Malu Dreyer – eine Landeschefin auf Augenhöhe
Ute Grabowsky / photothek.net
Einer kann sich irren, aber gleich so viele? „Sie ist menschlich, nah an den Leuten, sympathisch, eine zum Anfassen eben.“ Wen man auch fragt an diesem ausgelassenen Wahlkampf-Abend in Boppard, einer 15 000-Einwohner-Stadt am westlichen Rheinufer, die Menschen sind sich einig: Malu Dreyer ist eine von ihnen. „Eine aus dem Volk eben“, bringt es einer der Anwesenden auf den Punkt.
Malu Dreyer: „Ich bin so wie ich wirke“
„Warum ich so wirke? Weil ich so bin!“, antwortet jene Frau, für die in der SPD und darüber hinaus mit Lob nicht gespart wird. „Die Leute merken schnell, ob jemand echt ist, im Guten wie im Schlechten. Ich bin echt und verstelle mich nicht, das kommt an“, erklärt Maria Luise Anna Dreyer, wie die alte und wohl auch neue Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz mit vollem Namen heißt.
An Selbstbewusstsein mangelt es ihr, der „sozialen Optimistin“, wie sich Dreyer selbst beschreibt, also nicht. Daran dürfte sich so bald auch nichts ändern. Nach einer kräftezehrenden Aufholjagd triumphierte Dreyer bei den jüngsten Landtagswahlen im März 2016, rettete ihrer Partei einen insgesamt desaströsen Wahltag und verwies die in Umfragen lange Zeit in Führung liegende CDU-Kandidatin Julia Klöckner klar in die Schranken. Heute wurde Dreyer im Amt der Landeschefin von Rheinland-Pfalz bestätigt.
CDU-Wahlkampf und Gitarre in der Fußgängerzone
Dabei war der Weg Dreyers auf diesen Posten weit weniger linear als ihre souveräne Amtsführung seit der Übergabe durch Kurt Beck im Januar 2013 glauben macht. Angefangen hatte alles mit der CDU, ausgerechnet. Weil Dreyers Vater im heimischen Neustadt an der Weinstraße Kreisverbandsvorsitzender der Christdemokraten war, spielte Politik im Leben der jungen Malu schon früh eine Rolle. Parteikameraden des Herrn Papa gingen im Haus der Familie ein und aus, in ihrem Buch „Die Zukunft ist meine Freundin“ gesteht Dreyer, mit 13 Jahren Flugblätter der CDU in die Briefkästen ihrer Nachbarschaft gestopft zu haben. In „kindlicher Solidarität“, wie sie heute versichert, aber immerhin.
Eine CDU-Mitgliedschaft blieb ihr zwar erspart, die SPD spielte für Malu Dreyer aber zunächst ebenfalls keine Rolle. Ihren Drang nach Gestaltung und Gerechtigkeit stillte „Malu unkaputtbar“, wie sich Dreyer vor der Diagnose einer Multiple Sklerose im Jahr 1995 selbst bezeichnete, woanders. Ob während der „christlichen Phase“ Jesus-Lieder singend in der Fußgängerzone von Neustadt, als Schülersprecherin und Mitbegründerin der Schülerzeitung „Initiativ“ oder später als gegen Modernisierung und Verdrängung in der Mainzer Altstadt kämpfende Studentin, an Überzeugungen mangelte es Malu Dreyer nie. Nur für sich leben und handeln, das war ihr schon immer zu wenig.
Vom Gerichtssaal in die Politik
Daran, dass sich Engagement und Energie Dreyers schließlich in der Politik ihren Hebel zur Veränderungen suchten, hat Carsten Pörksen keinen kleinen Anteil. „Ich habe damals eine Bürgermeisterkandidatin für Bad Kreuznach gesucht, da habe ich sie einfach gefragt“, erinnert sich Pörksen, SPD-Landtagsabgeordneter und damals Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bad Kreuznacher Stadtrat. Zu seiner eigenen Überraschung sagte die damals als Rechtspflegerin in der Landtagsverwaltung angestellte Dreyer zu, verwarf die Perspektive einer Richterkarriere und ging in die Politik.
1995 wurde sie hauptamtliche Bürgermeisterin der Stadt Bad Kreuznach, 1997 zog es Malu Dreyer als Jugend- und Sozialdezernentin nach Mainz. „Wir haben sie die Politik gelehrt, die Mainzer haben sie uns weggeschnappt“, erinnert sich Pörksen. Dass Dreyer 2002 Ministerin für Arbeit und Soziales und 2013 Ministerpräsidentin des Landes werden würde, damit hatte Pörksen nicht gerechnet.
Hauptsache Spaß dabei
Folgt man seiner Beschreibung, erscheint der Aufstieg aber geradezu folgerichtig: „Malu Dreyer besitzt eine unglaubliche Auffassungsgabe kombiniert mit sehr viel Empathie und einem hohen politischen Sachverstand“, so Pörksen. Die Nähe zu den Menschen, frei von „Gefühlsduselei“ oder „Geschwurbel“, sowie die nötige Stringenz und Strenge machten sie zu einer sehr guten Ministerpräsidentin für das Land Rheinland-Pfalz.
Und das will sie auch bleiben. „Die Arbeit muss Spaß machen, gerade wenn man einen Job eine Weile lang machen will“, gab Malu Dreyer am Tag des abendlichen Bürgerdialogs in Boppard einer Gruppe Auszubildender mit auf den Weg. Nicht wenige der im Raum Anwesenden dürften sich in diesem Moment gedacht haben: So ansteckend wie Malu Dreyer den Spaß an der eigenen Arbeit vor sich herträgt, hat sie vom Job der Ministerpräsidentin noch lang nicht genug.