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Matthias Miersch: Die SPD muss dem Markt Grenzen setzen

Jahrelang habe die SPD zu sehr darauf vertraut, der Markt werde es schon richten. Das Gegenteil ist richtig, so Matthias Miersch. Er wirbt für einen handlungsfähigen Staat, der Mindestgarantien für ein Leben in Würde sichert.
von Robert Kiesel · 14. November 2017
Matthias Miersch
Matthias Miersch

Wie weiter mit der SPD? Auf der Suche nach Antworten hat Matthias Miersch ein Thesenpapier verfasst, das dem vorwärts vorliegt. In zwölf Punkten listet der Sprecher der Parlamentarischen Linken innerhalb der SPD auf, wie sich die Partei inhaltlich aufstellen muss, um zukünftig erfolgreicher zu sein. Die Kernforderung des Papiers: mehr Staat, weniger Vertrauen in die Gestaltungskraft der Märkte und ein klares Bekenntnis zu Europa sowie zu internationaler Kooperation.

„Wir brauchen eine Renaissance des Staates“

„Wir brauchen eine Debatte über nachhaltige Wirtschaftsformen, nachhaltige Gesellschaftsformen und über die Beschränkung der Marktmacht bestimmter Unternehmen“, fordert Miersch in seinem Papier und merkt an: „Ich glaube, dass wir eine Renaissance des Staates im wohl verstandenen Sinne brauchen. Einen Staat, der soziale wie auch innere Sicherheit gibt.“ Die SPD und staatliche Institutionen müssten den Menschen gegenüber „Handlungsfähigkeit beweisen“, so Miersch im Gespräch mit vorwärts.de. „Warum sonst sollen sie uns ihr Vertrauen schenken?“

In dem Papier fordert er einen „grundsätzlichen Umbau der sozialen Sicherungssysteme“ sowie die Schaffung „staatlicher Mindestgarantien für ein Leben in Würde“, beispielsweise in der Pflege. Darüber hinaus fordert er eine „viel stärkere Besteuerung großer Einkommen und Vermögen“ sowie Investitionen in bezahlbaren Wohnraum, Bildung und den Ausbau der Breitbandversorgung. Miersch erteilt „jeder Form der Privatisierung in der Daseinsvorsorge“ eine Absage und pocht darauf, wirtschaftspolitisch einen „Gegenentwurf zu neoliberalen Konzepten“ zu formulieren.

Miersch kritisiert „neoliberales Denken“ in der SPD

Mit Blick auf die SPD sagte Miersch im Gespräch mit vorwärts.de: „In der SPD glaubten Ende der 90er Jahre viel zuviele dem neoliberalen Motto ‚Der Markt wird es richten.‘ Der Markt richtet es aber nicht. Wir müssen definieren, was wir dem Markt entziehen. Im Wohnungsbau beispielsweise wird es nur mit staatlichem Zutun auch sozialen Wohnungsbau geben.“

Mit dem Thesenpapier beteiligt sich Miersch an einer Erneuerungsdebatte innerhalb der SPD, die unmittelbar nach der Wahlniederlage am 24. September eingesetzt hatte. Zum Ansatz, in dieser Debatte mittels Dialogkonferenzen auch die Basis zu Wort kommen zu lassen, sagte Miersch: „Ich halte das, was Martin Schulz jetzt macht, für absolut richtig. Der Dialog und die Suche nach konkreten Antworten dürfen aber nicht nach dem Bundesparteitag aufhören. Wir werden ein bis zwei Jahre dafür brauchen.“

„Das System ist nicht nachhaltig“

Den Vorstoß von Schulz, künftig wieder Mut zur Kapitalismuskritik zu fassen, kommentierte Miersch wohlwollend: „Ich teile das zu 100 Prozent. Die Frage ist nur, welche Antworten wir bieten. Dass der Markt nicht alles regelt, müssen wir überall attestieren. Das System, so wie wir es im Moment haben, ist nicht nachhaltig. Diese Aussage zieht sich durch meine zwölf Thesen.“

Die Originalversion des Thesenpapiers kann hier heruntergeladen werden:

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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