Parteileben

Nils Schmid im Wahlkampf: Teamgeist statt One-Man-Show

Nur noch eineinhalb Wochen bis zur Landtagswahl in Baden-Württemberg. SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid kämpft „wie ein Löwe“. Er setzt dabei auf Teamgeist und viel Bürgernähe.
von Uwe Roth · 2. März 2016
Nils Schmid
Nils Schmid

Nils Schmid ist überpünktlich und der erste Parteipromi an diesem nasskalten Morgen in Ludwigsburg. Der große Bürgersaal, in dem mehrere Hundert Menschen Platz haben, ist leer. Es ist Viertel vor zehn. Mitglieder des Ortsvereins werden zum Ordnerdienst eingeteilt. Dass keine ­gewöhnliche Wahlkampfveranstaltung bevorsteht, ist nicht zu übersehen: Kamerateams bauen ihr Equipment auf, Polizeibeamte kontrollieren jede Ecke, und ein Spürhund beschnüffelt die Rucksäcke der Fotografen. Die Ordner haben Anweisung, in jede Tasche einen Blick zu werfen.


Sämtliche baden-württembergische SPD-Regierungsmitglieder trudeln nach und nach ein. Nils Schmid legt Wert auf ihre Anwesenheit, nicht nur weil es die zentrale Veranstaltung zum Politischen Aschermittwoch ist, sondern es gehört zu seiner Strategie, so oft wie möglich als Team aufzutreten. Nils Schmid hat mit seinen 42 Jahren gleich vier Teamrollen auszufüllen: Er ist der Wirtschafts- und Finanzminister des Landes („Superminister“), stellvertretender Ministerpräsident, Landesvorsitzender und Spitzenkandidat der SPD. Bereits 19 Jahre sitzt er im Landtag.

Teamgeist als Gegenentwurf zu den Grünen

Die Betonung des Teamgedankens ist sein Gegenentwurf zum Auftritt des Koalitionspartners. Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann – sein Gegenpart – ist der Dreh- und Angelpunkt seiner Partei. Die grünen Regierungsmitglieder treten selten an Kretschmanns Seite auf.

Nils Schmid wird später in seiner Rede die Erfolge seiner SPD-Kabinettskolleginnen und -kollegen gleichermaßen betonen, nicht nur die eigenen. Jeder und jede wird von ihm mit Namen aufgerufen. Das von Schmid ausgegebe­ne inoffizielle Wahlkampfmotto heißt „Kämpfen, kämpfen, kämpfen“. Und das geht nicht alleine. Gesichter zeigen – möglichst viele, lautet die Devise auch bezogen auf die CDU. Von der weiß man, dass ein gewisser Guido Wolf gerne Ministerpräsident werden würde. Außer Wolfs Gesicht stehen alle anderen im Parteischatten.

Wahlkampf in Schweden und in Ludwigsburg

Am 13. März wird in Baden-Württemberg der Landtag gewählt. Die Zahl 13 erinnert in diesem Zusammenhang schmerzhaft an das momentane Umfragetief der Landes-SPD. Nils Schmid will in Ludwigsburg kämpfen, aber er hat eine Stimme, als habe er die Nacht durchgemacht. „Es ist eine Mischung aus Erkältung und vielem Reden“, entschuldigt er seine kratzende Stimme. Schmid war mit einer Wirtschaftsdelegation am Vortag noch in Schweden. ­Eine dreitägige Reise mit vielen Terminen und Gesprächen. Baden-Württemberg ist für die Schweden ein wichtiger Handelspartner. Maschinen und Fahrzeugteile sind im Norden Europas gefragte Importgüter. Die Anstrengung der Reise sind Nils Schmid nicht anzusehen.

Der SPD-Spitzenkandidat hat als Hauptredner Frank-Walter Steinmeier nach Ludwigsburg eingeladen. Der Außenminister ist ein Publikumsmagnet und garantiert die Aufmerksamkeit der Medien. Die Rechnung geht auf: Der Saal ist brechend voll. Der Einzug der Spitzenpolitiker wird mit lautem Applaus begrüßt.

Unterstützung von Frank-Walter Steinmeier

Steinmeier berichtet sehr anschaulich von seiner Arbeit, aus politischen Gesprächen über den Iran, Syrien, Libanon und Saudi Arabien. Er deutet an, dass die Gesprächsbereitschaft der Kriegsgegner im Nahen Osten langsam wachse und betont dabei den Beitrag der Sozialdemokratie an dieser Entwicklung. Solche Nachrichten hört das Publikum in unsicheren Zeiten gern.

Schmid konzentriert sich auf seinen Bereich, die Landespolitik. Dabei nimmt er sich als Person zurück und betont, dass „eine starke SPD“ notwendig ist, um das Land Baden-Württemberg auf seinem Erfolgskurs zu halten. Es ist seine Botschaft an die Genossinnen und Genossen: Wahlkampf und Regieren sind eine Parteiangelegenheit und nehmen nicht allein das Führungspersonal in die Verantwortung.
Steinmeier ist bei ihm und schlägt auch von seiner Seite den Bogen zur Landespolitik. Am Ende stehen Schmid und Steinmeier Seite an Seite auf der Bühne. Nicht nur der Applaus ist lang, sondern auch die Schlange der Selfie-Anwärter, die alle an die Reihe kommen.

Minister mit Liebe fürs Detail

Steinmeier entschwindet mit Verspätung in seiner Limousine. Schmid eilt zum ­Redaktionsgespräch in die Lokalzeitung. Der Hals macht immer mehr zu schaffen. Die Fragen der Redakteurinnen und Redakteure sind abzusehen, er pariert zügig und kundig mit seinen Antworten. Klar, die Einstiegsfrage betrifft die jüngsten Umfragen („Drohen Ihnen gar sächsische Verhältnisse?“). Der Spitzenkandidat gibt sich optimistisch: „Wir kämpfen wie die Löwen“, sagt er. Schmid ist in seinem ­Element.

Er muss als Spitzenkandidat nicht nur Bemerkungen zu Ampelkoalitionen machen, sondern überzeugt als Minister, der für Fleiß und Detailliebe bekannt ist, mit fundiertem Wissen, das für eine Lokalzeitung von Interesse ist: Er kennt die Zahlen zur Wohnbauförderung und weiß, welche Zuwendungen Kommunen erhalten, um Flüchtlinge angemessen unterzubringen und ihnen Bildungsangebote machen zu können.

Die SPD will noch ein paar Schippen drauflegen

Während Nils Schmid Antworten gibt, beugt er sich über die Tischplatte, dann und wann stützt er den Kopf auf die Hand. Manchmal ist seine heisere Stimme kaum noch zu verstehen. Das ist kein Anzeichen von Erschöpfung, sondern die Botschaft, wir sind hier unter uns. Die Fragen bleiben freundlich. Schmid räumt ein, dass „die SPD noch mehr als eine Schippe drauflegen muss“, um das Wahlziel zu erreichen.

Dann lässt er sich in sein Büro fahren, wo er neben dem Durcharbeiten von Unterlagen hoffentlich auch seine Stimme etwas schonen kann. Denn abends fährt er zu einem weiteren ­Politischen Aschermittwoch. Bis zum 13. März wird er 200 Wahlkampftermine absolvieren.

Autor*in
Uwe Roth

ist freier Journalist, unter anderem für die Stuttgarter Zeitung und die Deutsche Presseagentur. Er ist zudem Fachtexter für die Einfache Sprache/Plain Language.

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