Mallorca-Party: Wie die SPD vor Ort für ein neues 9-Euro-Ticket wirbt
Karlsruhe, Mannheim und Heidelberg sind keine 40 Kilometer entfernt. Waghäusel in Baden-Württemberg, so beschreibt sie der SPD-Ortsvereinsvorsitzende David Heger, ist eine klassische Kreisstadt für Berufspendler*innen. „Wir haben zwei Bahnstationen“, erklärt der Sozialdemokrat, „und wir liegen genau an der Grenze zwischen zwei Verkehrsverbünden“.
Namentlich sind das im Süden der Karlsruher Verkehrsverbund KVV und im Norden der Verkehrsverbund Rhein-Neckar VRN. „Eigentlich“, sagt Heger über das Nahverkehrsangebot, „kommt man in jede Richtung gut weg“. Er selbst ist Student, kann mit dem Semesterticket nach Mannheim fahren. Wer ein VRN-Monatsticket besitzt, darf damit sogar bis Kaiserslautern und Würzburg fahren, erklären die Sozialdemokrat*innen zu der Aktion, nicht aber in den Nachbarort Graben-Neudorf, der liegt im KVV-Gebiet.
Das Ticket macht den ÖPNV einfacher
Heger – und viele andere in den drei Ortsteilen und der Umgebung – gehören damit zu den klaren Profiteur*innen des 9-Euro-Tickets. Denn sie sparen nicht nur Geld, sondern auch Zeit: „Man musste vorher immer erst überlegen, in welche Richtung man fährt und für welchen Verkehrsverbund, wie viele Waben, man ein Ticket braucht“, so David Heger.
(Einsteigen, fahren, aussteigen: Welche Anforderungen das Nachfolgeticket erfüllen sollte)
Deswegen sehen die Sozialdemokrat*innen im Ort eine klare Veränderung der Mobilität, seitdem es das 9-Euro-Ticket gibt: „Viele Strecken wurden früher mit dem Auto erledigt, jetzt beobachten wir einen Wechsel.“ Klar, vor allem zu Beginn seien die Bahnsteige besonders voll gewesen, sagt Heger. Einen langfristigen Trend sieht er dennoch, auch in diesen Wochen.
Eine Entwicklung, an die der Ortsverein mit einer Plakataktion angeknüpft hat: Als am Wochenende eine große Mallorca-Party in Waghäusel gefeiert wurde, plakatierte die SPD kurzerhand mit einem Song, der dem Publikum geläufig sein sollte: „Der Zug hat keine Bremse“ – ergänzt mit der Forderung, das 9-Euro-Ticket zu verlängern – „Für uns hat der Zug keine Grenzen“, ergänzen sie auf ihrer Internetseite den Songtext.
Mit Plakaten zur Party
Aus Sicht der Waglhäuser Sozialdemokrat*innen ging der Plan auf: „Wir wurden mehrmals drauf angesprochen“, sagt David Heger. Denn zu der Party reisten viele mit dem Zug an, sie wurde auch als die größte Mallorcaparty Süddeutschlands angepriesen. Laut Heger waren auf Fotos von der Veranstaltung auch hin und wieder die Plakate zu sehen.
David Heger, der zusammen mit Ulrike Lechnauer-Müller als Doppelspitze den Ortsverein führt, ist klar, dass das Ticket im September nicht direkt verlängert werden wird. Es gehe ihnen im Ort auch nicht allein um den Preis, sondern eben darum, dass der öffentliche Nahverkehr so einfach bleiben soll wie jetzt. „Deswegen brauchen wir auch so bald wie möglich ein Nachfolge-Ticket“, fordert er.
Dabei knüpft die SPD vor Ort auch an eine Forderung an, mit der zuletzt die Landes-SPD in Baden-Württemberg Wahlkampf gemacht hatte: ein 365-Euro-Ticket. Damals, im Jahr 2020, hagelte es vor Ort Kritik, das Jahresticket für umgerechnet einen Euro pro Tag oder rund 30 Euro im Monat galt als unfinanzierbar, nicht durchsetzbar. Der Wind könnte sich mit dem bundesweiten 9-Euro-Ticket gedreht haben, das millionenfach verkauft wurde. „Wir können den Schwung aber auch schnell wieder verlieren“, befürchtet Heger.
Nach dem dreimonatigen Test ist er sich aber sicher: „Wenn das Angebot passt, ist die Nachfrage da.“ Deswegen wollen die Waghäuseler*innen auch weiter Druck machen, entsprechende Anträge in den Kreistag einbringen und auch an anderer Stelle weiter für ein einfaches, bezahlbares ÖPNV-Ticket kämpfen.