Da ist einer, der nicht aufgeben will. Der unzufrieden ist, aber Ansporn geben will. Der auch bereits ausgetretene Genossen ansprechen will. Armin Fengler: "Alles, was ich hier schreibe, soll
erst mal ein Anstoß für Mitglieder der SPD sein, der Partei, der sie noch angehören, wie ich auch, wieder zur alten Stärke und zu altem Selbstbewusstsein zu verhelfen." Das alles ist verbunden
mit einer klaren Aufforderung, "wählen gehen, rein in die Parteien, von denen man glaubt, dort die meisten Schnittpunkte zu haben und Meinung deutlich machen." Verantwortung übernehmen, nicht
abseits stehen, diese Idee zieht sich durch das Buch. Deshalb auch die klare Absage an Oskar Lafontaine: Der "formuliert Thesen zu Lösungen, an denen er sich später bei einer evtl. Verantwortung
sicher nicht mehr beteiligt."
Nun also, vorwärts Genossen
Armin Fenglers Vorschläge decken sich mit weit verbreiteten Wünschen: "Wir brauchen Menschen, die Erfahrungen aus allen Lebensbereichen mitbringen, nicht nur solche, die sich aus sozialem
Empfinden rein theoretisch Verbesserungen oder auch nur Veränderungen in unserer Gesellschaft vorstellen können." Er plädiert für eine "langzeitige gemeinsame Ausbildung der Kinder". Er will,
dass Elternzeit ausgebaut wird, und fordert eine bessere Qualitätskontrolle im Gesundheitswesen. Alles SPD-Positionen.
Kernpunkt, und durchaus diskussionswürdig, ist der Hebel, mit dem Fengler das durchsetzen möchte: die Veränderung des Wahlrechts. Ein Mehrheitswahlrecht, soll es sein, damit klar sei, wen
oder was man wähle. Wahlversprechen und ihre Umsetzung seien dann für jedermann sofort erkennbar. Er geht aber noch weiter und wünscht "ein Parlament, dessen gewählte Abgeordnete nur ihren
Wählern verpflichtet sein sollen."
Sehr langer Leserbrief
Das allerdings widerspricht dem freien Mandat, wie es in Artikel 38 Absatz. 1 des Grundgesetzes geregelt ist. Ein weiteres Problem seines Vorschlags: Wenn jeder Abgeordnete nur seinen
Wählern verpflichtet ist, wird es schwierig, im Bundestag zu Entscheidungen zu kommen. Denn Entscheidungen erfordern Kompromisse. Wenn die jeder Abgeordnete von "seinen" Wählern absegnen lassen
muss, droht dem Parlament Handlungsunfähigkeit.
Aus allem spricht zweierlei: Der Wunsch, sich zu engagieren und dabei zu helfen, dass wir in Deutschland besser leben können. Auf der anderen Seite ist eine große Distanz zur etablierten
Politik überdeutlich, die nicht mehr als das empfunden wird, was sie sein sollte: Vertretung der Menschen im Land und nicht ihrer Lobbygruppen. Etwas das zu denken geben sollte. Allerdings kommt
das Buch auch daher wie ein sehr, sehr langer Leserbrief. Ein wenig ermüdend also, trotz der großen Schrift.
Susanne Dohrn
Armin Fengler, vorwärts, Genossen. Was die SPD tun muss, 280 Seiten, 12,90 Euro, (Books on Demand) ISBN: 978-3-8391-0728-7
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