sollen Antworten geben, falls die Fragen zu fachspezifisch werden. Die Fragen kommen aus einem Lautsprecher in der Mitte des Tischs – eigentlich aber von Ortsvereinsvorsitzenden aus der gesamten Republik.
Fragen vom heimischen Sofa
„Viele Menschen, die zu uns an den Infostand kommen, drängen uns, in die Opposition zu gehen. Wie sollen wir damit umgehen?“, will ein Vorsitzender aus München wissen. „Wie kann ich die Mitglieder motivieren, wieder zu den Ortsvereinssitzungen zu kommen?“, fragt eine andere. Welche Rolle die Bürgerversicherung im Bundestagswahlkampf spielen wird, will ein dritter wissen.
Die Frager sitzen auf ihrem Sofa oder am heimischen Küchentisch in München, Karlsruhe oder Bonn. Per Videosoftware sind sie mit Katarina Barley verbunden. Wer eine Frage stellen möchte, klickt auf eine grüne Hand und wird in den Raum im Willy-Brandt-Haus geschaltet. Fragen können aber auch schriftlich im Chat gestellt werden. Eine Mitarbeiterin liest sie vor und Katarina Barley beantwortet sie mündlich. Über die Software können sie die Ortsvereinsvorsitzenden hören.
Die Basis mit der Parteiführung im Gespräch
„Wir wollen nicht um jeden Preis regieren“, antwortet sie etwa nach München, „aber auch nicht auf keinen Fall“. Im übrigen habe die SPD in der großen Koalition sehr viel sozialdemokratische Politik umgesetzt und bis zur Bundestagswahl im kommenden Jahr noch einiges vor. „Die Bürgerversicherung ist ein klares Gerechtigkeitsthema.“ Sie werde im Bundestagswahlkampf eine zentrale Rolle spielen.
Das virtuelle Treffen der Generalsekretärin mit gut hundert Ortsvereinsvorsitzenden ist die zweite Veranstaltung dieser Art. Einige Wochen zuvor hat Barley auf diesem Weg bereits mit Neumitgliedern diskutiert. Es ist erst der Anfang. Unter der Überschrift „Klartext“ werden in den kommenden Monate auch die anderen Mitglieder der engen Parteiführung mit Mitgliedern oder lokalen Funktionären bei Online-Konferenzen diskutieren.
Das Ziel: Eine bessere Beteiligung der Basis
Das Ziel ist eine bessere Beteiligung der Basis an Projekten der Bundes-SPD – mit dem beginnenden Vorwahlkampf eine immer wichtigere Aufgabe. Die Meinung der Mitglieder soll gehört werden. Sie sollen mehr Einfluss auf Entscheidungen der Parteispitze bekommen. In der Konferenz mit Katarina Barley schlägt eine OV-Vorsitzende sogar vor, die Kampagne für die Bundestagswahl vorab in einer solchen Runde zu diskutieren.
An einer „Klartext“-Konferenz können 100 bis 150 Genossen teilnehmen. Bewerben kann man sich dafür nicht. Das Los entscheidet darüber, wer eingeladen wird. Im Topf sind allerdings nur die Mitglieder, die eine aktuelle E-Mail-Adresse in der SPD-Mitgliederverwaltung hinterlegt haben.
Katarina Barleys Treffen mit den Ortsvereinsvorsitzenden ist nach etwas mehr als einer Stunde vorbei. 17 konnten ihre Fragen loswerden. Die Generalsekretärin dankt allen für die Teilnahme und gibt ihnen noch etwas mit den Weg. „Das wichtigste für die Kampagnenfähigkeit der SPD seid ihr.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.