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#R2G: Wie sich die SPD auf Rot-Rot-Grün vorbereiten kann

Der SPD-Politiker Ralf Stegner gehört zum linken Flügel der Partei – und redet gerne Klartext. Bei einem rot-rot-grünen Abend in Berlin tat er genau das: Für eine Mehrheit diesseits der Union müsse die SPD noch einiges an Arbeit leisten, sagt er.
von Paul Starzmann · 1. Dezember 2016
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Das Thema „Rot-Rot-Grün“ – Insider sagen: R2G – ist heutzutage in aller Munde: SPD-Generalsekretärin Katarina Barley wäre dafür zu haben, die Jusos sowieso und selbst ehemalige Skeptiker in der SPD denken inzwischen laut über eine gemeinsame Bundesregierung mit Linken und Grünen nach. Die ewige Kanzlerin Merkel, die Folgen des Neoliberalismus, der weltweite Aufstieg der Rechtspopulisten – eine linke Alternative scheint für viele einfach notwendiger als je zuvor.

R2G: Das Eis ist längst gebrochen

Auch Ralf Stegner, stellvertretender Vorsitzender der SPD, kann dieser Idee viel Positives abgewinnen. Für ihn hat Angela Merkel den Zenith ihrer Macht „deutlich“ überschritten – nun sei es höchste Zeit für eine politische „Mehrheit diesseits der Union“, sagte er am Mittwoch in Berlin. Dort war der Politiker aus Schleswig-Holstein zu Gast bei der „Denkfabrik in der SPD-Bundestagsfraktion“, einem Zusammenschluss vorwiegend jüngerer Abgeordneter, die schon länger mit einem Mitte-Links-Bündnis liebäugeln.

Der Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe, Sprecher der Denkfabrik, erzählte, wie er und seine Mitstreiter vor acht Jahren das Ziel hatten, „das Eis zu brechen“ zwischen SPD, Linken und Grünen. Dies scheint mittlerweile ganz gut gelungen zu sein: Früher noch „skandalisiert“ – wie sich Geschäftsführerin Angela Marquardt erinnerte –, sind die R2G-Abende der Denkfabrik heute ein fester Bestandteil des politischen Berlins. Die vielen Gemeinsamkeiten der drei Parteien waren auch in Stegners Rede zu spüren: Anstatt gegen die politische Konkurrenz auszuteilen, redete er vor allem seiner eigenen Partei ins Gewissen.

Keine Kompromisse mit den Rechten

Die SPD durchlebe eine tiefe „Vertrauenskrise“, bilanzierte Stegner: „Viele Leute glauben uns nicht mehr, dass wir das ernst meinen mit der Gerechtigkeit.“ Hier müsse die Sozialdemokratie wieder Haltung beweisen, forderte er. In Teilen der Partei sei „deutlich zu viel Resignation da“. Wenn zwar drei Viertel der Wähler die Inhalte der SPD gut fänden, aber maximal ein Viertel bereit sei, den Sozialdemokraten ihre Stimme zu geben, müsse mit umso mehr Leidenschaft um jeden Wähler gekämpft werden. Vor allem jüngere Menschen will Stegner ansprechen. Denn: Ohne die jüngere Generation seien keine gesellschaftlichen Mehrheiten für eine progressive Politik zu erreichen.

Dabei müsse die SPD stets geradlinig bleiben, wünschte sich Stegner von seinen Genossen. Mit Rechtspopulisten und Nationalisten dürfe es „keine Kompromisse“ geben. Die Rechten seien eine Bedrohung für die Demokratie und damit ein „fundamentales Problem“, das von vielen noch gar nicht richtig erkannt werde. Die SPD müsse hier klare Kante gegen Rechts zeigen, die Menschen aber auch „emotional überzeugen“ – und ihnen klarmachen, dass die einfachen Antworten auf komplexe Fragen schlicht keine Lösung seien.

Schluss mit dem „neoliberalen Egoismus“

Gegen die Rechtspopulisten wünscht sich Stegner eine progressive Offensive der linken Parteien in Deutschland. Diese sollten sich gegen die europäische Sparpolitik stark machen, für Umverteilung von oben nach unten kämpfen und damit „die Schere zwischen Arm und Reich wieder zusammenführen“. Denn: Links sein bedeute, sich mit den Mächtigen anzulegen – daher müsse Schluss sein mit dem „neoliberalen Egoismus“, der auch in der SPD zwischenzeitlich um sich gegriffen habe.

SPD, Linkspartei und Grünen gab Stegner eine lange Liste an Forderungen mit, die linke Parteien seiner Ansicht nach vereinen: der Wunsch nach Frieden ohne radikalpazifistisch zu sein, international zu denken und zu handeln, Menschen nicht zu bevormunden, dabei verlässlich zu sein und leidenschaftlich für die eigene Politik zu kämpfen.

Letzteres haben die drei Parteien fest vor, erklärten ihre Vertreter beim R2G-Abend der Denkfabrik. Einen Lagerwahlkampf wird es aber nicht geben, waren sich Stegner und seine Kollegen Dietmar Bartsch (Linke) sowie Sven-Christian Kindler (Grüne) einig: Mit dem Regierungswechsel 2017 verfolgen SPD, Linke und Grüne zwar ein gemeinsames Ziel, dafür kämpfen will aber zunächst jede Partei für sich allein.

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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