Parteileben

Martin Schulz wirbt um Zustimmung für GroKo-Verhandlungen

Verhandlungen mit der Union oder Neuwahlen? Die Antwort auf diese Frage gibt ein Sonderparteitag der SPD in Bonn.
von Robert Kiesel · 21. Januar 2018
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Vor der Abstimmung des SPD-Bundesparteitags über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union hat Parteichef Martin Schulz dafür geworben, die Chance der SPD auf Gestaltung und Erneuerung wahrzunehmen. „Wir bitten euch um Zustimmung zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen“, sagte Schulz am Ende seiner knapp einstündigen Rede vor den 600 Delegierten in Bonn.

Schulz zu Sondierungen: „Haben eine Menge erreicht“

Zuvor hatte Schulz seine Bitte mit den „guten Ergebnissen“ der Sondierungsgespräche zwischen SPD und CDU/CSU begründet. „Wir haben eine Menge erreicht“, sagte Schulz und nannte als Beispiele die geplante Parität bei den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung, Verbesserungen im Pflegebereiuch wie die höhere Bezahlung der Pflegeberufe, die Einführung der Grundrente sowie die Festschreibung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2025. Die Ergebnisse im Bereich der Bildungspolitik nannte Schulz die „größte Bildungsinitiative in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ und folgerte: „Wir sind mit diesem Sondierungspapier auf einem guten Weg.“

Im Hinblick auf Europa betonte Schulz: „Wir haben die große Chance, Europa neu zu gestalten und damit mehr soziale Gerechtigkeit herzustellen.“ In seinen Augen wäre es „fahrlässig“, diese Chance nicht zu ergreifen. Das Sondierungspapier nannte er ein „Manifest eines europäischen Deutschlands“.

Bis zuletzt für Verbesserungen kämpfen

Schulz betonte, dass in möglichen Koalitionsverhandlungen über die bislang erzielten Einigungen hinaus zentrale Forderungen der SPD erneut diskutiert werden müssten. „Wir werden diesen Punkt wieder aufrufen“, so Schulz zur Forderung nach einem Ende der sachgrundlosen Befristung. Er kündigte an, auch das Ziel, die „Zwei-Klassen-Medizin“ abzubauen, nicht aufzugeben und erneut diskutieren zu wollen. Mit Blick auf die Debatte über den Familiennachzug für Angehörige von Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz sagte Schulz, eine sogenannte Obergrenze werde es mit der SPD nicht geben. „Da muss sich die Union bewegen, eine Härtefallregelung wird kommen“, erklärte Schulz und kündigte an: „Wir werden bis zum letzten Verhandlungstag für ein Ergebnis kämpfen, mit dem wir mit guten Gewissen vor unsere Mitglieder treten können.“

Vor dem Hintergrund der unmittelbar nach der Bundestagswahl angekündigten Erneuerung der SPD betonte Schulz: „Regieren und Erneuern schließen sich nicht aus“. Er kündigte an, gemeinsam mit Generalsekretär Lars Klingbeil im März einen Fahrplan für Erneuerung der SPD vorzustellen.

Groschek fordert „Erneuerung, die sich gewaschen hat“

Vor Schulz hatten bereits Malu Dreyer und Michael Groschek zu den Delegierten des Sonderparteitags gesprochen. Der Vorsitzende der SPD in Nordrhein-Westfalen hatte dabei die Notwendigkeit der Erneuerung der SPD betont und gesagt: „Die SPD darf nie wieder zum Streichelzoo für Platzhirsche werden. Wir brauchen eine Erneuerung, die sich gewaschen hat.“ Er erinnerte die Delegierten an die Verantwortung, die jeder einzelne mit seiner Entscheidung für oder gegen Koalitionsgespräche mit der Union trägt.

Dreyer, SPD-Vizechefin und Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, sprach angesichts der anstehenden Abstimmung über Koalitionsverhandlungen mit der Union von einer „Entscheidung mit großer Reichweite für Deutschland und die SPD“. Sie betonte – genau wie kurz darauf auch später Martin Schulz – dass nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen und vor dem Hintergrund der Absage der Union an eine Minderheitsregierung einzig die Möglichkeiten GroKo oder Neuwahlen zur Verfügung stehen. „Der Union fehlt der Mut zur Minderheitsregierung“, sagte Dreyer in Richtung CDU und CSU und sprach sich anschließend für Verhandlungen über die Bildung einer erneuten  großen Koalition aus.

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