Parteileben

Reinhold Wetjen: Was der neue Vorsitzende mit der SPD in Bremen plant

Reinhold Wetjen ist neuer Vorsitzender der SPD in Bremen. Auf dem Landesparteitag wurde er am Samstag mit 80,7 Prozent gewählt. „Mein Fokus liegt auf der Öffnung der Partei auch für Nichtmitglieder“, sagt er im Interview.
von Jonas Jordan · 10. Juni 2021
Reinhold Wetjen ist der neue Vorsitzende der Bremer SPD.
Reinhold Wetjen ist der neue Vorsitzende der Bremer SPD.

Sie übernehmen den Vorsitz der SPD Bremen von Sascha Aulepp. Wie kam es dazu?

Nachdem unsere starke Senatorin für Bildung und Kinder, Claudia Bogedan, nach fast sechs Jahren ihr Amt aufgeben will, wurde die jetzige Landesvorsitzende Sascha Aulepp am Samstag auf dem Landesparteitag als Nachfolgerin gewählt. Somit war klar, dass der Landesvorsitz vakant werden würde. Der Vorstand des SPD Unterbezirks Bremen-Stadt hat mich einstimmig nominiert. Ich habe diese Herausforderung mit großem Respekt und großer Freude angenommen.

Was treibt Sie in Ihrer politischen Arbeit an?

Eigentlich nur ein Thema: Chancengerechtigkeit. Ich bin Vater zweier Töchter, die über ihre Zukunftspläne sprechen, Opa zweier Enkelinnen, die gerne mit mir spielen, deren Zukunftspläne allerdings sehr kurzfristiger Natur sind: „Was machen wir gleich? Gehen wir noch zu ...?“

Deshalb engagiere ich mich, damit sie – wie alle anderen Menschen – auch in 50 Jahren noch  selbstbestimmt in einem demokratischen Land leben. Das heißt für mich: vor allem Klimawandel stoppen, beherzt Armut bekämpfen, gleiche Bildungschancen für alle, gleiche Chancen in allen Stadtteilen im Land.

Ich will eine bunte, solidarische Gesellschaft, deshalb Rote Karte für Verschwörungserzähler*innen und rechte Demagog*innen.

Sie sind 68 Jahre alt und haben kein aktives politisches Mandat inne, ähnlich wie der SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans. Gibt es weitere Parallelen?

Das Alter spielt keine Rolle, auch wenn es auch eine Parallele ist. Gemeinsam haben wir ein Herz, das links schlägt, den Willen zur Integration, die Lust, teamorientiert zu führen, und den Mut, Neues anzupacken. So sehe ich jedenfalls Norbert Walter-Borjans. Ich finde, er macht seinen Job für die SPD hervorragend, auch inhaltlich. Da stehe ich allerdings erst am Anfang.

Wie geht es der Bremer SPD?

Durch das hervorragende Management der Corona-Pandemie mit guten Impferfolgen, guter Steuerung der Kitas und Schulen durch die Krise, haben wir Rückenwind. Die Bevölkerung traut der SPD-geführten Koalitionsregierung zu, die großen Herausforderungen Schule und Kita, soziale Ungleichheit und Armut, Wirtschaft und Arbeit, Gesundheit und Pflege, Sicherheit und Kriminalität, Wohnungsbau und Mieten zu meistern.

Die SPD ist die beliebteste Partei und die SPD-geführte Koalitionsregierung hat ordentliche Arbeit gemacht. Der Bürgermeister Andreas Bovenschulte hat herausragende Sympathiewerte.

Soweit so gut. Trotzdem stehen Bremen und Bremerhaven vor sehr großen Herausforderungen: weiterer Ausbau von Kitas und Schulen, großer Sanierungsbedarf, klimagerechter Umbau nicht nur der guten industriellen Basis im Land. Kurz: Wir müssen weiter hart arbeiten, gemeinsam mit den Menschen in Bremen und Bremerhaven.

Und nicht zuletzt: Unsere Genoss*innen sind hochmotiviert und wollen „kämpfen“, das sieht man schon an den Aktivitäten des beginnenden Bundestagswahlkampfes.

Gibt es etwas, das Sie anders machen wollen als Ihre Vorgängerin?

Wir kommen politisch aus dem gleichen Stall. Mein Fokus liegt auf der Öffnung der Partei auch für Nichtmitglieder. Wir brauchen den Diskurs mit den Menschen im Stadtteil, mit den Gewerkschaften, den Wohlfahrtsverbänden, den Kirchen und vielen anderen gesellschaftlichen Gruppen.

Seit etwa zwei Jahren regiert in Bremen eine rot-grün-rote Koalition. Könnte das auch ein Modell für die künftige Bundesregierung sein?

Meine Einschätzung: Die drei Partner haben sich zusammengerauft. Trotz der erschwerten Bedingungen durch die Pandemie, die dazu führt, dass Projekte in die Zukunft geschoben werden müssen, gibt es einen gemeinsamen Willen zur Gestaltung und Weiterentwicklung der beiden Städte. Den gemeinsamen Gestaltungswillen kann ich auch auf Bundesebene bei Grün und Schwarz nicht erkennen. Rot-Grün-Rot passt auch für die Bundesregierung und bietet die Chance, notwendige große Veränderungen – allein wenn wir an den Klimaschutz denken – mit der Bevölkerung sozial zu gestalten.

Welches sind die wichtigsten Bremer Themen für die Bundestagswahl?

Thema Nummer eins sind unsere Kinder: Kitas und Schulen. Wie auch bei anderen Themen, spielt der finanzielle Spielraum der Kommunen in Deutschland eine große Rolle.

Was sollten die „vorwärts“-Leser*innen sonst noch über Reinhold Wetjen wissen?

Ich bin ein Familienmensch, brauche ihre Nähe und ihre Anregungen, die meiner Frau, meiner Töchter und meiner Enkelinnen. Sie geben mir die Kraft, mich tatkräftig und zeitintensiv für eine solidarische Gesellschaft einzusetzen.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

0 Kommentare
Noch keine Kommentare