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Nach dem „vorwärts“ werden weitere sozialdemokratische Zeitungen digitalisiert

Es hat drei Jahre gedauert, die mehr als 200.000 Zeitungsseiten zu digitalisieren. Jetzt ist der historische „vorwärts“ bis zum Jahrgang 1933 vollständig online verfügbar. Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung plant schon das nächste Projekt.
von Olaf Guercke · 31. Januar 2018
Digitalisierung des Vorwärts
Digitalisierung des Vorwärts

Nach drei Jahren Arbeit hat die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung den historischen „vorwärts“ bis zum Jahr 1933 vollständig, im Volltext und durchsuchbar ins Netz gestellt. Der frei zugängliche elektronische Lesesaal bietet „vorwärts“-Lesern und Interessierten die Möglichkeit, sozialdemokratische Geschichte unmittelbar nachzuerleben.

Spurensuche nach Rudolf Hilferding

Nehmen wir zum Beispiel Rudolf Hilferding. Am 11. Februar jährt sich zum 77. Mal der Todestag dieses bedeutenden sozialdemokratischen Politikers, dessen Leben eng mit der wechselvollen Geschichte der SPD in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verknüpft war. Hilferding arbeitete von 1907 bis 1915 als „vorwärts“-Redakteur, trat 1917 von der SPD zur USPD über und war 1922 einer der Architekten der Wiedervereinigung beider Parteien. Später war er Finanzminister unter den Reichskanzlern Stresemann und Müller. 1933 wurde er ausgebürgert, arbeitete im Exil weiter für die SPD und wurde schließlich am 11. Februar 1941 im besetzten Frankreich von der Gestapo ermordet.

Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie Rudolf Hilferding seine Welt sah, an welchen Debatten er beteiligt war und wie seine Zeitgenosse ihn erlebten - das können Sie nun im digitalen „vorwärts“ nachschauen. Eine Volltext-Suche nach „Hilferding“ in allen Jahrgängen ergibt 713 Treffer in den Jahren zwischen 1903 und 1933. Diese Treffer können Sie sich online ansehen, Ihre Suche auf frei definierbare Zeiträume beschränken, und einzelne Seiten bzw. Ausgaben als PDF-Datei herunterladen. Sie finden dann zum Beispiel einen Artikel in der Ausgabe vom 10. Februar 1919, in dem ein Kompromissvorschlag Hilferdings zur Überwindung der sozialdemokratischen Spaltung breit diskutiert wurde. Sie finden aber auch das Titelblatt vom 22. Dezember 1929, in dem über Hilferdings Rücktritt als Finanzminister im Zuge der Weltwirtschaftskrise berichtet wird.

Mehr als 200.000 Zeitungsseiten

Um Ihnen solche unmittelbaren Einblicke in die Geschichte aus sozialdemokratischer Sicht zu ermöglichen, haben wir in der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung drei Jahre intensiv gearbeitet. Wir haben 23.693 „vorwärts“-Ausgaben mit 202.557 Zeitungsseiten vom Papier-Original gescannt, mit einer Software elektronisch ausgelesen und sämtliche Jahrgänge von 1876 bis 1878 sowie 1891 bis 1933 in durchsuchbarer Form ins Netz gestellt.

Den Fortschritt des Projekts haben wir ab April 2017 in einem Blog dokumentiert, der zahlreiche Artikel mit Anregungen zu „vorwärts“-Recherchen enthält. Mit dieser reichhaltigen Quelle ermöglichen wir Forschung, Lehre und Unterricht. Außerdem öffnen wir interessierten Bürgern ein Fenster zur Vergangenheit der Sozialdemokratie, um eine kritische und fruchtbare Auseinandersetzung mit der Geschichte der SPD zu unterstützen.

Das Nachfolgeprojekt

Zur Vertiefung unseres Angebots sind wir aktuell dabei, weitere historisch bedeutende Zeitungstitel zu digitalisieren, um sie innerhalb der „vorwärts“-Umgebung zu veröffentlichen. Bei dieser Gelegenheit werden die Suchfunktionen des elektronischen Lesesaals erweitert, so dass man intuitiver in einzelnen Zeitungstiteln suchen kann.  Der „vorwärts“-Lesesaal wird, sobald er auch andere Titel enthält, umbenannt zu „Historische Presse der Sozialdemokratie online“.

Unter anderem werden diese Titel digitalisiert:

  • Der Sozialdemokrat – Organ der Sozialdemokratie deutscher Zunge (1879-1890): Diese während der Sozialistengesetzte erschienene Exilzeitung schließt die Lücke zwischen Leipziger und Berliner „vorwärts“.
  • Die Freiheit – Berliner Organ der USPD (1918-1922): Mit der Freiheit, deren Chefredakteur Rudolf Hilferding war, dokumentieren wir die Spaltung der Sozialdemokratie in SPD und USPD.
  • Neuer Vorwärts (1933-1940): Die in Paris und Karlsbad während des Nationalsozialismus erschienene Zeitung dokumentiert die Stimme der Sozialdemokratie im Exil.

Bei Interesse zum digitalen „vorwärts“ und zum Nachfolgeprojekt, kontaktieren Sie uns bitte unter: vorwaerts-projekt@fes.de.

Zur Projektseite mit Blog und Link zum digitalen „vorwärts“: https://www.fes.de/bibliothek/vorwaerts-blog/

Den direkten Weg zum elektronischen Lesesaal: http://fes.imageware.de/fes/web/ 

Autor*in
Olaf Guercke

ist Mitarbeiter der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung und Projektverantwortlicher für die Digitalisierung des „vorwärts“.

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