Olaf Scholz beim Debattencamp: „Wir haben den Plan für die Zukunft.“
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„Wir treffen uns digital weil wir es können – und weil wir es müssen“, sagt Olaf Scholz. Der SPD-Kanzlerkandidat steht im Atrium des Willy-Brandt-Hauses, um ihn herum nur eine Handvoll Mitarbeiter*innen. Die eigentlichen Zuhörer*innen sieht Scholz nicht. Sie sitzen zuhause auf dem Sofa oder am Küchentisch. Das Debattencamp der SPD, das zweite nach 2018, sei zwar diesmal von Anfang an digital geplant gewesen, sagt Scholz, „aber niemand von uns hat erwartet, dass es inmitten der dramatischen Entwicklung wieder steigender Corona-Zahlen stattfindet“.
Scholz: „Solidarische Gesellschaft muss die Krise bewältigen.“
„Das Virus ist wieder da. Deshalb müssen wir jetzt weitreichende Entscheidungen treffen“, sagt Scholz. Weihnachten und Silvester würden anders werden als gewohnt. Nichts zu tun, hätte dramatische Konsequenzen und würde viele Menschenleben kosten. „Wir müssen als solidarische Gesellschaft tun, um die Krise zu bewältigen“, sagt Scholz. „Nur ein Land das zusammenhält, kann eine solche Krise bewältigen.“
Es sei aber auch wichtig, über die akute Corona-Situation hinauszudenken, betont Olaf Scholz in seiner ersten Rede auf Bundesebene seit im August er als SPD-Kanzlerkandidat nominiert worden ist. „In dieser Krise ist vielen Beifall geklatscht worden“, erinnert er an das Frühjahr. Viele der Pfleger*innen, Kassierer*innen und Erzieher*innen hätten sich darüber zwar gefreut, sich aber auch gefragt: Was ist, wenn die Krise vorbei ist? Ihre Situation habe ich trotz der ideellen Anerkennung nicht verbessert.
Will „Anwalt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ sein
„Als Bundeskanzler werde ich dafür Sorge tragen, dass es gute Löhne gibt“, verspricht Scholz. „Und wir werden einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 12 Euro einführen.“ Um Respekt in der Gesellschaft zu kämpfen, „die wichtigste Aufgabe der Sozialdemokratie in der nächsten Zeit“. Dazu gehöre auch, berufliche Entscheidungen anzuerkennen. Jemand, der studiert habe, sei nicht mehr wert als jemand ohne Berufsausbildung. Als Arbeitsrechtler wolle der „Anwalt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ sein. Ihren Anliegen sollten an der Spitze der Regierung stehen. Und für die SPD stellt Scholz für die SPD klar: „Wir sind nicht bei denen, die sich für etwas Besseres halten.“
Es gelte aber auch, über die akute Bedrohung durch Corona hinauszublicken. Zwei große Aufgaben lägen in den kommenden Jahren vor Deutschland: den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten und die Digitalisierung zügig voranzutreiben. „Wir müssen ab 2050 klimaneutral wirtschaften. Das ist keine lange Zeit“, mahnt Scholz. Er sei sich aber sicher: „Wir können das hinbekommen und zwar mit einem noch größeren Wohlstand als heute.“ Dasselbe gelte für die Digitalisierung. „Es muss eine erstklassige digitale Infrastruktur in Deutschland geben“, fordert Olaf Scholz.
„Wir reden, aber wir handeln danach auch.“
Beides gelinge nicht, „wenn man nur Reden darüber hält“, stellt er klar. „Ich will beides vorantreiben. Dafür braucht es Tatkraft.“ Und es geht nicht allein national. „Wir brauchen ein einiges und souveränes Europa“, sagt Olaf Scholz. „Was uns wichtig ist, können wir nur gemeinsam als EU sichern.“ Das europäische Handeln ist der Corona-Krise wertet Scholz als gutes Zeichen, denn anders als nach der Finanzkrise vor zehn Jahre stehe diesmal die gegenseitige Solidarität im Vordergrund. Nicht zuletzt die SPD habe dafür gesorgt, „dass es eine gemeinsame und solidarische Antwort auf die Krise gibt“. Wiederaufbauprogramm sei eine große Errungenschaft.
„Wir haben einen Plan für die Zukunft“, stellt Olaf Scholz zum Ende seiner halbstündigen Rede für die SPD klar. „Wir reden“ – wie am Samstag beim Debattencamp – „aber wir handeln danach auch.“ Das zeichne die Sozialdemokratie aus.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.