Oppermann zur Wahl 2017: So schafft die SPD die Aufholjagd
Einmal im Jahr lädt SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann ausgewählte Hauptstadt-Korrespondenten zum traditionellen Sommertreff in den Berliner Grunewald. In diesem Jahr ist er zum zehnten Mal dabei. Doch von Sommer kann diesmal keine Rede sein: Kräftiger Regen und Wind passen eher zu einem ungewöhnlich frühen und ungemütlichen Herbst. Keine guten Aussichten. Einige Journalisten stellen gleich eine Parallele her zur aktuellen Lage der SPD, angesichts schwacher Umfrageergebnisse gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl.
Schulz punktet bei Unentschlossenen und Jungwählern
Doch davon will Thomas Oppermann an diesem Abend im Grunewald nichts wissen. „Das TV-Duell hat uns Rückenwind gegeben“, erklärt er und blickt in teils ungläubige Gesichter. „Das schätze ich eindeutig so ein“, bekräftigt er. „Für uns ist jetzt klar, wo wir ansetzen müssen“: Das sei bei den Unentschlossenen und bei den Jung- und Erstwählern, „bei denen Martin Schulz besonders gepunktet hat.“
Oppermann berichtet von seinen Erfahrungen im Wahlkampf. An die Adresse der Hauptstadtpresse sagt er, „es gibt offenbar zwei parallele Wahrnehmungen von diesem Wahlkampf“. So werde er „hier in Berlin immer gefragt, wann geht der Wahlkampf los?“ Dabei sei der auf den Straßen und Plätzen der Republik längst in vollem Gang. Und er laufe gut für die SPD.
Riesiges Interesse an SPD-Themen im Wahlkampf
So habe er die Sprecher der Landesgruppen in der SPD-Fraktion gebeten, ihre Erfahrungen im Wahlkampfes aus Landessicht zu schildern. Alle hätten ihm berichtet „und es ergab sich für mich ein ganz anderes Bild vom Wahlkampf“, als dass es viele Medien zeichneten. „Die SPD-Themen kommen bei den Menschen an“, so Oppermann. Die Partei erlebe „riesiges Interesse“ und „Neugier im Wahlkampf“. Er selber sei jetzt seit sechs Wochen im Wahlkampf, habe dabei fast alle Bundesländer bereist und über 40 Veranstaltungen absolviert. „Ich habe sehr sehr positive Eindrücke von diesem Wahlkampf gewonnen.“
Nach seinen Begegnungen mit Abgeordneten und Wahlkreiskandidaten von CDU/CSU habe er den Eindruck, „dass sich die Union in eine selbstzufriedene Siegesgewissheit begeben hat“. Er habe „lauter tiefenentspannte Gesichter gesehen“ In der Union glaubten viele, der Wahlkampf sei schon gelaufen. „Wenn die sich da mal nicht täuschen“, warnt Oppermann.
Selbstzufriedenheit der Union ist Chance für die SPD
Er habe am Rande einer Fernsehsendung Julia Klöckner getroffen, die CDU-Chefin in Rheinland-Pfalz. „Die war entspannt und hat mich breit angelächelt. Und ich musste natürlich daran denken, wie es ihr selbst ergangen ist.“ Zwölf Tage vor der Wahl im letzten Jahr habe sich Klöckner schon gedanklich mit der Einrichtung ihres Ministerpräsidentenbüros in der Staatskanzlei beschäftigt. Da habe sie mit der Union in den Umfragen deutlich vor der SPD gelegen. „Innerhalb von zwölf Tagen hat sich das komplett gedreht“, erinnert Oppermann die Journalisten. Klöckner habe schließlich die schon sicher geglaubte Wahl verloren. „Ich sehe eine Chance in dieser bräsigen Selbstzufriedenheit der Union“, betont der Fraktionschef.
„Und ich habe ein Rezept für die Aufholjagd der SPD. Und dieses Rezept lautet: Inhalt. Über Inhalte reden.“ Genau das werde die SPD tun. Sie werde über die Unterschiede der Rentenkonzepte von Merkel und Schulz sprechen. Es gehe um die Frage, ob das Rentenniveau bei mindestens 48 Prozent bleibe, wie von der SPD gefordert, „oder ob wir explodierende Beiträge bekommen“, wie von der Union geplant, „was eine Kampfansage an die jüngere Generation wäre“.
Die Themen der SPD: Bildung, Arbeit, Rente
Es müsse über Bildungspolitik geredet werden. „Viele Menschen in Deutschland wollen diese Kleinstaaterei nicht mehr. Sie wollen qualitativ hochwertige Bildungseinrichtungen für ihre Kinder“, sagt Oppermann. Das sei auch ihr gutes Recht. „Und das kann nicht von Geographie oder sozialer Herkunft abhängen.“
Oppermann greift auch ein Thema auf, das bereits in der TV-Debatte zwischen Schulz und Merkel eine Rolle spielte, die Befristung von Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund. Dies gelte inzwischen für 45 Prozent aller neuen Beschäftigungsverhältnisse, kritisiert der SPD-Fraktionschef. Die Befristung sei an die Stelle der Probezeit getreten und habe „den Charakter unseres Arbeitsmarktes verändert“. Das sei ein Thema, mit dem die SPD nicht nur junge Menschen erreichen könne – „die finden total wichtig, dass sich daran etwas ändert“. Damit seien auch Eltern und Großeltern ansprechbar, „weil die nicht wollen, dass ihre Kinder und Enkelkinder so lange in Unsicherheit leben“.
Nicht über Umfragen, über Inhalte sprechen
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) habe zurecht darauf hingewiesen, dass befristet Angestellte viele Nachteile zu ertragen hätten: Zahlreiche Wohnungen würden an sie nicht vermietet, sie bekämen keine Kredite und hätten keine Sicherheit für eine Familienplanung.
Das seien die Themen, mit denen die SPD im laufenden Wahlkampf „sehr viel Anklang“ finde und „auf sehr viel Interesse“ stoße. Deshalb will Thomas Oppermann in den bis zum 24. September verbleibenden Tagen nicht über Umfragen reden, „sondern nur noch über Inhalte – das ist mein Rezept für den Endspurt“.