Ludwigshafen: Triff die SPD im Quartierbüro!
Ein Brief, ein Anruf, eine Information: Wie wenig manchmal notwendig ist, damit es einem Menschen besser geht, das hat Klaus Beißel überrascht. Der Leiter des Quartierbüros hat in diesem Jahr viele alltägliche Probleme der Menschen im Ludwigshafener Stadtteil Gartenstadt kennengelernt. Die Zahlen der Besucher steigen von Monat zu Monat. Und auch die Zahl der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer wächst stetig. Eine von ihnen ist Bärbel Keinath, die gerade an einem Plakat bastelt.
In zwei Jahren von der Idee zur Wirklichkeit
Konzipiert und umgesetzt wurde das Projekt „Quartierbüro“ von der SPD Rheinland-Pfalz. Zwei Jahre dauerte es laut örtlichem SPD-Generalsekretär und Projektinitiator Daniel Stich, bis die Idee Wirklichkeit wurde. Am 2. Januar öffnete das Quartierbüro als Anlaufstelle und Begegnungsort seine Türen in dem Stadtteil, in dem rund 16.500 Menschen leben. Hier liegt die Arbeitslosenquote bei fast zehn Prozent, jeder Siebte lebt von Hartz IV, der Leerstand nimmt zu, etwa 2.000 Anwohner haben Migrationshintergrund.
In den 1980er Jahren wählten in dem klassischen Arbeiterviertel 80 Prozent die SPD, bei der Bundestagswahl 2017 waren es 29,5 Prozent. Weil gleichzeitig die AfD 18,9 Prozent der Stimmen bekam, beschloss man, sich hier zu engagieren – sozialdemokratisch und niederschwellig. Dass das Quartierbüro von einer Partei betrieben wird, ist erst auf den zweiten Blick erkennbar. Auf den ersten Blick fällt das rotweiße Logo ins Auge: ein Herz im Stadtviertel.
Helfen, dass die Menschen sich kennenlernen.
„Wir können die Welt nicht aus den Angeln heben“, betont Klaus Beißel (31), der nach der Lehre zum Kfz-Mechatroniker Politikwissenschaft an der Universität Mainz studierte und es in diesen Tagen mit dem Master abschließt. „Aber wir können zuhören, helfen und dazu beitragen, dass die Menschen, die hier wohnen, sich kennenlernen und sich vernetzen.“
An einer langen Tischreihe finden regelmäßig Frühstückstreffen statt, es gibt Eltern-Kind-Nachmittage, bei denen der große Spielbereich genutzt wird, in einem anderen Teil der ehemaligen Drogeriemarkt-Filiale finden Infoveranstaltungen statt. Einmal in der Woche ist Bürgersprechstunde, bei der Menschen ihre Sorgen und Nöte – etwa Probleme mit dem Energieversorger oder dem Jobcenter, aber auch Kritik und Verbesserungsvorschläge fürs Viertel vortragen können. Auch außerhalb dieser Zeit steht Beißel – unterstützt von einer FSJlerin und einer Teilzeitkraft – als Ansprechpartner zur Verfügung: montags bis donnerstags von 10 bis 18 Uhr, freitags bis 16 Uhr.
Haustürbesuche – ohne Wahl
Um in Kontakt mit Bewohnerinnen und Bewohnern des Viertels zu kommen, klingeln Beißel und ehrenamtlich Mitarbeitende zudem an den Haustüren und verteilen Fragebögen zum Leben in Ludwigshafen und speziell der Gartenstadt. „Haustürbesuche im Nichtwahlkontext“ nennt er das. „Wir interessieren uns für die Probleme der Menschen, auch wenn gerade keine Wahl ist.“ Ansprechpartner sein, Hilfe bieten, informieren, Vertrauen schaffen und Ängste nehmen – alles das soll dazu beitragen, dem grassierenden Rechtspopulismus entgegenzutreten.
Dazu sollen auch die Infoveranstaltungen dienen. „Wir informieren, wo wir können“, sagt Beißel und zählt die bisherigen Themenbereiche auf: Sicherheit, Verbraucherschutz, Geschichte Ludwigshafens. Geplant sind eine Jobbörse und eine Vortragsreihe zur politischen Bildung. Regelmäßig kann man hier auch SPD-Politikern aus Stadt, Land und Bund begegnen. Motto: „Triff die SPD im Quartierbüro“.
Und weil das Projekt so gut angelaufen ist, weil sich bisher mehr ehrenamtliche Helferinnen und Helfer engagieren und viel mehr Menschen kommen als erwartet, soll die Ludwigshafener Einrichtung Vorbild für ähnliche Einrichtungen in anderen Städten sein. Daniel Stich: „Wie genau sich weitere Quartierbüros gestalten und finanzieren lassen, erarbeiten wir gerade. Ich hoffe sehr, dass wir da Mittel und Wege finden!“