Parteileben

Ralf Stegner: „Weitere Verschleppungsmanöver der Union können wir nicht dulden“

Mit einem Arbeitsplan für die große Koalition will die SPD den Druck auf CDU und CSU erhöhen, künftig besser zu regieren. Im Interview mit vorwärts.de drängt SPD-Vize Ralf Stegner zur Eile. Wenn sich nicht schnell etwas ändert „wird diese Regierung keinen Bestand haben“.
von Kai Doering · 30. Oktober 2018
Ralf Stegner: Wir dürfen nicht auf den Sankt Nimmerleinstag warten.
Ralf Stegner: Wir dürfen nicht auf den Sankt Nimmerleinstag warten.

Als Reaktion auf die verlorene Landtagswahl in Hessen hat SPD-Chefin Andrea Nahles am Montag im Parteivorstand einen Arbeitsplan für die große Koalition bis zur Hälfte der Legislatur vorgestellt. Was soll damit erreicht werden?

Wir haben festgestellt, dass wir in Hessen zwar einen hervorragenden Wahlkampf mit klaren Inhalten und einem tollen Spitzenkandidaten geführt haben, die Wählerinnen und Wähler uns aber einen Denkzettel für das miserable Erscheinungsbild der Groko in Berlin gegeben haben. Wenn sich daran nicht drastisch und rasch etwas ändert, wird diese Regierung keinen Bestand haben. Die SPD muss deshalb jetzt zwei Dinge tun: Sie muss zum einen dem Koalitionspartner klarmachen, dass wir schnell eine andere Art der Zusammenarbeit brauchen. Damit können wir nicht bis zur von uns eingeforderten Revisionsklausel im Frühjahr 2020 warten. Vielmehr müssen wir der Union jetzt unmissverständlich deutlich machen, dass der Koalitionsvertrag konsequent und ohne Wenn und Aber umgesetzt werden muss. Zum Zweiten müssen wir klarmachen, dass es keine weiteren groben Fouls der Union geben darf, sonst ist das Spiel zu Ende. Weitere Sommertheater oder Verschleppungsmanöver der Union können wir nicht dulden.

Gleichzeitig wird die Stimmung in der SPD von Wahl zu Wahl schlechter, der Ruf nach einem Ende der großen Koalition lauter.

Klar ist, dass die SPD solche Wahlniederlagen wie jüngst in Bayern und jetzt in Hessen nicht auf Dauer aushält. Auch Umfragewerte von 15 Prozent kratzen erheblich an der Moral der Mitglieder, die mit Häme überschüttet oder verbal angegriffen werden. Deshalb müssen wir unseren Mitgliedern, aber auch den Wählern zeigen, dass wir die Partei der Hoffnung sind; dass wir auf Dinge setzen, die nur mit uns zu haben sind und für die es sich lohnt, uns zu wählen. Umgekehrt müssen wir dann aber auch dafür einstehen, dass wir die Dinge, die wir versprechen, auch umsetzen und nicht alle drei Wochen unsere Meinung ändern. Nur wenn wir diese Haltung ausstrahlen, kommt die Hoffnung zurück.

Welche Frist setzt sich die SPD, bis Veränderungen sichtbar sein müssen?

Bis zur Jahresauftaktklausur das SPD-Parteivorstands Anfang Februar kommenden Jahres müssen spürbare Veränderungen eingetreten sein.

Wie will die SPD verhindern, dass sie wie in der vergangenen großen Koalition Vorhaben für Vorhaben umsetzt, das aber nicht vom Wähler honoriert wird?

Zu glauben, gutes Regieren alleine reicht, wäre ein Fehler. Wir müssen uns auf uns konzentrieren und nicht auf die anderen Parteien. Wen die CDU als Vorsitzenden aufstellt, braucht uns nicht zu interessieren. Wir müssen eigene Vorschläge machen, an denen sich die anderen abarbeiten. Die SPD sollte zeigen, dass sie nicht müde geworden ist, sondern dass Power in ihr steckt. Dabei sind übrigens alle gefragt, nicht nur der Vorstand oder gar die Vorsitzende.

Andrea Nahles steht trotzdem im Fokus. Eine Gruppe um die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange fordert ihren Rücktritt und einen Sonderparteitag über den Verbleib der SPD in der großen Koalition. Wie bewerten Sie das?

Von diesen Forderungen halte ich gar nichts. Ventile zu öffnen, um seinen Unmut zu äußern, ist das eine. Aber man muss auch die Konsequenzen seines Handels bedenken. Wir wollen nicht regieren um jeden Preis, aber die Mitglieder haben uns Anfang des Jahres einen Auftrag gegeben und der ist bei weitem noch nicht abgearbeitet. Klar ist aber: Da wir mit dem Koalitionsvertrag um die Zustimmung der Mitglieder geworben haben, ist es unsere Pflicht, für dessen konsequente Umsetzung zu sorgen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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