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Manuel Gava: Aus den Dolomiten über Osnabrück in den Bundestag

Mit drei Jahren kam Manuel Gava aus den italienischen Dolomiten nach Deutschland. Mit 30 sitzt er nun für die SPD im Bundestag. Dort will er unter Beweis stellen, dass er auch mit einem Hauptschulabschluss gute Politik machen kann.
von Jonas Jordan · 11. November 2021
Manuel Gava ist SPD-Bundestagsabgeordneter aus Osnabrück.
Manuel Gava ist SPD-Bundestagsabgeordneter aus Osnabrück.

Für Manuel Gava gab es in diesem Jahr gleich zweimal ordentlich Grund zum Jubeln. Am 11. Juli wurde Italien Fußball-Europameister. Am 26. September stand ebenfalls um kurz vor Mitternacht stand fest: Der 30-Jährige ist für die SPD im Bundestag. „Es war etwas extrem Bewegendes, mit dem ich so lange Zeit gar nicht rechnen konnte“, sagt der Osnabrücker, der in der niedersächsischen Friedensstadt das Direktmandat gewann. Zum ersten Mal seit 16 Jahren ging der Wahlkreis wieder an einen Sozialdemokraten.

Einen, dessen Lebensweg an einem ganz anderen Ort begann. 1991 kommt Gava im kleinen Städtchen Pieve di Cadore in den italienischen Dolomiten zur Welt. Als er drei Jahre alt ist, zieht er nach Deutschland, wächst in Taunusstein vor den Toren Frankfurts mit seiner Großmutter und seinem Vater auf. Schon mit zehn Jahren steht er in dessen Eiscafé hinter der Theke und verkauft die ersten Kugeln. Trotzdem sagt er heute: „Ich habe selten Lust, mir am Wochenende ein Eis zu holen. Ich glaube, ich bin satt für die restlichen Lebensjahre.“

Seit 2016 in der SPD

Das kommt auch daher, dass er nach seinem Hauptschulabschluss lange Zeit für einen Großhändler für Bäckereien, Konditoreien und Eiscafès arbeitet, sich also tagtäglich mit der Materie auseinandersetzt. Aus beruflichen Gründen findet Gava 2012 seinen Weg nach Osnabrück, wo er sich nach fast zehn Jahren inzwischen auch vollkommen heimisch fühlt. Er hat eine Dauerkarte beim Fußball-Drittligisten VfL Osnabrück und mag Grünkohl lieber als Carbonara. Anders als der ebenfalls aus Osnabrück stammende SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken wartet er allerdings noch darauf, zum Grünkohlkönig gekürt zu werden. „Vielleicht liest das jemand und kommt auf die Idee, mich zu nominieren“, sagt er im Interview mit dem „vorwärts“.

Dass mal jemand auf die Idee kommen würde, ihn für eine Bundestagskandidatur zu nominieren, hätte Gava vor einigen Jahren auch nicht gedacht. Ohnehin ist er erst seit 2017 deutscher Staatsbürger, ein Jahr länger in der SPD. Das erschreckend gute Abschneiden der AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg bewog ihn dazu: „Das war der Moment, in dem ich gesagt habe: Heute Abend trete ich in die SPD und in die Gewerkschaft ein.“

Mit Hauptschulabschluss in den Bundestag

Der Osnabrücker macht schnell Karriere innerhalb der Partei. Schon 2019 wird er SPD-Unterbezirksvorsitzender. „Vom Charakter her bin ich jemand, der vorne dabei sein und gestalten will“, sagt er. Als es wenig später um die Aufstellung zur Bundestagswahl geht, fragt er sich, ob er sich das zutraut. „Ich habe mich gefragt: Bist du überhaupt in der Lage, mit deiner Biografie den Debatten zu folgen und einen Beitrag zu leisten. Irgendwann bin ich zu der Erkenntnis gekommen: Okay, ich probiere das. Zu einem Zeitpunkt, als die SPD in Umfragen bei 13 Prozent lag. Es war für mich überhaupt nicht abzusehen, dass es klappen würde“, erzählt Gava.

Anders als viele seiner Bundestagskolleg*innen hat er kein Abitur gemacht, nicht studiert. In der Gesamtbevölkerung sieht es umgekehrt aus. Gava will daher seinen Beitrag zu leisten, die gesellschaftliche Realität besser abzubilden. „Ich finde es schräg, wenn das völlig auseinander geht“, sagt er. Insofern wertet er es auch als wichtigstes Zeichen, dass mit Bärbel Bas eine SPD-Politikerin zur Bundestagspräsidentin gewählt wurde, die ebenfalls keine akademische Karriere hinter sich hat. „Wir müssen akzeptieren und respektieren, dass es unterschiedliche Lebensläufe gibt. Das mehr zu fördern, fehlt mir in Deutschland etwas“, sagt Gava.

Leidenschaft für Brasilien

Gerne möchte er künftig im Ausschuss für Arbeit und Soziales dazu beitragen. Alternativ könnte er sich den Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls gut vorstellen, auch weil Gava eine große Leidenschaft für Lateinamerika hegt. Seine Stiefmutter kommt aus Brasilien. Vor Corona war er einmal im Jahr dort. „Die Verbindung zu Südamerika ist mir sehr wichtig“, sagt er, betont zugleich: „Ich bin aber wie beim Fußball flexibel einsetzbar. Das gehört als Neuer auch mit dazu.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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