Marie von den Benken: Warum die Influencerin jetzt SPD-Mitglied ist
Was hat dich zum Eintritt in die SPD bewogen?
Ich wollte vor allem nicht mehr nur von außen auf die Politik eindreschen. Der Welt vom eigenen Sofa aus zu erklären, wie alles zu laufen hat, ist einfach. Zu versuchen, wirklich etwas zu ändern ist da schon anstrengender. Das wollte ich versuchen. Also galt es, die richtige Partei für mich zu finden. Mit meinen Haupthemen Tierschutz und Nachhaltigkeit hätte sich womöglich auch eine andere Farbe als Rot angeboten, aber wenn man die Tradition, die Bedeutung und zum Beispiel den stetigen Einsatz für Frauenrechte sieht, gab es in Verbindung mit dem Anspruch, dass die Partei auch alle anderen wichtigen Themenbereiche, die nicht meine Expertise sind, quasi flächendeckend gut im Blick hat, gab es zur SPD eigentlich keine wirkliche Alternative.
Gab es Personen, die dich dazu besonders motiviert/animiert haben?
Zum einen ist ein Zweig unserer Familie traditionell sozialdemokratisch. Da bin ich sehr geprägt worden. Obwohl es lange vor meiner Zeit war, habe ich später auch die beeindruckenden Reden von Willy Brandt oder Helmut Schmidt gesehen. Auch Gerhard Schröder hat tolle, mitreißende Worte gefunden, bevor er nach seiner politischen Karriere ein wenig in die falsche Richtung abgebogen ist. Aus dem aktuellen Kader gibt es natürlich auch einige Menschen, die ich vorrangig auf Twitter erlebt habe und sehr inspirierend fand.
Inwieweit fühltest du dich der SPD schon vorher verbunden?
Natürlich primär durch die familiäre Prägung. Wenn man sich mit der Historie der Parteien beschäftigt, ist die SPD ebenfalls einzigartig. Ich habe nicht den Eindruck, dass sich irgendeine andere Partei so kontinuierlich und unbeirrt darum bemüht hat, auch für die Schwächeren unserer Gesellschaft einzustehen.
Wie wurdest du in der Partei aufgenommen?
Ausnahmslos freudig erregt natürlich. Als Koryphäe der urdeutschen Humorfarbe „Schlechte Wortwitze“ wurde ich als Genossin geradezu herbeigesehnt. Aber mal Spaß bei Seite. Ich wurde sehr gut und sehr freundschaftlich empfangen. Ich hatte mein Parteibuch auf Twitter gepostet und wollte damit eigentlich nur erreichen, dass ein paar andere Menschen vielleicht auch denken: „Oh, die hat Recht. Wenn man was ändern will, muss man aktiv werden“. Ich bekam aber Nachrichten und Willkommensgrüße von so ziemlich jedem bekannten SPD-Mitglied und auch viele Angebote zum Gedankenaustausch. Zuletzt war ich auf einem Dinner für Kunst- und Kulturschaffende von Lars Klingbeil eingeladen. Ich hoffe, ich kann in naher Zukunft noch einige mehr dieser Gespräche führen.
Wie möchtest du dich in der SPD engagieren?
Ich bin keine Politikerin. Ich werde mit ziemlicher Sicherheit nicht Kanzlerin werden. Ich habe meine Kernthemen, für die ich kämpfe und für die ich auch innerhalb der SPD für noch mehr Fokus, Ideen, Lösungen und Engagement werben möchte. Ich glaube, das Thema Tierschutz ist ein sehr zentrales für unsere Zukunft. Das sage ich nicht nur aus ethischer Sicht. Ich persönlich finde, es steht uns nicht zu, andere Lebewesen zu töten, nur um eine schnelle, ungesunde Currywurst zu essen. Aber warum das Thema wirklich jeden betrifft, dafür möchte ich noch mehr Aufmerksamkeit schaffen, auch und vor allem hier bei uns, in Deutschlands traditionsreichster Partei. Es würde zu weit gehen, hier alle Zusammenhänge wissenschaftlich abzuarbeiten, aber ich bin überzeugt, dass zu hoher Fleischkonsum, Preisdruck und Massentierhaltung katastrophale Auswirkungen auf unser Klima und damit unserer Zukunft und die Zukunft unserer Kinder und Enkel hat. Dazu kommen gesundheitliche Aspekte. Das ist ein weites Feld und ich weiß, dass es da sehr kontroverse Diskussionen gibt – aber vor denen scheue ich mich nicht. Ich verlange von niemandem, dass er Veganer werden soll. Aber ich sage: Jedes Stück Fleisch, das nicht in Massentierhaltung produziert wird, ist ein Gewinn für uns alle. Aus vielen Gründen. Das wird mein Hauptthema sein, wo immer ich dafür werben kann.
Welchen Social-Media-Tipp würdest du der SPD geben?
Ich glaube, die SPD ist da sehr viel besser aufgestellt, als man es von einem schwer dynamisch zu navigierendem Öltanker erwarten würde. Wenn ich mir dennoch einen Ratschlag erlauben darf, würde ich sagen: Wenn man schon so fortschrittlich ist, einen eigenen Newsroom zu etablieren, warum dann nicht mutig sein und auch wie ein Verlagshaus operieren. Also auch mal humorvoll und provozierend sein. Ich weiß, wovon ich spreche, da meine persönliche Popularität, sofern man das bei mir überhaupt so nennen kann, eigentlich ausschließlich auf Twitter basiert. Dort habe ich angefangen, dort haben die Leute mich gelesen und gesehen. Und ich war dort immer sehr ironisch und auch aneckend unterwegs. Ich glaube, dass man große Reichweite – vor allem in Bubbles, die man sonst auf normalen Wegen nicht so sehr erreicht – nur auf diese Art erzeugen kann. Und darum geht es doch letztendlich, oder?
Du bist BVB-Fan, waren die Lieblingsvereine des Vorsitzenden/Generalsekretärs ein Hinderungsgrund? Oder möchtest du die beiden noch bekehren?
Ich habe mich immer als Aufklärerin für guten Geschmack gesehen. Verirrungen hinsichtlich fußballerischer Präferenzen sind daher selbstredend kein Hinderungsgrund. Ich optimiere gerne, auch was das angeht. Und da ist viel zu tun. Wenn man sich etwa anschaut, mit welcher Orientierungslosigkeit etwa ein Kevin Kühnert durch die schönste Nebensache der Welt schlafwandelt, ist es wirklich bemerkenswert, mit welch klaren und mutigen, extrem unterstützenswerten Themen und Ideen er auf politischem Parkett operiert. Und da sage ich: Für einen stellvertretenden Bundesvorsitzenden sind diese politische Haltung und die Stringenz, sie durchzusetzen, von zentraler Wichtigkeit. Da verzeihe ich selbst eine so ausgeprägte fußballästhetische Dysfunktion nur zu gerne.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo