Michael Müller: „Mietenpolitik ist Sozialpolitik“
Auf ihrem Parteikonvent am Sonntag will sich die SPD umfassend mit dem Thema „Wohnen“ befassen. Worum geht es konkret?
Um bezahlbare Wohnungen. Wohnen ist ein Menschenrecht und darf kein Luxus sein, auch nicht in Innenstadtlagen. Insofern ist es ein ursozialdemokratisches Thema. In Berlin wie auch in anderen Großstädten erleben wir, wie die Mieten seit Jahren teilweise rasant steigen. Hier müssen wir gegensteuern. Denn wir wollen zum einen bezahlbares Wohnen und zum anderen die Vielfalt in den Quartieren erhalten. Deshalb haben wir in Berlin die Zweckentfremdung von Wohnungen als Ferienwohnungen verboten, weiten das Angebot an kommunalen Wohnungen um weitere 100.000 auf 400.000 aus und haben als erstes Bundesland die Mietpreisbremse eingeführt. Für mich ist ganz klar: Mietenpolitik ist Sozialpolitik. Und da braucht es die SPD.
Die Mieten steigen trotzdem. Hat die Mietpreisbremse versagt?
Nein, versagt hat sie nicht. Aber die Effekte sind zu gering, wie erste Studien zeigen. Deswegen wollen wir eine Bundesratsinitiative einbringen, um die Mietpreisbremse wirksamer zu machen. Zentrale Änderung ist, dass Vermieter künftig zur Transparenz gegenüber neuen Mietern verpflichtet werden sollen. Denn nur wer bei Abschluss die Miete des Vormieters kennt und weiß, wann welche Modernisierung gemacht werden musste, kann auch überprüfen, ob die geforderte Miete zulässig ist. Außerdem wollen wir unter anderem bessere Regelungen für die Erhebung des Mietspiegels und mit sieben statt elf Prozent eine geringere Modernisierungsumlage gesetzlich verankern.
Die SPD betont in ihrem Papier für Sonntag, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sei eine „Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen“. Wer spielt welche Rolle?
Jede Ebene kann und sollte seinen Beitrag zu bezahlbarem Wohnraum leisten. Zum Beispiel treibt die bisherige Strategie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA), Baugrundstücke meistbietend zu verkaufen, die Baukosten in die Höhe. Das muss ein Ende haben. In Berlin haben wir schon vor Jahren unsere städtische Liegenschaftspolitik auf mehr bezahlbares Wohnen für alle grundsätzlich umgestellt. Und gleiches fordern wir auch vom Bund. Wenn wir nicht mit unseren eigenen Ressourcen Gerechtigkeit auf dem schwierigen Wohnungsmarkt schaffen, dann können wir es auch von niemand anderem erwarten. Da machen wir viel. Auch steuerliche Anreize des Bundes sind ein Instrument, um den Bau von bezahlbaren Wohnungen anzukurbeln. Allerdings droht diese Maßnahme gerade am Streit mit der Union zu scheitern, da diese mit zu hohen Förderungen Anreize für den Bau von zu teuren Wohnungen schaffen will. Sollte es zu keiner Einigung kommen, halte ich es für sinnvoll, den Ländern die Mittel direkt zur Verfügung zu stellen. So können diese auf regionale Unterschiede reagieren und einen gerechten Ausgleich zwischen städtischen und ländlichen Regionen schaffen. Bei uns in Berlin gilt: Jeder öffentliche Euro, den wir in Wohnungen investieren, muss bezahlbaren Mietwohnungen zugutekommen. Das ist klare SPD-Politik für die Menschen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.