Parteileben

Schulz: Respekt vor den Lebensleistungen der Menschen

Auf der SPD-Arbeitnehmerkonferenz in Bielefeld hält Martin Schulz eine kämpferische Rede gegen den neoliberalen Mainstream. Er wirbt für mehr Mitbestimmung in den Betrieben und setzt dafür auf alte sozialdemokratische Tugenden.
von Vera Rosigkeit · 20. Februar 2017

Mit 750 Besuchern ist die Stadthalle Bielefeld mehr als gut gefüllt. Auf dem Podium der designierte SPD-Parteichef und Kanzlerkandidat Martin Schulz, von der Moderation angekündigt als „der, der die SPD gerade glücklich macht“. Auf der SPD-Arbeitnehmerkonferenz „Arbeit in Deutschland – Gestaltung der digitalen Arbeitswelt“ wirbt Schulz für sichere Arbeit und gute Löhne, für mehr Qualifizierung und mehr Mitbestimmung.

Gegen den neoliberalen Mainstream

Denn die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt habe sich seit den 1990er Jahren verändert, erklärt Schulz. Schlechte Arbeit habe zugenommen und es gelte dafür zu sorgen, dass sich diese Tendenz durch die Digitalisierung nicht verstärke. Das normale Arbeitsverhältnis stehe unter Druck, so Schulz. Steigende Ungleichheit sei Realität und führe zu mehr Unsicherheit. Diese Entwicklungen seien jedoch keine Naturgesetze. Sie seien Resultat eines neoliberalen Mainstreams, der die Vorzüge der Sozialen Marktwirtschaft als Wachstumshemmnisse sieht, betont der designierte SPD-Kanzlerkandidat.

Diese Sichtweise sei „ein folgenschwerer Fehler“, erklärt Schulz. „Wir haben diesen Fehler erkannt und wollen ihn korrigieren“, fügt er unter großem Applaus hinzu. Mit dem Recht auf Teilzeit, der Einführung des Mindestlohns und der Elternteilzeit  hätten die Ministerinnen Manuela Schwesig und Andrea Nahles bereits vieles erreicht. Diesen Weg wolle er weitergehen. Bisher scheiterten jedoch geplante Vorhaben am Widerstand der Union. Schulz wörtlich: „Das muss sich ändern!“

Mitbestimmung ist Zukunftsmodell

Gemeinsam mit den Gewerkschaften will Schulz für dauerhafte Arbeitsplätze kämpfen, die gut bezahlt sind. Auch mit Blick auf junge Menschen verspricht er, die Möglichkeit von sachgrundloser Befristung abzuschaffen. Die Digitalisierung gehe mit neuen Anforderungen einher. Damit würde auch die Schutzbedürfnisse der Arbeitnehmer steigen.

Außerdem gelte es mehr in Ausbildung und Qualifizierung zu investieren. „Weiterbildung wird zum Schlüsselthema für Beschäftigung“, ist Schulz überzeugt. Um Betriebsräte zu stärken, fordert er ein Initiativrecht für Weiterbildungen in den Unternehmen. Darüber hinaus kündigt er mehr Unterstützung für die Betriebsratsarbeit an. Schulz: „Mitbestimmung ist ein Zukunftsmodell.“ Die Störung von Betriebsratsarbeit sei kein „Kavaliersdelikt“.

Schulz setzt auf Allianz mit den Gewerkschaften

Es ist eine kämpferische Rede, die Martin Schulz am Montag in Westfalen hält. „Es geht um den Respekt vor der Lebensleistungen der Menschen in unserem Land“, sagt er.

Ganz deutlich grenzt er sich dabei vom Koalitionspartner CDU/CSU ab und erteilt dem Versprechen nach Steuergeschenken eine klare Absage. Stattdessen wolle er die Staatsüberschüsse in gebührenfreie Bildung und in die Pflege investieren. Es seien vor allem die Familien, die gleichzeitig Kinder und Eltern betreuen und berufstätig seien, die Unterstützung brauchten, sagt Schulz. Das „ist ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit in unserem Land“.

Auch um Unterstützung wirbt Schulz. Es seien eine große Aufgabe und viel Arbeit, „die vor uns liegen“. Beides sei nur gemeinsam zu bewältigen. In der Allianz mit den Gewerkschaften vertrete die SPD die arbeitenden Menschen in diesem Land. Ihr Ziel: eine menschliche Gesellschaft. Schulz ist sicher: „Die alte sozialdemokratische Tugend der Gemeinsamkeit, dass Einigkeit stark macht, ist das modernste Politikangebot, das es in diesem Land gibt.“

Autor*in
Avatar
Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare