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Nancy Faeser: Deshalb will ich Ministerpräsidentin in Hessen werden

Nancy Faeser kämpft für die SPD um das Amt der Regierungschefin in Hessen. Welche Themen für sie dabei im Fokus stehen und wie sie die hessischen SPD-Mitglieder für den Wahlkampf motivieren will, sagt sie im Interview.
von Jonas Jordan · 15. Februar 2023
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Auf dem Landesparteitag haben Sie gesagt, Ihr Herz schlage für Hessen. Was bedeutet das für Sie?

In Hessen bin ich zuhause. Hier lebe ich mit meinem Mann und meinem kleinen Sohn. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Mein Vater war Bürgermeister meiner Heimatstadt Schwalbach. Und auch ich habe hier als Sozialdemokratin gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Drei Jahrzehnte habe ich aus ganzem Herzen Politik für die Menschen in Hessen gemacht, in der Kommunalpolitik und Landespolitik – davon 18 Jahre lang als Abgeordnete im Landtag. 

Wenn ich sage, mein Herz ist in Hessen, meine ich damit auch meine Überzeugung. Ich will, dass alle Menschen in Hessen ein gutes und sicheres Leben führen können – unabhängig davon, wie viel Geld sie haben oder wo ihre Familien einmal herkamen. Dafür habe ich immer gekämpft und dafür will ich weiter kämpfen. Als erste Ministerpräsidentin unseres schönen Bundeslandes.

Seit fast 25 Jahren wird Hessen von der CDU regiert, die vergangenen zehn Jahre davon in einer Koalition mit den Grünen. Warum ist es Zeit für einen Wechsel?

Hessen ist ein sehr starkes Bundesland. Aber wir bleiben weit hinter unseren Möglichkeiten zurück, weil die Landesregierung die richtigen Themen nicht anpackt. Wir müssen mehr für gute Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne tun, damit Hessen ein starker Industriestandort und ein starker Dienstleistungsstandort bleibt. Es geht um den Wandel auf dem Arbeitsmarkt, die Transformation. Sie so zu gestalten, damit Arbeitsplätze in Hessen gesichert werden, darum geht es mir. Und da sehe ich eine echte Lücke, weil die Landesregierung sich zu wenig kümmert. Und was mich ganz besonders umtreibt: In Hessen ist es leider immer noch so, dass der Geldbeutel der Eltern über den Bildungserfolg der Kinder entscheidet. Das muss aufhören. Deshalb braucht Hessen eine neue Politik und eine Landesregierung, die die Menschen in den Mittelpunkt stellt und für sie kämpft.

Was wollen Sie inhaltlich anders machen als die bisherige Landesregierung?

Gerade in einem so wirtschaftsstarken Bundesland wie Hessen will ich die Prioritäten anders setzen. Das heißt: Vorfahrt für Bildung. Wir müssen dafür sorgen, dass es ausreichend Lehrerinnen und Lehrer gibt. Jedes Kind soll die gleichen Chancen haben und seine Talente entfalten können. Ich will für sichere Arbeitsplätze und faire Löhne kämpfen, von denen man überall in Hessen gut leben kann. Mir ist es wichtig, dass wir der Kollegin bei Karstadt sagen können, dass es auch in Zukunft einen guten Job für sie in Hessen gibt. 

Im Gesundheitswesen darf nicht der Profit im Mittelpunkt stehen, sondern. die Patientinnen und Patienten und die Beschäftigten. Denn es kommt darauf an, dass wir überall in Hessen gut medizinisch versorgt sind. 

Klimaschutz will ich konsequent vorantreiben. Ich sage aber auch klar, dass die Kosten fair verteilt sein müssen. Und: Mein Hessen ist weltoffen. Denn es kommt nicht darauf an, wo jemand herkommt, wie er aussieht, wie er heißt oder wen er liebt. Entscheidend ist, wohin wir gemeinsam gehen wollen. 

Kurz: Ich trete dafür an, dass Hessen gerechter, moderner und nachhaltiger wird.

Welche Rolle wird dabei das Thema Sicherheit spielen?

Sicherheit ist für mich ein sozialdemokratisches Kernthema. Für mich braucht es dabei klare Antworten statt abstrakter Debatten. Denn die Probleme sind auch ganz konkret. Ich kenne die Arbeit meiner Bundespolizei, aber auch seit vielen Jahren der Polizei in Hessen. Ich habe Polizistinnen und Polizisten bei Nachtschichten begleitet und weiß, was sie brauchen. Alle Menschen in diesem Land sollen sich zurecht sicher fühlen. Ich will zum Beispiel nicht hinnehmen, dass sich viele Frauen unsicher fühlen, sich deshalb abends nicht mehr auf die Straße trauen oder nicht mehr mit dem Bus oder der Straßenbahn fahren. Das finde ich ganz entsetzlich und das treibt mich Tag und Nacht um.

Als Bundesinnenministerin ist es mein Job, für die Sicherheit der Menschen in Deutschland zu sorgen. Da habe ich eine klare Haltung und eine klare Sprache: Wir brauchen wieder mehr Sicherheitspersonal in Bussen und Bahnen, mehr Polizei an öffentlichen Plätzen und auch mehr Videoüberwachung. Wir müssen über Prävention sprechen. Und über konsequentes Handeln, wenn schwere Straftaten begangen werden.

Sie haben gesagt, jetzt sei nicht die Zeit für Wahlkampf. Wann beginnt die heiße Wahlkampfphase für Sie?

Das ist richtig. Die Zeiten sind zu ernst, um Wahlkampf zu machen. Wir haben einen furchtbaren Krieg in Europa, die Bedrohungslagen sind groß. Diese Einschätzung teile ich übrigens mit meinem Mitbewerber von der CDU. Als Bundesinnenministerin trage ich Verantwortung für unser Land. Diese Verantwortung werde ich auch weiter mit vollem Einsatz tragen und meine Aufgaben ebenso klar und ernsthaft erfüllen wie bislang. Der Wahlkampf wird dann sehr kompakt vor der Wahl stattfinden.

Die hessischen SPD-Mitglieder haben bei den vergangenen Landtagswahlen einige Enttäuschungen verkraften müssen. Wie werden Sie sie für den Wahlkampf motivieren?

Die positive Stimmung und die Energie der Genossinnen und Genossen in Friedwald haben mich richtig beflügelt. Es hat mich sehr gefreut und sehr berührt, dass mich der Landesvorstand meiner SPD einstimmig als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im Herbst nominiert hat. Das zeigt: Wir stehen zusammen und werden alles dafür tun, auch die Menschen im Land zu überzeugen. Denn wir wissen, dass wir als SPD die richtigen Ideen und Konzepte für die Zukunft haben. Hessen braucht eine neue Politik – davon sind wir alle überzeugt. Und im Übrigen: Ich weiß, dass wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Hessen kämpfen können. Darauf freue ich mich.

Und wenn es klappt mit dem Wahlsieg – Apfelwein pur oder gespritzt?

Dann trinke ich ihn pur.

Dieses Interview wurde schriftlich geführt.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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