Nach Trump-Sieg: Rot-Rot-Grün als Mittel gegen den Rechtsruck?
picture alliance / newscom
Dass Donald Trump bald den bisherigen US-Präsidenten Barack Obama im Oval Office ablöst, ist für zahlreiche Deutsche ein Schock. In rechten Kreisen hingegen fühlen sich viele davon beflügelt, dass der Populist Trump so viele Wähler auf seine Seite ziehen konnte. LePen, Wilders, Petry – sie alle träumen schon davon, es dem designierten US-Präsidenten bald gleichzutun.
Eine Möglichkeit die Rechtspopulisten in Deutschland zu stoppen könnte eine „linke Alternative“ sein, wie sie den Sozialdemokraten der DL21 vorschwebt: ein Bündnis aus SPD, Linken und Grünen, Rot-Rot-Grün also – oder kurz: R2G. Über diese mögliche Regierungskoalition diskutierte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley am Mittwoch in Berlin mit der DL21-Vorsitzenden, der Bundestagsabgeordneten Hilde Mattheis.
Sind die Grünen ein Teil des Problems?
Um „Inhalte für eine gerechtere Gesellschaft“ durchzusetzen, wie es Hilde Mattheis formulierte, brauche es ein „linkes Reformbündnis“, waren sich die beiden Politikerinnen einig. Die Chancen für eine solche Koalition aus SPD, Linken und Grünen schätzt Katarina Barley als relativ gut ein. Damit widersprach sie einer weit verbreiteten Annahme, dass ein Dreierbündnis mit der Linkspartei auf Bundesebene nicht zu machen sei – wegen zu großer Differenzen in außenpolitischen Fragen.
Katarina Barley gestand zwar ein, dass einige Mitglieder der Linksfraktion noch von den Vorteilen einer Regierungsbeteiligung überzeugt werden müssten. Bei den Grünen allerdings sieht die SPD-Generalsekretärin größere Probleme: Nur die Hälfte der aktuellen Grünen-Bundestagsfraktion sei für R2G zu begeistern. Die anderen 50 Prozent der Grünen-Abgeordneten liebäugelten offen mit der Union, also einer schwarz-grünen Koalition. Barley dazu: „Ich sehe das Problem mehr bei ihnen.“ So gesehen hängt das Projekt R2G womöglich vor allem am politischen Willen der Grünen.
R2G: angenehm und konstruktiv
Einen Schritt in Richtung R2G machten im Oktober bereits über 100 Bundestagsabgeordnete aller drei Parteien auf Einladung des SPD-Politikers Axel Schäfer. Auch Katarina Barley und Hilde Mattheis beteiligten sich damals an der rot-rot-grünen Gesprächsrunde im Bundestag. Es habe eine „sehr, sehr angenehme und konstruktive Atmosphäre“ geherrscht, erinnerte sich Barley an das Treffen. Auch weiterhin will sie sich am rot-rot-grünen Austausch beteiligen: Am 26. November wird sie an einer Podiumsdiskussion des Leizpiger „Forums Demokratischer Sozialismus“, einem Thinktank der Linkspartei, teilnehmen. Neben der SPD-Politikerin werden dort auch Anton Hofreiter, Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, sowie der Vorsitzende der Linksfraktion Dietmar Bartsch erwartet.
Damit knüpfen die Partei- und Fraktionsspitzen auch an die DL-Herbsttagung von Anfang November in Hamburg an. Dort wurden von den Teilnehmern für R2G viele politische Schnittmengen identifiziert, wie es bei der DL21 heißt: etwa zu den Themen Gesundheit, Pflege oder Arbeitsmarkt. Sozialpolitisch könnte die SPD womöglich bald auf die Linkspartei zugehen. So erklärte Barley, einiges in der zurückliegenden SPD-Politik müsse auf den „Prüfstein“. Die SPD müsse sich die Frage stellen: „Wo sind unsere sozialdemokratischen Todsünden gewesen?“ Beispielsweise kündigte sie Gesprächsbereitschaft an, wenn es um die gesetzliche Regelung über die Sanktionen für Hartz-IV-Bezieher geht.
Mit klassischen SPD-Themen gegen Rechts
Für den Bundestagswahlkampf sieht Katarina Barley vor allem in der Familienpolitik großes Mobilisierungspotential für die Sozialdemokratie. Mit klassischen SPD-Themen könne die Partei zeigen, dass die rechtspopulistische AfD „nichts mit gerechter Sozialpolitik zu tun“ habe. Die SPD selbst müsse den Wählern eine wichtige Frage stellen, so Barley: „In welchem Land wollt ihr leben?“ Die Politikerin will, dass die Bundesrepublik ein liberales und vielfältiges Land bleibt, wie es auch Linken und Grünen vorschwebt. Denn Gerechtigkeit und Solidarität müsse für alle gelten – und nicht nur für die „weißen deutschen Männer mit deutschem Pass und deutschem Namen“, wie es sich die Rechten von AfD bis Pegida wünschen.
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.