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Olaf Scholz in Göttingen: Die SPD packt es, wenn alle mit anpacken

In Niedersachsen führt die SPD einen doppelten Wahlkampf: Zwei Wochen vor der Bundestagswahl finden hier Kommunalwahlen statt. Olaf Scholz' Auftritt in Göttingen war so auch Schützenhilfe für die Oberbürgermeister-Kandidatin.
von Lothar Pollähne · 4. September 2021
„Wer will, dass ich der nächste Kanzler werde, macht am besten sein Kreuz bei der SPD.“ Olaf Scholz vor 2.000 begeisterten Zuhörer*innen in Göttingen
„Wer will, dass ich der nächste Kanzler werde, macht am besten sein Kreuz bei der SPD.“ Olaf Scholz vor 2.000 begeisterten Zuhörer*innen in Göttingen

Olaf Scholz in Göttingen: Die SPD packt es, wenn alle mit anpackenWer hätte das vor einigen Wochen noch für möglich gehalten, dass der Rathausplatz in Göttingen bei einer Veranstaltung der SPD „proppevoll“ sein könnte. Wahrscheinlich nicht einmal Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil; und der gilt nun nicht als Pessimist. Weil freute sich „fast wie ein Schneekönig“, als er auf der Bühne in Göttingen den künftigen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland ankündigen durfte mit den Worten: „Wir haben die Chance auf einen echten Wandel in der Hand. Die SPD kann nicht nur gewinnen, die SPD wird gewinnen.“

Zwei Wahlkämpfe in Niedersachsen

Die Einstimmung auf diesen südniedersächsischen Wahlkampfauftritt von Olaf Scholz hätte besser kaum sein können: Vier Musiker intonierten auf der Bühne Tina Turners Klassiker „Simply the Best“ und legten dann für das Wohlbefinden mit einem Song von Sister Sledge nach: „We are Family“. Das bereite die Bühne für den SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, der sich nicht mit Wahlkampfnebensächlichkeiten wie Plagiaten oder Lebensläufen beschäftigen mochte. „Darum geht es nicht: Es geht darum, Entscheidungen für die nächsten zehn Jahre zu treffen.“ Dafür, so Klingbeil mit einem Seitenhieb, sei das sogenannte Zukunftsteam von CDU-Kandidat Armin Laschet nicht geeignet, denn „wer Friedrich Merz für einen Zukunftsgaranten hält, glaubt auch, dass die Videokassette eine technische Innovation ist“.

In Niedersachsen laufen in diesen Wochen zwei Wahlkämpfe, denn zwei Wochen vor der Bundestagswahl finden dort am 12. September die Kommunalwahlen statt. Auch da stehen die Zeichen auf Aufbruch. Das symbolisierte die Kandidatin für das Amt der Oberbürgermeisterin in Göttingen, Petra Broistedt, mit einem Plädoyer für mehr sozialen Wohnungsbau und der Bitte an den zukünftigen Bundeskanzler Olaf Scholz, dieses Thema „zur Chefsache“ zu machen. „Ich möchte ein Göttingen für alle“, so Petra Broistedt. Das beeindruckte die mehr als 2.000 Menschen auf dem Göttinger Rathausplatz.

Gerechte Löhne statt Applaus

In einer kurzen Talkrunde mit Petra Broistedt und Lars Klingbeil nahm sich der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch beim Thema Klimawandel und Nachhaltigkeit noch einmal Friedrich Merz vor: „Der gefährdet Deutschland, denn er steht nicht für Alternativen“ und fügte hinzu: „Wenn wir die Alternativen nicht aufbauen, ist das alles Kohle.“

Der „dritte Mann“ in der Talkrunde, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, leitete die Diskussion schließlich auf den „Scholz-Weg“: „Wir haben in der Pandemie das Instrument der Kurzarbeit konsequent angewendet, und das konnten wir nur, weil Olaf Scholz in seiner Zeit als Bundesarbeitsminister dieses Instrument gegen alle konservativen Widerstände durchgesetzt hat“, erinnerte Heil.

Deswegen sei es auch wichtig, dass Scholz das Thema „Arbeit“ besetzt hat und mit der Forderung nach „Respekt“ verbindet. Es gehe nicht allein darum, dass Menschen während und nach der Pandemie Applaus für ihren Einsatz erhielten, so Heil, sondern „es geht darum, dass die Menschen, die den Laden am Laufen halten auch anständige Löhne erhalten“. Und damit meinte er neben dem Mindestlohn von zwölf Euro vor allem Tariflöhne.

Scholz: Die Wähler*innen haben es in der Hand

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil nahm sich, quasi als „Zwischenmoderator“, die Themen „Kurzarbeit“ und „Wohnungsbau“ vor und kündigte Olaf Scholz mit den Worten an: „Es kann im Sinne unseres Landes keine andere Wahl geben: Olaf Scholz muss Bundeskanzler werden.“ Das brachte ihm und Olaf Scholz rhythmischen Dauerapplaus auf dem Rathausplatz.

Der SPD-Kanzlerkandidat präsentierte sich dort — entgegen mancher Erwartungen oder gar Befürchtungen — nicht als Staatsmann, sondern als hemdsärmeliger, offensiver Wahlkämpfer und streichelte die sozialdemokratische Seele: „Wir müssen dafür sorgen, dass in diesem reichen Land keine Kinder mehr in Armut aufwachsen müssen. Dafür werden wir sorgen mit einer Kindergrundsicherung. Dafür werden wir sorgen, wenn wir die Möglichkeit dafür haben und das“ , so seine Botschaft an die Wähler*innen auf dem Göttinger Rathausplatz, „haben Sie in der Hand. Da müssen alle mitmachen.“

Wer Scholz will, muss SPD wählen

Olaf Scholz unterstrich, dass seine zentralen Themen für die kommenden Wochen und die Jahre als Bundeskanzler Arbeit, Renten, Wohnungsbau und Klimaneutralität sein werden: „Da müssen wir vorangehen, national wie international, denn wenn wir das nicht tun, können wir keinen Beitrag für die Welt leisten und auch nicht für uns.“ Wer, wie die CDU, die Realität verleugne, sei eine Gefahr für die Zukunft und unser Wohlbefinden. „Die SPD wird das packen, wenn alle mit anpacken. Das aber geht nicht mit Steuerentlastungen für die Wenigen, die viel verdienen“, betonte Scholz. „Wer so in die Zukunft blickt, betreibt Voodoo-Politik und ist aus der Zeit gefallen.“

Zum Ende seines Auftritts auf dem Göttinger Rathausplatz verriet Olaf Scholz noch den entscheiden Trick, damit er das „schwere Amt des Bundeskanzlers“ übernehmen kann: „Wer will, dass ich der nächste Kanzler werde, macht am besten sein Kreuz bei der SPD.“ Das ließ auf der Bühne zwei „Strahlemänner“ zurück: Stephan Weil und Olaf Scholz und sorgte für heftigen Beifall und zusätzlichen Schub für die niedersächsische Kommunalwahl am12. September und die Bundestagswahl zwei Wochen danach.

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Lothar Pollähne

ist Journalist und stellvertretender Bezirksbürgermeister in Hannover.

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