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Mehr Zeit für Kinder – Wie die SPD Familien entlasten will

Auf der vierten und letzten Programmkonferenz diskutieren die Sozialdemokraten ihre familienpolitischen Themen für die Bundestagswahl 2017 – und gehen auf Distanz zur Union. Die Hauptforderung der SPD: Familien brauchen mehr Zeit und Geld
von Paul Starzmann · 17. September 2016

Obwohl SPD und Union im Bund in einer Koalition regieren, könnte der Unterschied der beiden in der Familienpolitik größer kaum sein: Die Union lehnt die „Regenbogenfamilie“ ab – die Sozialdemokraten sehen das ganz anders. Ein „modernes Familienbild“ habe die SPD, erklärt die stellvertretende Parteivorsitzende Manuela Schwesig am Samstag auf der Programmkonferenz „Familie“ der SPD in Hamburg. „Das unterscheidet uns von der Union“, sagt sie und fordert, mehr zu tun für die Familien in Deutschland.

Verantwortung für Kinder übernehmen

Dabei sollte der individuelle Lebensentwurf einer Familie keine Rolle spielen, findet die Bundesfamilienministerin. „Das Leben ist bunt“, betont Schwesig und fordert das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare. „Die SPD unterstützt Menschen, die für Kinder Verantwortung übernehmen wollen“, verspricht sie – die sexuelle Orientierung der Eltern spiele dabei keine Rolle.

Wenn es aber passiert, dass sich ein Elternteil aus der Verantwortung stiehlt, dann müsse der Staat bereit stehen, findet die SPD-Politikerin. Vor allem Alleinerziehende „leisten verdammt viel“, sagt sie – diese bräuchten deshalb mehr finanzielle Unterstützung vom Staat. Zugleich müssten die Behörden aber konsequenter ausstehende Unterhaltszahlungen eintreiben.

Geld, Zeit, Infrastruktur

Mehr Geld für Kinder und Familien ist die zentrale Forderung der Familienministerin: „Ich glaube, dass man materielle Leistungen für Familien nicht unterschätzen darf.“ Bürokratie müssten abgebaut werden. Für Eltern mit geringem Einkommen soll nach Schwesigs Plänen zukünftig mit dem Kindergeld ein bisher extra zu beantragender Kinderzuschlag sofort mitgezahlt werden. Auch fiskal will Schwesig Hand anlegen: Deutschland brauche ein „Steuerrecht, das Kinder stärker berücksichtigt als den Trauschein.“

Vor allem aber bräuchten Familien eins, erklärt die zweifache Mutter: mehr Zeit. „Es ist doch Wahnsinn, dass unsere Arbeitswelt so starr ist“, klagt Manuela Schwesig. Die Arbeitsverhältnisse müssten dringend familienfreundlicher werden. Es gebe inzwischen immer mehr junge Väter, die sich mehr Zeit für die Familie wünschten und „runter wollen mit den Stunden“. Trotzdem seien es noch immer vor allem die Frauen, die unbezahlt im Haushalt arbeiteten, während die Männer das Geld verdienten. Diese „Schieflage“ will Schwesig beseitigen. In dieser Aufgabe sieht sie „ein großes gesamtgesellschaftliches Projekt“.

Gebührenfrei von der Kita bis zur Uni

Viele in der Gesellschaft wünschten sich, Beruf und Familie unter einen Hut bringen zu können, ist sich Schwesig sicher. Um die Vereinbarkeit von Job und Kind zu unterstützen, fordert die Politikerin gebührenfreie Bildung „von der Kita bis zur Uni“. Es müsse vor allem genügend Betreuungsplätze geben – auch solche mit Angeboten für Kinder, deren Eltern im Schichtdienst oder abends und nachts arbeiten. „Eltern sollen sich darauf verlassen können, dass die Politik für sie sorgt“, so Schwesig.

Für die Bundestagswahl 2017 sieht sich die Bundesfamilienministerin gut gerüstet: Die SPD sei eine Partei, die „Themen anpackt und den Ausgleich sucht.“ Ökologische Vernunft, Wirtschaftlichkeit und soziale Gerechtigkeit seien für die Sozialdemokraten keine Gegensätze. Dass Kinder in Deutschland in Frieden aufwachsen könnten, sei auch ein Verdienst der Sozialdemokratie – diese Politik will Manuela Schwesig fortsetzen: „Wir sehen uns in der Pflicht, für diesen Frieden und diesen Wohlstand weiterhin zu sorgen.“

 

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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