Parteien leben von Engagement ihrer Mitglieder und auch von den politischen Diskussionen die entstehen, wenn sie unterschiedliche Strömungen innerhalb ihrer reiben. Eine dieser Strömungen, die die Positionen der SPD-Bundestagsfraktion mitprägt, ist das Netzwerk Berlin. Am Wochenende beging die Gruppe mit einer Jubiläumstagung ihr 15-jähriges Bestehen.
Die Tagung in Bad Münstereifel muss eine legendäre gewesen sein. Eva Högl, Bundestagsabgeordnete und Sprecherin des Netzwerks Berlin, nickt heftig als Sigmar Gabriel an sie erinnert. „Die Tagung in Bad Münstereifel hat eure besonderen Eigenschaften gezeigt“, lobte der Parteivorsitzende. „Ihr habt für eine sehr offene Grundsatzdebatte gesorgt, die letztlich auch zum Hamburger Programm führte.“
Es ging um nicht weniger als um eine Neuausrichtung und Reformierung des SPD-Programms während dieser Tagung im Oktober 2003 in Bad Münstereifel. Die war das ehrgeizige Ziel der jungen und pragmatisch orientierten Netzwerker, die sich damals vor allem aus Nachwuchskräften der SPD – wie Hubertus Heil , dem frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt Hans Martin Bury und der ehemaligen Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Nina Hauer, speisten.
Perspektive 2017+
Auch 15 Jahre später ist es immer noch der Wunsch nach Veränderung und der Blick in die Zukunft, der die Diskussionen innerhalb des Netzwerks bestimmt. „Perspektive 2017+“ ist die Zielmarke, um die sich die Debatten auf der Jubiläumstagung in Berlin am 27. und 28. Juni drehen. Erreicht werden soll die mit einer Politik, die sich zwischen den Bundestagsabgeordneten der Parlamentarischen Linken (PL) und dem konservativen Seeheimer Kreises verortet und unter den Vorzeichen der Netzwerker: „Nachhaltig. Progressiv .Gerecht.“ steht.
Wie damals 2003 hat man wieder befreundetet Wissenschaftler und Autoren eingeladen, um über eine sozialdemokratische Politik, die Erwartungen an sie und die Notwendigkeit ihrer Modernisierung zu diskutieren. Dabei wird deutlich: Um die Perspektive „2017 +“ zu erfüllen, benötigt die Sozialdemokratie vor allem eines, nämlich Zutrauen.
Darin sind sich bereits die Teilnehmer der Eröffnungsdiskussion am Freitagnachmittag einig: Schriftsteller Robert Misik, Historiker Paul Nolte und Wirtschaftswissenschaftler Henrik Enderlein plädieren, auf ihren Disziplinen basierend, für unterschiedliche Herangehensweisen um die Zielmarke „2017+“ zu erreichen.
Für mehr Zutrauen ins eigene Handeln
Für Enderlein braucht die Sozialdemokratie es neben dem konkreten Projekt einer großen Bildungsoffensive, ein „Mehr“ an politischer Bewertung und eine wirkliche Debatte über die Macht von Markt und Staat. Misik rät der Sozialdemokratie hingegen zu lernen „Enttäuschungen zu managen“ und sich am Prinzip des Gemeinwesens und der Solidarität zu orientierten – selbst wenn jenes Gemeinwesen das nicht mit Stimmgewinn honoriere.
Selbstbewusstsein und Zutrauen ins eigene Handelns fordert auch Sigmar Gabriel von seiner Partei – und demonstriert jenes zugleich: „Die Aufgabe linker Politik sei es Bedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, dass jedes Leben gelingen kann. „Wenn wir links so verstehen, dann müssen wir uns nicht links öffnen, sondern andere müssen dafür sorgen, das sie bei uns andocken können.“
Die aktuelle große Koalition sei auch eine Chance für die Sozialdemokratie, wirbt Gabriel optimistisch. „Wir können in der Regierungsarbeit beweisen, dass unsere Lösungen auch funktionieren und diese Regierung wird von der Sozialdemokratie geprägt. “ Es bedarf nicht zuviel Optimismus um dieses Vorangehen als gutes Vorzeichen für „2017+“ zu deuten.