Parteiausschluss: Warum Thilo Sarrazin nicht mehr Mitglied der SPD ist
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Seit zehn Uhr hatten sie im Willy-Brandt-Haus zusammengesessen. Um kurz nach vier stand das Ergebnis fest. „Thilo Sarrazin ist nicht mehr Mitglied der SPD!“, schrieb Generalsekretär Lars Klingbeil auf Twitter. Am 22. Januar hatte bereits die Landesschiedskommission der Berliner SPD Sarrazins Ausschluss aus der Partei bestätigt, der frühere Berliner Finanzsenator daraufhin Berufung eingelegt. Nach mehrstündiger mündlicher Verhandlung hat das oberste Parteigericht diese nun zurückgewiesen. Sarrazins SPD-Ausschluss ist damit wirksam.
Bundesschiedskommission: Sarrazin hat der SPD Schaden zugefügt
Thilo Sarrazin habe „erheblich gegen die Grundsätze und die Ordnung der Partei verstoßen und ihr damit Schaden zugefügt“, begründete die Bundesschiedskommission ihr Urteil. Der verhängte Parteiausschluss sei daher „zum Schutz des Ansehens und der Glaubwürdigkeit der SPD“ rechtmäßig.
Der SPD Parteivorstand hatte 2019 gegen Sarrazin ein Parteiordnungsverfahren eingeleitet, nachdem er mit einer erneuten Buchveröffentlichung unter dem Titel „Feindliche Übernahme“ für Aufsehen gesorgt hatte. Im Vorfeld der Europawahl 2019 war Sarrazin zudem im in Wien bei einer Veranstaltung einer FPÖ nahen Akademie zur Flüchtlingspolitik gemeinsam mit dem damaligen FPÖ Parteiobmann Strache aufgetreten.
Äußerungen mt den Menschenrechten nicht vereinbar
Sarrazins Äußerungen in seinem Buch „Feindliche Übernahme“ sowie seine „öffentlichkeitswirksam propagierten Äußerungen und Forderungen“ widersprächen den Grundsätzen und den Grundwerten der Sozialdemokratie so erheblich, „dass die dauerhafte Trennung von dem Parteimitglied erforderlich sei“, begründete die Bundesschiedskommission ihre Entscheidung.
Als Beispiele nannten sie Sarrazins Forderung, Menschen ohne Aufenthaltsstatus notfalls mit militärischen Mitteln in ihre Herkunftsländer zurückzubringen und abgelehnten Flüchtlingen gerichtlichen Rechtsschutz zu versagen. Dies sei mit den Menschenrechten, zu denen sich die SPD bekenne, nicht vereinbar. „Bliebe Sarrazin Mitglied der SPD, entstünde nach außen der Eindruck, die SPD böte auch Mitgliedern mit Auffassungen im rechtspopulistischen Spektrum Raum“, schreibt die Bundesschiedskommission in ihrer Urteilsbegründung.
Erleichterung in der SPD
In der Partei wurde die Entscheidung mit Erleichterung aufgenommen. „Rassismus und Intoleranz widersprechen den Grundwerten unserer SPD. Deshalb hat ein Mann wie Sarrazin in unserer Partei auch nichts zu suchen!“, schrieb etwa der Vorsitzende der Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, auf Twitter. Und Aziz Bozkurt, Vorsitzender der AG Migration und Vielfalt, twitterte:
Mit der Entscheidung der Bundesschiedskommission steht Sarrazins SPD-Ausschluss fest. Er kann die Entscheidung jedoch von einem zivilen Gericht überprüfen lassen. Im Vorfeld hatte Sarrazin bereits angekündigt, dies zu tun, sollte die Bundesschiedskommission seinen Ausschluss bestätigen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.