Nach Maaßen-Einigung: Klingbeil fordert „völlig neuen Arbeitsmodus“ der Koalition
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Nach der Einigung der großen Koalition im Fall des Noch-Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen hat der SPD-Vorstand der Parteivorsitzenden Andrea Nahles den Rücken gestärkt. Es habe „große Unterstützung“ für das Verhandlungsergebnis von Nahles gegeben, teilte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil nach der Parteivorstandssitzung in Berlin mit.
Klingbeil: SPD hat sich durchgesetzt
Dass Maaßen bei unveränderten Bezügen als Sonderberater für europäische und internationale Aufgaben ins Bundesinnenministerium wechselt, nannte Klingbeil ein „akzeptables Ergebnis“. Der SPD sei wichtig gewesen, dass Maaßen nicht Chef des Verfassungsschutzes bleibt und im Innenministerium nichts mit dem Inlandsgeheimdienst zu tun hat. „Damit haben wir uns durchgesetzt.“ Dass Bundesinnenminister Seehofer an Maaßen festhalte und ihn in sein Ministerium hole, sei „seine persönliche Entscheidung“.
Am Dienstag vergangener Woche hatten sich die Vorsitzenden von SPD, CDU und CSU, Andrea Nahles, Angela Merkel und Horst Seehofer, zunächst darauf verständigt, Maaßen als Staatssekretär ins Innenministerium zu versetzen, was eine Beförderung inklusive deutlicher Gehaltszulage gewesen wäre. Dies habe „zurecht einen Aufschrei in der Bevölkerung“ ausgelöst, sagte Lars Klingbeil am Montag. Deshalb sei es „gut, dass diese Entscheidung revidiert“ worden sei.
Stegner: Jetzt auf Inhalte konzentrieren
Der SPD-Generalsekretär nahm den Fall Maaßen zum Anlass, generelle Kritik an der Arbeitsweise der großen Koalition zu üben. Was sich dort erst im Asylstreit zwischen Merkel und Seehofer vor der parlamentarischen Sommerpause und nun im Fall Maaßen abgespielt habe, sei „nach außen nicht mehr vermittelbar“. „Wir brauchen einen völlig neuen Arbeitsmodus in der Koalition“, forderte Klingbeil. Jetzt komme es für die Bundesregierung darauf an, „was wir inhaltlich in den nächsten Wochen zeigen“.
Ähnlich hatte SPD-Vize Ralf Stegner bereits vor der Sitzung des Parteivorstands im Gespräch mit dem Fernsehsender „Phoenix“ argumentiert. Die Bundesregierung sei „durch permanente Eskapaden, insbesondere aus dem Süden, ins Schlingern gekommen“. Dies spiele allein den Rechtspopulisten in die Hände. „Deshalb ist es jetzt zwingend erforderlich, zu den Dingen zu kommen, weswegen die Koalition geschlossen worden ist“ – etwa Rente, Pflege oder bezahlbares Wohnen.
Kohnen: CDU und CSU müssen „Familienverhältnis“ klären
Natascha Kohnen, SPD-Vize und Spitzenkandidatin bei der bayerischen Landtagswahl, forderte „die beiden Schwestern“ CDU und CSU auf, „ihr Familienverhältnis mal zügig zu klären“. Der „Berliner Zirkus“, den CSU-Chef Seehofer „permanent vom Zaun bricht“, gehe den Menschen „unglaublich auf die Nerven“, zumal er die Sacharbeit ständig überlagere.
Die Aufgaben, die die große Koalition zu bewältigen hat, sind schließlich groß. Im Oktober will das Kabinett über den Entwurf für ein Einwanderungsgesetz beraten, das die SPD seit langem fordert und das im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist. Zuständig ist Innenminister Horst Seehofer.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.