Nahles zu Schröders 75. Geburtstag: „Du hast Großes geleistet“
Die SPD hat Willy Brandt geliebt, Helmut Schmidt bewundert und Gerhard Schröder? Das Verhältnis der Sozialdemokraten zu ihren Kanzlern war in der Bundesrepublik mitunter nicht einfach, aber an keinem ihrer Kanzler schieden sich in der Partei so sehr die Geister wie an Gerhard Schröder. Das galt während seiner Kanzlerschaft ab dem Jahr 2003, als er die berühmt-berüchtigten „Hartz-Gesetze“ der „Agenda 2010“ vorlegte und das galt auch nach seiner Kanzlerschaft. Es gilt bis heute.
Nahles: ein herausragender Staatsmann und Sozialdemokrat
Umso bemerkenswerter, mit welch warmen Worten die SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles ihren Nachfolger im Parteivorsitz nun zum 75. Geburtstag am 7. April beglückwünscht. Sie gratuliert „einem herausragenden Staatsmann und Sozialdemokraten“ in ihrem Glückwunschschreiben „im Namen der gesamten Partei und auch persönlich sehr herzlich“.
Nahles würdigt Schröder mit den Worten: „Du hast die SPD über Jahre entscheidend geprägt und für unser Land und Europa Großes geleistet.“ Schröders Weg aus bescheidenen Verhältnissen über den zweiten Bildungsweg ins Kanzleramt sei „ein durch und durch sozialdemokratischer, der noch heute viele - über die Lager hinweg – inspiriert“.
Reformstau der Ära Kohl aufgelöst
Unter der Führung des dritten sozialdemokratischen Bundeskanzlers sei die Bundesrepublik „in der Welt endgültig erwachsen geworden“. In der Ära Schröder sei ein wirtschaftlich starkes und modernes Deutschland enger Partner Frankreichs und Impulsgeber in Europa gewesen. „Und eine Gesellschaftswende wurde eingeleitet, die die bestehende Vielfalt in der Bevölkerung endlich anerkannte und unter dem Leitbild von Toleranz und Gleichberechtigung stützte“, lobt Nahles.
„Unvergessen ist und bleibt, dass Du den Reformstau, der Deutschland nach Jahren konservativer Regierung gelähmt hat, aufgelöst hast. Mit mutigen Veränderungen, um die großen Herausforderungen, vor denen unser Land zur Jahrtausendwende stand, anzugehen“, so die SPD-Chefin.
Leidenschaft für fortschrittliche Politik
Unvergessen bleibe auch, dass Schröder Deutschland mit seinem „Nein“ zum Irakkrieg im Jahr 2003 vor militärischen Abenteuern bewahrt habe. Trotz erheblicher Widerstände habe seine rot-grüne Regierung erfolgreich den Einstieg in eine nachhaltige Energiewende unternommen. Die seien grundlegende Weichenstellungen, deren Bedeutung man gerade heute nicht unterschätzen dürfe.
Nahles erinnert an Schröders „Leidenschaft für die Sozialdemokratie zu streiten, für eine gerechtere und fortschrittlichere Politik“ in seinem Amt als SPD-Chef. „Wenn es um die Sache ging, hast Du keine politische Auseinandersetzung gescheut, manchmal auch nicht mit der eigenen Partei“, so Andrea Nahles. „Dabei waren wir beide nicht immer einer Meinung“, räumt sie ein. „Dass Du bei alldem das Beste für unser Land im Blick hattest, dafür zollen Dir noch heute viele großen Respekt.“
Lob von Müntefering und Gabriel
Auch weitere Nachfolger Schröders im Amt des SPD-Chefs gratulierten ihm. Franz Müntefering mit seinem typischen Humor. „Das Schröder-Blair-Papier habe ich nicht gelesen. Ich nehme an, Du auch nicht wirklich, geschrieben schon gar nicht“, so Müntefering in seinem Glückwunschschreiben. „Gerechtigkeit war Dir wichtig - auf gutem Niveau. Prosperität, die allen nutzt. Lebenschancen für die, die nachkommen und sich anstrengen. Fördern und fordern", schreibt Müntefering. Er bilanziert: „Es hat sich gelohnt. Ich war gern dabei.“
Sigmar Gabriel nennt Schröder in seinem Schreiben seinen Freund. „Er, der soviel Gereiste, der Rast- und Ruhelose, der Tatmensch, Weltbeweger und unentwegt die Herausforderung Suchende, ihm wünsche ich das Glück der Langsamkeit. Ich wünsche ihm, dass er stolz auf sein Leben blickt, denn dazu hat er wirklich allen Grund.“ In einen Wunsch bezieht Gabriel auch die SPD ein, wenn er Schröder wünscht, „dass seine Partei, die ihm soviel verdankt, zu einer ehrlichen Dankbarkeit in der Lage ist.“