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Scholz auf dem Nockherberg: Wie der Kanzler die BayernSPD unterstützt

Beim Bürgerdialog auf dem Münchner Nockherberg wirbt Bundeskanzler Olaf Scholz für Florian von Brunn und die bayerische SPD. Dieser will mit Fachwissen und Engagement statt populistischer Parolen punkten.
von Jonas Jordan · 24. August 2023
Biertheke statt Bühne: Bundeskanzler Olaf Scholz beim Bürgerdialog auf dem Münchner Nockherberg.
Biertheke statt Bühne: Bundeskanzler Olaf Scholz beim Bürgerdialog auf dem Münchner Nockherberg.

Nockherberg und Politik – diese Kombination steht in Bayern normalerweise für den traditionellen Starkbieranstich im Paulaner-Brauhaus in München, bei dem den anwesenden Politiker*innen auf kabarettistische Art die Leviten gelesen werden. Bei hochsommerlichen Temperaturen von 32 Grad draußen und gefühlten 60 Grad im unklimatisierten Saal wäre Starkbier wohl eher gesundheitsgefährdend. Daher sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auch gleich zu Beginn: „Ich kann Sie beruhigen. Es wid heute weder ein Singspiel noch eine Fastenpredigt geben. Es soll um Sie gehen!“

In den Farben des Freistaats

Gemeint sind Vertreter*innen von Verbänden, Gewerkschaften und Vereinen, aber auch Bürger*innen, die sich für diese Veranstaltung am Donnerstagnachmittag auf dem Münchner Nockherberg bewerben konnten, die wahlweise als Bürgerdialog oder neudeutsch als „Townhall-Meeting“ der bayerischen SPD mit Bundeskanzler Olaf Scholz und ihrem Spitzenkandidaten Florian von Brunn. Beide kommen in den Farben des Freistaats in den Saal gelaufen: weißes Hemd, dunkelblaue Hose, kein Sakko, wäre wohl auch zu warm.

Scholz bleibt sich treu, sagt weder „Grüß Gott“ noch „Servus“, sondern „Guten Tag! Freue mich, hier zu sein. Grüß' euch!“ Er spricht zunächst über den Krieg in der Ukraine und die notwendige Modernisierung des Landes. „Wir werden beides hinkriegen“, verspricht er und meint gute Arbeitsplätze einerseits und den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft andererseits. Das passt zu dem, was die bayerische SPD verspricht: „Bezahlbares Bayern für alle“ prangt auf Schildern an zwei kupferfarbenen Braukesseln hinter einer Biertheke, vor der Scholz und von Brunn sprechen.

Mehr Engagement fürs Bauen

Beide sind keine populistischen Marktschreier – anders als andere Politiker in Bayern. „Machen statt södern“ lautet daher auch der Slogan, mit dem die SPD und von Brunn in den Wahlkampf ziehen. Der Spitzenkandidat ist einer, der genau zuhört und mit viel Fachwissen antwortet. Bis zu 70 Prozent des Wärmebedarfs in Deutschland könne langfristig mit Geothermie gedeckt werden, habe das Fraunhofer-Institut errechnet, referiert er. Derzeit würden zur Förderung von Projekten in diesem Bereich nur sieben bis neun Millionen Euro pro Jahr im Landeshaushalt zur Verfügung gestellt. Das sei zu wenig.

Beiden liegt das Thema Wohnungsbau sichtlich am Herzen. Scholz fordert mehr Anstrengungen. Denn die Zinsen seien zwar gestiegen, aber auf einem moderaten Niveau. Zum Vergleich führt er an: Im Jahr 1972 seien in der Bundesrepublik 700.000 Wohnungen bei einem Zinssatz von 9 Prozent gebaut worden. von Brunn kritisiert vor allem die Untätigkeit der Landesebene. 2018 hatte Ministerpräsident Söder angekündigt, mit einer neu gegründeten Wohnungsbaugesellschaft bis 2025 10.000 sozial geförderte Wohnungen bauen zu wollen. Tatsächlich werden es bis Ende 2024 maximal 682 Wohnungen sein – fehlen 93 Prozent.

Kanzler unterstützt dreimal im Wahlkampf

Der Auftritt in München ist für Florian von Brunn ein Heimspiel. In der inzwischen mehr als 1,5 Millionen Einwohner*innen zählenden Landeshauptstadt ist er geboren und aufgewachsen. Hier lebt er immer noch im Stadtteil Sendling und kennt die lokalen Probleme wie etwa das „Sendlinger Loch“, eine vor drei Jahren ausgehobene Baugrube, bei der genauso lange schon nichts passiert. Deswegen fordert von Brunn: „Ich möchte, dass gebaut und nicht spekuliert wird.“ Er verspricht, in Regierungsverantwortung eine Baulandsteuer einführen zu wollen.

Im Wahlkampf setzt von Brunn bewusst auf den Schulterschluss mit dem Kanzler. Schon eine Woche zuvor sprach Scholz zum Wahlkampfauftakt auf dem Marienplatz in München, ein dritter Auftritt des Kanzlers ist in Nürnberg geplant. Die beiden sind sich in vielen Themen einig, Unterschiede gibt es nur bei der Frage, ob die gesenkte Mehrwertsteuer für die Gastronomie verlängert werden soll. Scholz gibt sich bedeckt: „Der Bundestag muss schauen, ob er Geld hat oder nicht.“ von Brunn sagt hingegen: „Ich werde weiter werben, dass das verlängert wird, lieber Olaf! Denn wir gehen einfach gerne in die Wirtschaft, und dann zu bezahlbaren Preisen.“

von Brunn: „Mit einer starken Kampagne auf der Straße“

Der bayerische Spitzenkandidat wehrt sich auch gegen den Vorwurf, die SPD sei im Freistaat zu wenig präsent. „Ich finde, dass wir ziemlich viel machen. Wir sind mit einer starken Kampagne auf der Straße“, sagt von Brunn und fügt an: „Es ist schön, wenn Menschen sagen, sie wollen mehr von der BayernSPD hören. Das werden sie in den kommenden Wochen.“ Zum Schluss gibt's dann noch eine versteckte Wahlempfehlung des Kanzlers. Als eine junge Frau, Vorsitzende der Jugendauszubildendenvertretung in einem Unternehmen, wissen will, wie auch in Bayern Bildungsurlaub eingeführt werden könne, lächelt Scholz verschmitzt und sagt: „Ja, das kann man durch Wahlen lösen.“ 

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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