Die Liebe, die Arbeit oder auch die Lust woanders zu wohnen, bedeuten zugleich den Verzicht auf eine Großfamilie. Früher lebten meist zwei oder drei Generationen unter einem Dach. Der eine war für den anderen da. Heutzutage verlassen die Kinder das elterliche Haus und bauen sich selbst etwas auf. Irgendwann stehen sie dann vor der Frage, was mit den immer älter werdenden Eltern geschehen soll.
Mut
Hans-Jochen Vogel, ehemaliger SPD-Chef und seine Frau Liselotte sorgten im Jahr 2006 für Aufsehen, als sie in ein Altersstift zogen, obwohl sie noch rege im gesellschaftlichen Leben standen. Die Wahl haben sie sich nicht leicht gemacht, bisher aber nicht bereut. Bei Liselotte Vogel wuchs das Bedürfnis, ein Buch über diese wichtige Entscheidung ihres Lebens zu schreiben. Grundlage war die Erkenntnis, dass es für viele ältere Menschen nicht leicht ist, über das Älterwerden und die damit einhergehenden Probleme zu sprechen. Viele Familien seien nicht in der Lage, offen damit umzugehen. "Da ist die Angst, zu verletzen oder missverstanden zu werden. Dass die Eltern meinen könnten, man will sie abschieben. Genauso gut kann ein Elternteil auch fürchten, offen auszusprechen, dass es nicht gern bei einem der Kinder wohnen möchte."
Selbstbestimmung
Liselotte Vogels Intention ist es, den älteren Leuten klar zu machen, dass sie selbst bestimmen können, wie ihr letzter Lebensabschnitt aussieht und dass es kein Makel ist, in einem Altenheim, Alterstift oder betreutem Wohnen zu leben. "Für uns war dieses "Selbstbestimmen" ganz ausschlaggebend, schreibt sie. Dies einem anderen aufzubürden, seien es nun fremde Leute oder die eigenen Kinder, "betrachte ich persönlich schlichtweg als Zumutung. Außerdem war es wichtig, das Wie und Wann und Wo selbst zu gestalten."
Tabus
Liselotte Vogel hat ein sehr wichtiges Buch über die Gefühle unserer leider viel zu oft verdrängten älteren Generation geschrieben. Es ist ein mutiges Werk, das Missverständnisse beseitigt und einen modernen Umgang mit dem Alter widerspiegelt. Auch Tabuthemen, wie Tod und Verlust von engen Angehörigen werden nicht ausgelassen. Doch die Botschaft ist eine positive. Es sei unumgänglich, sich mit dem Leben im Alter zu befassen und es gebe viele Möglichkeiten, auch dann ein respektvolles und aktives Leben zu führen, meint Liselotte Vogel. So könnten Rentner sich beispielsweise ehrenamtlich engagieren - und dies nicht nur um anderen zu helfen, sondern um selbst nicht einsam zu werden.
Die Autorin belässt es nicht dabei, eigene Erfahrungen und Ängste zu schildern. Im letzten Teil des Buches informiert sie Interessierte anhand einzelner Beispiele über Möglichkeiten der Unterbringung bis hin zu konkreten Kostenaufstellungen.
Liselotte Vogel und Beate Rygiert: "Ich lebe weiter selbstbestimmt! Für einen mutigen Umgang mit dem eigenen Alter" Fackelträger Verlag 2009 191 S. 17,95 Euro ISBN: 978-3-77164415-4