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Matthias Hey: Ein roter Exot in der Illuminatenstadt Gotha

Matthias Hey ist der einzige direkt gewählte SPD-Landtagsabgeordnete in Thüringen. Bei der Wahl vor fünf Jahren lag der Fraktionsvorsitzende fast 15 Prozent vor der politischen Konkurrenz. Auch, weil die Menschen in Gotha ihn seit zehn Jahren als Stadtführer kennen.
von Jonas Jordan · 27. September 2019
„Folgen Sie mir bitte hier entlang!“ – Matthias Hey führt die 25-köpfige Besuchergruppe in den geheimen Garten der Illuminaten im Gothaer Stadtpark.
„Folgen Sie mir bitte hier entlang!“ – Matthias Hey führt die 25-köpfige Besuchergruppe in den geheimen Garten der Illuminaten im Gothaer Stadtpark.

„Mein Name ist Matthias Hey und Sie wollen heute mit mir eine kleine Runde machen auf den Spuren eines mächtigen Geheimordens.“ Es ist Freitagnachmittag Ende August, Punkt 17 Uhr und der einzige direkt gewählte SPD-Landtagsabgeordnete in Thüringen steht umringt von 25 Personen inmitten der Gothaer Orangerie.In den kommenden zwei Stunden geht es nicht um Politik. Hey redet über die Verbindungen der Gothaer Fürsten zum englischen Adel, über Lancelot Brown, den Architekten des Englischen Gartens in Gotha, und über Johann Adam Weishaupt, den legendären Gründer des Illuminatenordens.

Hey spricht über die Strukturen des Geheimbundes. Die Zahl 13 besaß eine besondere Bedeutung. So viele Hierarchieebenen hatte jede Loge. „Eine Loge ist so etwas wie ein Ortsverein“, erklärt Hey, der selbst Vorsitzender des größten Ortsvereins im Landkreis Gotha ist. Landesweit steht die SPD in Thüringen momentan bei acht bis neun Prozent. Der Landkreis Gotha ist der einzige, in dem die SPD bei der Kommunalwahl Ende Mai vorne lag. Hier errang Hey vor fünf Jahren das einzige Direktmandat für die Thüringer SPD. Mit 38,9 Prozent lag er fast 15 Prozent vor der politischen Konkurrenz.

Bürgernähe als Faustpfand

Die Menschen in Gotha kennen ihren Landtagsabgeordneten. Auch durch seine zahlreichen Führungen. Die bietet er im elften Jahr an. Nachdem 2009 ein Molotow-Cocktail Teile der frisch sanierten Orangerie zerstört hatte, versprach Hey, Geld für die Reparatur zu sammeln und kam auf die Idee mit den Illuminaten-Führungen. „Die Leute haben mir die Bude eingerannt“, sagt er. Die politischen Gegner witterten ein Wahlkampfmanöver. Doch zehn Jahre später hat Hey fast 10.000 Menschen auf den Spuren der Illuminaten durch Gotha geführt.

Heute hat der 49-Jährige seinen papyrusweißen Trabant, Baujahr 1990, in der Nähe der Parkallee 13 geparkt. Dort wohnte Johann Adam Weishaupt. Von da sind es nur wenige Hundert Meter bis zu einem Geheimgarten, den einst nur die Mitglieder der Illuminaten betreten durften. Zwei riesige Zypressen bilden den Eingang. Im Park wechseln sich Hell und Dunkel, Schatten und Licht stets ab. Von keinem Punkt im Garten aus ist das komplette Areal zu sehen, erklärt Hey.

Die schwersten Wahlen seit 1990

Gut sichtbar ist hingegen das Bürgerbüro des Landtagsabgeordneten. Das „HEYLife“ liegt direkt am Marktplatz und ist von Montag bis Freitag jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Die Miete für die exklusive Lage ist hoch. Doch Hey ist es das wert. Er möchte, dass seine Wähler ihn finden. Und ihn am 27. Oktober bei der Landtagswahl wieder-wählen. Zwar steht Hey auch auf Platz drei der Landesliste der Thüringer SPD. Doch der Anhänger des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt besitzt den sportlichen Ehrgeiz, den Wahlkreis zum dritten Mal in Folge direkt zu gewinnen. Das dürfte nicht einfach werden. „Diese Wahlen sind für die SPD die schwersten seit 1990“, sagt er.

Im Dreierbündnis unter dem linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow hat die SPD in Umfragen aktuell Schwierigkeiten, sich zu behaupten. Die SPD laufe ein bisschen unter dem Radar, meint Hey. Dennoch plädiert der Fraktionsvorsitzende der SPD im Thüringer Landtag klar für die Fortsetzung der -Koalition: „Wir sind wild entschlossen, dieses Bündnis fortzuführen. Niemand hat Lust, mit Mike Mohring zu koalieren“, dem Spitzenkandidaten der CDU.

„Wolfgang Tiefensee nimmt jeden Saal im Sturm“

Als große Herausforderung bei dieser Wahl sieht Hey die Mobiliserung: „Viele Leute klopfen mir auf die Schulter und sagen: Herr Hey, Sie haben doch sowieso schon gewonnen.“ Das hält Hey für gefährlich, sowohl im Hinblick auf sein eigenes Abschneiden als auch das der AfD. Deswegen sagt er den Menschen: „Wenn ihr nicht wollt, dass Thüringen unregierbar wird, müsst ihr SPD wählen. Wenn ihr uns wählt, wird der Ministerpräsident noch eher gewählt, als die Schokoladen-Weihnachtsmänner im Supermarkt aus dem Regal kommen.“

Auch wegen des beliebten SPD-Spitzenkandidaten glaubt Hey an einen Wahlerfolg: „Wolfgang Tiefensee nimmt jeden Saal im Sturm. Egal, wo er hingeht, er hinterlässt überall begeisterte Gesichter.“ Für die sorgt auch Hey an diesem Tag im Gothaer Geheimgarten der Illuminaten und sammelt im elften Jahr weiter Spenden für die Sanierung der Orangerie.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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