Politischer Aschermittwoch: BayernSPD will „machen statt södern“
Mehr als 100 Jahre alt ist die Tradition des politischen Aschermittwochs in Bayern. In der niederbayerischen Stadt Vilshofen fand sie 1919 ihren Ursprung. Deshalb sagt der dortige SPD-Bürgermeister am Mittwochvormittag auch selbstbewusst: „Nicht in Passau, sondern hier bei uns in Vilshofen ist das Original, die Heimat des politischen Aschermittwochs. Hier wurde er erfunden und darauf sind wir ganz besonders stolz.“ Zugleich verkündet er: „Wir werden heute nicht nur in eine Fastenzeit starten, sondern auch in einen Aufbruch starten. Und wir werden am 8. Oktober gemeinsam feiern.“
Zum ersten Mal nach Corona-Pause
Und da kommt Florian von Brunn ins Spiel. Der 54-Jährige ist nicht nur Landes- und Fraktionsvorsitzender der bayerischen SPD, sondern auch Spitzenkandidat für die am 8. Oktober anstehende Landtagswahl und daher Hauptredner an diesem Tag im Wolferstetter Keller, wo die bayerische SPD seit Jahrzehnten ihren politischen Aschermittwoch begeht. Wobei, so ganz genau stimmt das nicht, denn coronabedingt ist es das erste Mal seit drei Jahren, dass die Genoss*innen hier in Präsenz zusammenkommen. Doch an der deutlichen und auch mal deftigen Wortwahl der Redner*innen ändert das nichts.
Kaum verwunderlich steht CSU-Ministerpräsident Markus Söder häufig im Zentrum der Kritik. Entsprechend lautet das Motto für diesen Tag, aber wohl auch für den anstehenden Landtagswahlkampf: „machen statt södern“. Florian von Brunn kritisiert beispielsweise die häufigen Social-Media-Auftritte des Regierungschefs. „Söder isst, aber Söder ist nicht im Landtag“, sagt der SPD-Vorsitzende in Anlehnung an einen von Söder auf Instagram gerne verwendeten Hashtag, um Essensfotos zu veröffentlichen. Der Ministerpräsident sei „einer, der postet und nicht liefert“. Er habe schon bald mit jedem Dackel in Bayern sein Selfie, sagt von Brunn und schlägt Söder Social-Media-Fasten für die kommenden 40 Tage vor.
„Lieber Markus, der Strom kommt nicht aus der Steckdose“
Währenddessen habe die Ampel-Koalition im Bund gearbeitet und geliefert. „Die Wirtschaft läuft, niemand muss frieren, das war die SPD, das war die Ampel unter Führung von Olaf Scholz“, lobt von Brunn und fordert zugleich: „Dieses Deutschlandtempo wollen wir jetzt auch in Bayern beim Ausbau der Windkraft, bei der Infrastruktur und bei bezahlbarem Wohnen.“ Denn insbesondere die Energieversorgung im Freistaat laufe nicht wie gewünscht. Durch den CSU-Windkraftstopp und den verzögerten Ausbau von Stromautobahnen hänge der Freistaat inzwischen am Tropf anderer Bundesländer. „Lieber Markus in Passau, ich weiß nicht, ob du das weißt, aber der Strom kommt nicht aus der Steckdose, den muss man produzieren“, sagt von Brunn süffisant.
Beim Ausbau erneuerbarer Energien sei Bayern beispielsweise nur Mittelmaß. Brandenburg sei nur halb so groß wie Bayern, habe aber dreimal so viele Windräder, referiert der SPD-Spitzenkandidat. „Da muss man wirklich kein Mathegenie sein, um das zu verstehen, aber weil Söder das immer noch nicht kapiert hat, vergrößert sich der Abstand immer weiter“, sagt von Brunn. Stattdessen fordert er: „Wir brauchen einen echten Aufbruch in der Energiepolitik. Söder übernimmt keine Verantwortung. Deswegen müssen wir, deswegen muss die SPD ran. Ich will, dass Bayern Spitze wird bei sauberer und bezahlbarer Energie.“
Scheuer und ein Pferd
Deutliche Kritik übt von Brunn auch an der Verkehrspolitik. So stünden die Namen Ramsauer, Dobrindt und Scheuer – von 2009 bis 2021 für die CSU im Bund als Verkehrsminister tätig – für Stau, Stillstand und komplettes Versagen. „Scheuer war wahrscheinlich die schlechteste Personalentscheidung, seit Kaiser Caligula im alten Rom sein Pferd zum Konsul ernannt hat“, wird von Brunn deutlich.
Mit Blick auf die Asylpolitik der CSU, in der die Landesregierung vermehrt auch auf die Abschiebung gut integrierter Menschen setze, sagt er, diese sei angesichts des Fachkräftemangels „rücksichtslos, unmoralisch und wirtschaftspolitisch dumm“. So werde schnell klar, dass die Asylpolitik der CSU mit dem Christentum überhaupt nichts zu tun habe. „Söder inszeniert sich gerne als Christ, aber Selbstverliebtheit ist keine Nächstenliebe und christliche Werte zeigt man nicht, indem man Kreuze in Amtsstuben aufhängen lässt. Man lebt sie durch das, was man für Menschen tut, vor allem für Schwächere“, sagt von Brunn.
„Söders neue Lightkultur“
Der SPD-Landesvorsitzende lobt das bayerische Bier, das zum Aschermittwoch dazu gehöre. Zugleich erwähnt er, dass Söder bei diesen Anlässen Cola light trinke. Das stehe symbolisch für seine Politik. „Energiepolitik light, Bildungspolitik light und Wohnungsbaupolitik light. Das ist Söders neue Lightkultur.“ Bayern brauche jedoch keinen selbsternannten Social-Media-Märchenkönig, sondern einen, der mache und anpacke. Daher sagt von Brunn: „Wir beenden seine Amtszeit am 8. Oktober. Lasst uns gemeinsam für eine gute Politik und ein soziales Bayern kämpfen!“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo