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Pionierarbeit: SPD Baden-Württemberg vor erstem digitalen Parteitag

Am Samstag veranstaltet die SPD Baden-Württemberg ihren Parteitag. Als erster SPD-Landesverband mit einem Hybridmodell aus digitalem Parteitag und analoger Urnenwahl. Wie das ablaufen soll, erklärt Generalsekretär Sascha Binder.
von Jonas Jordan · 13. November 2020
Sascha Binder ist seit 2018 Generalsekretär der SPD Baden-Württemberg.
Sascha Binder ist seit 2018 Generalsekretär der SPD Baden-Württemberg.

Am Samstag hält die SPD Baden-Württemberg ihren ersten digitalen Landesparteitag ab. Wie groß ist die Aufregung?

Natürlich gibt es bei einer Veranstaltung, die live übertragen wird und so viele verschiedene Elemente integriert – Reden von Andreas Stoch, Saskia Esken und Olaf Scholz vor Ort, digitale Abstimmungen zum Wahlprogramm, analoge Urnenwahlen an 20 Standorten in Baden-Württemberg – etwas Aufregung, ob alles so funktioniert, wie wir es uns vorstellen. Aber wir sind gut vorbereitet und haben im letzten Jahr schon viele Erfahrungen gesammelt mit digitalen Events – ich würde sagen: Ganz klar, die Vorfreude überwiegt.

Was waren die größten Hürden bei der Vorbereitung?

Wir sind bundesweit die ersten, die dieses Hybridmodell eines digitalen Parteitags mit analoger Urnenwahl durchführen, deshalb mussten wir uns natürlich schnell selbst organisieren und abklären was überhaupt rechtlich möglich ist – wir konnten nicht einfach darauf zurückgreifen, was anderswo schon erarbeitet wurde. Und: Klar hätten wir uns auch gefreut, alle wieder bei einem Parteitag zu sehen. Aber mit der Lösung, die wir jetzt gefunden haben, haben wir die Gesundheit im Blick, mussten nicht verschieben, und sind ganz nebenbei noch Pioniere, wenn es darum geht, was für Politik in Pandemiezeiten möglich ist.

Ist der digitale Parteitag nur durch Corona bedingt oder gab es vorher schon Pläne, digitaler zu werden?

Die Weichen für Digitalisierung haben wir im Landesverband schon 2019 gestellt. Wir haben in der Landesgeschäftsstelle aufgerüstet und eine Digital-Werkstatt eingerichtet, in der unser Kommunikationsteam selbst produzieren kann und wir im Wahlkampf online Veranstaltungen durchführen können. Hinzu kommt unsere digitale Plattform „Das Rote Netz“ zur besseren Vernetzung unserer Mitglieder. Das alles eröffnet technisch, kreativ und kommunikativ neue Wege, die jetzt durch die Corona-Pandemie natürlich auch insgesamt einen größeren Stellenwert einnehmen. Aber die Idee war schon vorher da.

 Gibt es Vorbilder für die Veranstaltung, beispielsweise aus den USA?

So weit muss man gar nicht schweifen: Wir haben nach Rheinland-Pfalz und Niedersachsen geschaut, wo die SPD mit ihren digitalen Parteitagen ja bereits ähnliche Formate durchgeführt hat.

 Am Samstag soll auch das SPD-Programm für die Landtagswahl beschlossen werden. Wie ist das digital möglich?

Die Abstimmungen über unser Wahlprogramm finden über ein elektronisches Wahlsystem statt. Durch Anmeldung mit einem individualisierten Zugangscode, mit dem jeweils nur ein Gerät angemeldet sein darf, können wir einfach zuordnen, wer wo stimmberechtigt ist und eine doppelte Stimmabgabe ausschließen. Interaktion funktioniert so nahezu in Echtzeit.

Wie werden die Delegierten darauf vorbereitet?

Damit unsere Delegierten gut vorbereitet sind und den Parteitag und die Reden so „live“ und reibungslos wie möglich verfolgen können haben alle von uns sowohl per Brief als auch per E-Mail alle Informationen und ein Kit mit den notwendigen Handreichungen erhalten. Alle Urnenstandorte wurden so gewählt, dass kein Delegierter länger als 30 Minuten zu „seiner“ Wahlurne fahren muss.

Die Urnenwahl wird an 20 Standorten im gesamten Bundesland laufen. Ist das nicht ein enormer Aufwand?

Das hybride Format ist auf jeden Fall aufwendig, aber eben auch die sicherste Durchführung einer Wahl, ohne dass unsere Delegierten lange auf die Ergebnisse einer Briefwahl warten müssen. Und die schnelle Organisation hat mir auf jeden Fall noch einmal bestätigt, wie gut die SPD in Baden-Württemberg organisatorisch aufgestellt ist. 

Würden Sie sich wünschen, dass künftig auch digitale Wahlen möglich sind?

Ich glaube, dass es noch eine ganze Weile dauern wird bis es möglich ist, digitale Wahlen wirklich sicher durchzuführen. Ich denke bis dahin ist die hybride Durchführung eine gute Lösung, denn Demokratie muss auch unter Corona-Bedingungen funktionieren.

 Inwieweit wollen Sie an diesem Modell eines Parteitages auch nach Corona festhalten?

Natürlich freuen wir uns auf ein reales Wiedersehen, aber wir wissen jetzt noch nicht, was zum Zeitpunkt des nächsten Landesparteitages möglich sein wird. Ich denke, da muss man dann schauen, wie die Lage ist. So oder so: wir sind zukünftig für beide Optionen bestens gewappnet.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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