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Nachruf auf Renate Faerber-Husemann: Unbeugsam und ohne Allüren

Sie war mit Herzblut Journalistin und Sozialdemokratin. Nun ist unsere langjährige Mitarbeiterin Renate-Faerber-Husemann nach längerer Krankheit gestorben. Sie fehlt uns. Ein persönlicher Nachruf
von Karin Nink · 13. April 2023
Renate Faeber-Husemann war freie Journalistin und Biografin von Erhard Eppler.
Renate Faeber-Husemann war freie Journalistin und Biografin von Erhard Eppler.

Ihren letzten großen öffentlichen Auftritt hatte sie in „Die Unbeugsamen“, jener Dokumentation über die Generation der Frauen, die sich im bundespolitischen Bonn die Beteiligung an den demokratischen Entscheidungsprozessen erkämpfen musste – gegen Männer, die Macht für ihre natürliche Domäne hielten und die Frauen mit ihren berechtigten Ansprüchen häufig genug zu diskriminieren versuchten. Ministerinnen, Parlamentarierinnen, Journalistinnen. Die vorwärts-Autorin Renate Faerber-Husemann war eine derjenigen, die sich in Bonn behaupteten. In ihren journalistischen Beiträgen und Büchern hat sie die Bonner Republik eindrücklich porträtiert und analysiert.

Sie lernte mit dem „vorwärts“ lesen

Viele Artikel von Renate erschienen auch im „vorwärts“. Mit ihm war Renate verbunden wie kaum andere. Denkt man nur an ihre ganz persönliche Geschichte in der Ausgabe zum 140-jährigen Bestehen der SPD-Zeitung: „Wie ich mit dem ‚vorwärts‘ in den 1950er Jahren lesen lernte“. Das war im Haus ihres Großvaters, der regelmäßig die SPD-Parteizeitung und das „Sankt Konradsblatt“ der Erzdiözese Freiburg bezog, und mit dem sie sich gemeinsam über die Parteizeitung beugte, weil das Kind lesen lernen wollte. Das Wort „vorwärts“ blieb der 6-Jährigen besonders gut im Gedächtnis hängen: „Denn ‚vorwärts‘ ermahnte man uns als Kinder, wenn wir beim sonntäglichen Kirchgang immer weiter zurückblieben.“

Geboren 1946 und aufgewachsen in einem katholisch-sozialdemokratischen Milieu in Baden-Württemberg war ihr der Weg in den Journalismus nicht vorgegeben. Nach der Schule absolvierte sie als älteste Tochter zunächst eine Ausbildung zur Steuerberaterin, um in dem erfolgreichen Büro des Vaters mitzuarbeiten. Doch die Zahlen lagen ihr nicht, ihre Leidenschaft galt dem Schreiben. Als sie das dem Vater gestanden hatte, folgten das Volontariat und die Arbeit als Journalistin. Zuletzt als Landeskorrespondentin der „Frankfurter Rundschau“ in Stuttgart. Eine junge Frau unter all den Männern, die damals den Journalismus dominierten.

Befreundet mit Horst Ehmke, Herta Däubler-Gmelin und Erhard Eppler

Seit Ende der 1970er Jahre arbeitete die bekennende Schwäbin in Bonn als freie Journalistin und erzog ihre vier Kinder. Renate kannte alle, war mit vielen befreundet. Horst Ehmke, Herta Däubler-Gmelin sowie Erhard Eppler und seine Frau gehörten zu jenen, mit denen Renate auch privat eng verbunden war. Ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht tat das keinen Abbruch. Aus ihrer Nähe zur SPD machte Renate nie einen Hehl. Doch als die Sozialdemokrat*innen Anfang der 1990er Jahre dem Asylkompromiss von Union und FDP im Bundestag zu einer Zweidrittelmehrheit verhalfen, kündigte sie der Partei die Mitgliedschaft. Irgendwann später trat sie wieder ein und war als (Un)-Ruheständlerin auch lokal aktiv.

Bereits in den 1970er Jahren, als der damalige Chefredakteur Gerhard Gründler eine Reportage über den Baader-Meinhof-Prozess bei ihr bestellte, schrieb sie die ersten Texte für den „vorwärts“. Und sie tat es noch, als sie schon im wohlverdienten Ruhestand war. Als ich Chefredakteurin des Blattes wurde, gehörte Renate zum festen Kreis der freien Autor*innen.

Jedes Gespräch mit ihr war eine Bereicherung

Wir waren uns schon zu Bonner Zeiten in der „Gelben Karte“, dem SPD-nahen Journalist*innen-Hintergrundkreis, begegnet. Wirklich kennengelernt haben wir uns bei der gemeinsamen Arbeit für den „vorwärts“. Ich schätzte unsere Gespräche über die Bonner Republik, die sie durchdrungen und ich nur in der Endphase als Korrespondentin erlebt hatte. Schnell fanden wir auch einen persönlichen Draht, und ich habe wahnsinnig gerne mit ihr diskutiert und gearbeitet. Renate war ohne Allüren und jedes Gespräch mit ihr eine Bereicherung – menschlich und inhaltlich.

Durch ihre Erkrankung konnte Renate schon seit mehreren Jahren nicht mehr für uns schreiben. Alle in der Redaktion haben das bedauert. Sie fehlte. Ihr Wissen und ihre Erfahrung konnten wir Jüngeren nicht aufholen.

Dass sie nun gestorben ist, macht uns traurig. Eine wie Renate gibt es nicht oft.

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Karin Nink

ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.

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