Anke Rehlinger hält zwei saarländische Leichtathletik-Rekorde. Jetzt nimmt sie Anlauf für ihr drittes Landtagsmandat. Die Sozialdemokratin setzt auf Sieg. Das Saarland wählt am 25. März.
Langsam und mit einem dumpfen Krachen stürzt der Baum. Seine Krone wippt auf dem Waldboden nach, wirbelt Schnee auf und lässt die Erde erzittern. Dann breitet sich Stille aus an der deutsch-französischen Grenze. Als nächstes schallt das kernige Lachen von Anke Rehlinger durch die Luft. Die junge Politikerin steht auf einem Weg unweit des Einschlags. Mit einer Gruppe von Forstarbeitern diskutiert sie über verschiedene Aspekte der forstwirtschaftlichen Infrastruktur und den Arbeitsschutz. Eine lockere Atmosphäre trotz der Minusgrade. Dann zielt sie auf einen sensiblen Punkt: Wildfraß und seine ökonomischen Schäden. Seit Jahren schwelt im Saarland ein Konflikt zwischen Förstern und Jägern, wie viel Wild geschossen werden soll. Zunächst einmal, so Rehlinger, sei es wichtig, dass beide Gruppen wieder in ein konstruktives Gespräch fänden. Man müsse endlich weg von der Politik der Jamaika-Koalition. Dass die Koalitionspartner zu keiner einheitlichen Position fänden, fache den Konflikt zusätzlich an. Zustimmendes Nicken bei den Männern vom Forstamt.
Die Umweltpolitik ist für sie eine „absolute Zukunftsfrage“
Der Wald bei Merzig gehört zu Anke Rehlingers Heimat. Er liegt im SPD-Kreisverband Merzig-Wadern, dem sie seit 2006 vorsteht. Und er ist Teil ihrer Arbeit im saarländischen Landtag. Dort sitzt die 35-Jährige im Ausschuss für Umwelt, Energie und Verkehr. Für Energie- und Umweltpolitik ist sie zudem Sprecherin der Fraktion, ebenso wie für die Bereiche Justiz- und Rechtspolitik. „Ich bin sehr zufrieden mit diesen Themen. Alleine schon, weil ich vom Land komme: Da liegt das Thema Umweltschutz doch nahe.“ Wieder ihr Lachen – die Augen funkeln vergnügt. Doch Ton und Gesicht werden schnell wieder ernst, wenn sie über die Herausforderungen im Saarland spricht. „Die Energiepolitik und damit auch die Umwelt sind für das Saarland absolute Zukunftsfragen.“ Zum Beispiel, sprudelt es aus ihr heraus, gebe es die sehr spannende Idee, stillgelegte Bergbauminen als unterirdische Pumpspeicherwerke zu nutzen. So könne in der Zukunft etwa überschüssige Energie aus Solaranlagen zwischengespeichert werden. Diese Technik ist noch Zukunftsmusik. Das „Machbare“ zu tun und das „Wünschenswerte“ nicht aus den Augen zu verlieren, sei dabei Richtschnur. Das „Machbare“ schließt für die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Visionäres mit ein.
Seit 2004 sitzt die Mutter eines dreijährigen Sohnes im Landtag. Sie leitete einen Untersuchungsausschuss und ist heute Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Kultur und Medien. Anke Rehlinger geht von ihrem Büro in den Landtag: Ein „Hallo“ hier, ein Nicken da. Dann ein süffisanter Kommentar: „Da klettert gerade ein ehemaliger Minister aus seinem Auto. Der hätte sich bestimmt auch nicht gedacht, dass die Koalition so schnell platzt.“ Plötzlich kreuzt Oskar Lafontaine ihren Weg und grüßt: „Hallo, Frau Minister!“ Keine Regung auf ihrem Gesicht, nur ein höfliches „Hallo“ zurück. Sollte diese Karriere-Anspielung ihr geschmeichelt haben, verbirgt sie es bestens. „Ach was, wir müssen jetzt erst mal die Wahl gewinnen“, antwortet sie auf die Frage, ob diese Anrede einen wahren Kern habe.
Manchmal profitiere sie von der Disziplin, die sie sich während ihrer aktiven Sportlerlaufbahn antrainiert hat. Schließlich gebe es Parallelen zwischen politischem und sportlichem Wettkampf: „Du musst voll auf den Punkt da sein, dich konzentrieren, den Druck aushalten.“ Bis zum Ende ihres Jura-Studiums im Jahr 2000 hat Rehlinger aktiv Leichtathletik getrieben. Zu Beginn Mehrkampf, später dann vor allem Wurfdisziplinen. Bis zur Landesmeisterin schaffte sie es. Noch immer hält sie den saarländischen Rekord im Kugelstoßen und den Jugendrekord des Landes im Diskuswerfen. 16,03 Meter weit flog die Kugel, der Diskus 49,18 Meter. Ihre Ergebnisse hat sie im Kopf. Doch das intensive Training war zu zeitaufwändig. Sie hat sich für ihr Referendariat und die Politik entschieden. Sport, so ihr Fazit, sei gut für die eigene Persönlichkeit, helfe, Erfolge und Misserfolge durchzustehen.
„Ich habe Spaß am Fahren“
Sportlich gestalten sich auch ihre Autofahrten: Der PS-starke Motor ihrer Limousine ist bei 160 km/h keineswegs ausgereizt. Ganz zur Freude der Fahrerin, die keinen Widerspruch zwischen ihren umweltpolitischen Zielen und der eigenen Fahrweise sieht. „Ich habe Spaß am Fahren.“ Man dürfe nicht immer alles so dogmatisch sehen. Rehlingers Faible für Technik endet nicht beim Automobil: „Die Photovoltaikanlage auf unserem Haus liefert 19 Kilowattstunden, und wir haben eine moderne Holzpelletheizung.“ Weil es ein Umbau war, sei es aber nur ein Niedrigenergiehaus und kein Passivhaus geworden. „Und die Arzt-Praxis meines Mannes hat eine Auszeichnung für ökologisches Bauen erhalten. Das alles ist uns wichtig.“ Die Tachonadel schnellt weiter nach oben.
Auf ihren Autobahnfahrten in Richtung Landtag bleibt Zeit, um über die bevorstehende Wahl nachzudenken. Der Wahlkampf bleibe weiterhin hart. Erst habe man in Windeseile die Listen zusammenstellen müssen, parallel dazu das Wahlprogramm entworfen. Nun gelte es, die Wählerinnen und Wähler von der SPD zu überzeugen. Anke Rehlinger springt aus ihrem Wagen und eilt in die Parteizentrale, wo auch die KAMPA untergebracht ist: „Es ist wirklich eine beeindruckende Leistung aller Beteiligten, einen Wahlkampf in dieser kurzen Zeit aus dem Boden zu stampfen.“ Anke Rehlinger wird ihn auf ihre Weise führen: Das Machbare im Blick und das Wünschenswerte im Sinn.