Parteileben

Lotte Nimser: 100. Geburtstag und 76 Jahre in der SPD

Seit 76 Jahren ist Lotte Nimser in der SPD – immer im selben Ortsverein. Nun hat sie ihren 100. Geburtstag gefeiert und politischen Besuch bekommen.
von Kai Doering · 18. Mai 2021
„Ich konnte doch gar nicht anders.“ Lotte Nimser ist seit 76 Jahren in der SPD. Zum 100. Geburtstag kam der Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe vorbei.
„Ich konnte doch gar nicht anders.“ Lotte Nimser ist seit 76 Jahren in der SPD. Zum 100. Geburtstag kam der Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe vorbei.

Wenn man Lotte Nimser fragt, warum sie in die SPD eingetreten ist, bekommt man erst mal ein lautes Lachen zur Antwort. „Ich konnte doch gar nicht anders“, sagt sie, die eigentlich Lieselotte mit Vornamen heißt. So nennt sie aber in Eschweiler bei Aachen, wo sie jetzt bei ihrer Tochter wohnt, eigentlich niemand.

Die Schulzeit konnte sie nie nachholen

1945 ist Lotte Nimser SPD-Mitglied geworden. Der Krieg war da gerade erst vorbei. „Vorher war ich aber schon bei den Falken“, betont sie. Das Kriegsende erlebte Nimser als Befreiung. Seit der Machtergreifung der Nazis im Januar 1933 hatten sie und ihre Familie in ständiger Angst in Castrop-Rauxel gelebt. Der Vater, Heinrich Imig, war Bergmann und arbeitete seit 1929 für den Bergarbeiterverband. Klar, dass auch er in der SPD war. Den Nazis war das ein Dorn im ­Auge und so wurde er 1933 entlassen. Die ­Familie musste aus dem Gewerkschaftshaus ausziehen. Während des Krieges musste Imig sie als Brotverkäufer über Wasser halten.

„Wir haben oft Angst um ihn gehabt“, erinnert sich Lotte Nimser, die viel mit dem Vater unterwegs war. Nach dem Krieg wurde Heinrich Imig zum Bürgermeister von Castrop-Rauxel ernannt, später für die SPD in den Bundestag gewählt. 1953 wurde er Vorsitzender der IG Bergbau und ein Jahr später Präsident des Internationalen Bergbauverbandes.

Tochter Lotte arbeitete zunächst in einem Zigarettengeschäft. Die Schulzeit, die sie wegen des Krieges verpasst hatte, konnte sie nie nachholen. Bald kamen die beiden Kinder zur Welt. ­Heute hat sie viele Enkel und Ur-Enkel. Castrop-­Rauxel blieb sie immer verbunden.

Politischer Geburtstagsbesuch

Auch der SPD ist Lotte Nimser seit 76 Jahren treu geblieben. Das politische Geschehen verfolgt sie noch immer. „Ich kann nicht ohne Politik“, sagt sie. Ämter oder Mandate hat Lotte Nimser dabei nie angestrebt. 2010 wurde sie mit der ­Willy-Brandt-Gedenkmünze ausgezeichnet, die die SPD nur selten vergibt.

Am 14. Mai hat Lotte Nimser ihren 100. Geburtstag gefeiert. Eine große Feier konnte es wegen Corona vorerst nicht geben, aber einige Besucher*innen kamen doch vorbei, unter ihnen die Bundestagsabgeordneten Frank Schwabe und Claudia Moll. „Lotte ist seit über 75 Jahren Mitglied in der SPD und hat davor die Schrecken des Nationalsozialismus hautnah miterlebt“, zeigt sich Schwabe beeindruckt. „Als eine der letzten Zeitzeugen dieser furchtbaren Zeit sind ihre Berichte heute aktueller denn je.“

Mindestens einmal im Jahr besucht Schwabe Lotte Nimser in Eschweiler. Denn auch, wenn sie mittlerweile bei ihrer Tochter im Rheinland leben, ist sie weiterhin Mitglied im SPD Ortsverein Obercastrop Ost, wo sie vor 76 Jahren in die Partei eintrag. Klar, dass auch der OV-Vorsitzende Udo Behrenspöhler persönlich zum Gratulieren nach Eschweiler kam.

Nur auf eines musste Lotte Nimser nach dem ganzen Trubel vorerst verzichtene: Die geplante Fahrt im Beiwagen eines Motorrads durch Eschweiler musste sie erstmal verschieben.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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