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„Nach der Krise ist vor der Krise“

von Angelo Algieri · 29. Januar 2011
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Steinbach und Steinberg skizzieren zunächst, welche Faktoren zur Finanz- und Wirtschaftskrise beigetragen haben. Im darauffolgenden Schritt erläutern sie, welche der Besserungsbezeugungen von Managern und Politikern bisher umgesetzt wurden. Zum einen wurden Fortschritte bei den Ratingagenturen, den Bilanzierungsregeln oder der Unterlegung der Eigenkapitalisierung erzielt. Doch viele versprochene Maßnahmen wurden noch nicht umgesetzt: Es fehlen beispielsweise eine Finanztransaktionssteuer, eine konsequente Regulierung von Hedge-Fonds oder das Verbot von Weiterverbriefungen.

Änderungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik

Hoch anzurechnen ist den Autoren, dass sie in ihrer Analyse einen Schritt weiter gehen. Mit der Regulierung nur auf den Finanzmärkten ist man für die nächste Krise nicht gewappnet. Einhergehen müssen Änderungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, um nachhaltiges Wachstum zu gewährleisten.

Im Mittelpunkt steht die Stärkung der Binnennachfrage durch Lohnerhöhung, Einführung eines Mindestlohnes und die Stärkung von Normalarbeitsverhältnissen. Doch auch Unternehmen sollen durch Steuererleichterungen und -anreize stärker in Forschung und Entwicklung investieren. Gerechtigkeit auch in der Steuerpolitik: Die Autoren plädieren dafür, Geringverdiener steuerlich zu entlasten und Besserverdienende höher zu belasten. Und sie schlagen die Einführung einer persönlichen Vermögensteuer vor.

Vernünftige Lösungsvorschläge

Alles in allem sind es vernünftige Lösungsvorschläge. Doch ein Manko hat dieses Buches: An vielen Stellen fehlt eine nachvollziehbare und empirische Begründung. Etwa beim Mindestlohn - die Autoren erläutern nicht, welche Auswirkung die Einführung eines Mindestlohnes in anderen Ländern - kurz- und langfristig - auf die Beschäftigungszahlen hatte.

Unreflektierter Staatspatriotismus

Des Weiteren ärgert man sich über das Menschenbild von Steinbach und Steinberg. Sätze wie "Ohne den Staat wären wir nicht, was wir sind, wo wir sind und in welche Richtung wir in Zukunft gehen wollen" lassen darauf schließen, dass man dem Staat gegenüber unkritisch, demütig und stets dankbar sein sollte. Einem aufgeklärten und fortschrittlichen Gesellschafts- und Menschenbild entspricht das nicht. Bedauerlicherweise muss dieser "unreflektierte Staatspatriotismus" hier und da als Argumentationshilfe herhalten.

Dennoch steuert diese Lektüre gerade in ihren Lösungsvorschlägen einen sinnvollen Beitrag zur Bewältigung der Krise. Es geht letztlich um eine nachhaltige Wachstumspolitik und wie diese erreichbar ist. Und das ist das löbliche Verdienst des Autorenduos!

Armin Steinbach, Philipp Steinberg: "Nach der Krise ist vor der Krise. Haben wir die richtigen Lehren gezogen und was bleibt zu tun?" Mit einem Vorwort des Wirtschaftsweisen Peter Bofinger, Metropolis-Verlag, Marburg, 2010, 233 Seiten, 19,80 Euro, ISBN 978-3-89518-843-5

Armin Steinbach, Jahrgang 1979, studierte Volkswirtschaftslehre und promovierte in Recht. Er ist als Referent im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie tätig. Philipp Steinberg, Jahrgang 1974, hat Rechtswissenschaften und politische Ökonomie studiert; er promovierte in Wirtschaftsverwaltungsrecht. Steinberg ist Beamter im Bundesministerium für Finanzen und derzeit Redenschreiber und Referent von Sigmar Gabriel. Beide Autoren sind SPD-Mitglieder.

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